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SPD-Kreis Rhein-Erft fordert Grundeinkommen

Der unmittelbar an Köln grenzende SPD-Kreis Rhein-Erft hat am 6.11.2010 auf einem Mitglieder-Parteitag sein Modell für ein „Solidarisches Grundeinkommen“ nach harter Diskussion mit großer Mehrheit (84%) beschlossen. Dieser Beschluss [1] ist die Basis für eine intensivierte Arbeit innerhalb der SPD und der Gewerkschaften für ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Kernelemente

Dieses Konzept wurde im Auftrag des Kreisvorstands von einer Kommission ausgearbeitet, an der auch die Kölner Initiative Grundeinkommen beteiligt war. Eine Beschreibung des Konzepts findet sich nicht nur in dem Beschluss, sondern auch in einer Kurzfassung [2], die sich als Grundlage für die Diskussion eignet. Ein Vergleich des Konzepts mit anderen Grundeinkommensmodellen ist hier [3] (Kapitel 7.5.) nachzulesen.

Offener Umgang mit Einwänden

Bemerkenswert ist die Intensität und die Offenheit der Diskussion innerhalb der Partei. Es ist klar, dass die Idee des Grundeinkommens manchen traditionellen Vorstellungen der Sozialdemokratie auf den ersten Blick nicht zu entsprechen scheint. So wird von großen Teilen der SPD und der Gewerkschaften gefordert, Vollbeschäftigung wieder herzustellen, um die Schieflage des Systems der sozialen Sicherung zu beheben. Ein Grundeinkommen sei dann nicht mehr wichtig. Die Rhein-Erft-SPD argumentiert gerade umgekehrt: Das Solidarische Grundeinkommen kann dazu beitragen, Vollbeschäftigung zu erreichen. Auch die Frage der Arbeit als Wert an sich wird in der traditionellen Arbeitsgesellschaft bisher noch anders beurteilt als von Grundeinkommensbefürwortern. Um diese Auffassungsunterschiede wurde in der Rhein-Erft-SPD kein Bogen gemacht, sie wurden ausdiskutiert. Am Ende waren noch nicht alle Mitglieder überzeugt, aber eine satte Mehrheit.

Zu dem klaren Auftrag für ein Solidarisches Grundeinkommen hat auch beigetragen, dass dem Parteitag eine Dokumentation über die Diskussion in den Ortsvereinen [4] vorgelegt wurde. Einige der häufigsten kritischen Einwände werden hier knapp dargestellt und entkräftet. Dabei wird auch nicht verschwiegen, dass an manchen Stellen – insbesondere bei den Modellrechnungen zur Finanzierung – noch gearbeitet werden muss.

Diese Dokumentation zu kritischen Einwänden ergänzt die frühere Stellungnahme des Rhein-Erft-Kreises der SPD gegen das Pamphlet der SPD-Grundwertekommission, in dem versucht wird, die Idee des Grundeinkommens zu widerlegen und zu diskreditieren (wir berichteten [5]). Auf ihrer Homepage bietet die SPD dieses Papier ihrer eigenen Grundwertekommission nicht mehr an. Das Netzwerk Grundeinkommen hat es archiviert [6], weil die dort vorgetragenen Argumente für die politische Debatte typisch sind. Das Netzwerk ist in seinen „Fragen und Antworten [7]“ gründlich darauf eingegangen.

Die Kölner Presse hat über den Parteitag und die Grundeinkommensdiskussion ausführlich berichtet: Kölnische Rundschau [8] und Kölner Stadt-Anzeiger [9]

Wie geht es nun weiter?

Die Grundeinkommens-Kommission der Rhein-Erft-SPD plant, ihre Arbeit fortzusetzen und die Berechnungen weiter zu präzisieren. Der Kreisvorstand kann sich nun auf das eindeutige Votum seiner Mitgliedschaft stützen, wenn er das Konzept des Solidarischen Grundeinkommens in der SPD verbreitet und sich Bündnispartner sucht. Die veraltete und widerlegte Stellungnahme der SPD-Grundwertekommission gegen das Grundeinkommen ist nicht mehr die einzige Stimme der SPD zu diesem Thema.

Jetzt kommt es darauf an, mit konkreten Maßnahmen schrittweise den Zielen des Solidarischen Grundeinkommens näher zu kommen. Dabei gibt es offensichtlich auch politische Bündnispartner.

Mit ersten Schritten kann man sofort beginnen:

2 Comments (Open | Close)

2 Comments To "SPD-Kreis Rhein-Erft fordert Grundeinkommen"

#1 Comment By Günter Schwarz On 13.11.10 @ 12:30

Der SPD-Kreis Rhein-Erft muss jetzt den nächsten Schritt gehen und im Landesverband NRW eine Mehrheit für das bGE finden.

Sehr gut finde ich die Konzentration auf die einzelnen Schritte, auch von mir immer wieder gefordert. Wesentlich ist doch, dass es keine Sanktionen unter das Existenzminimum geben darf. Bei Kindern und alten Menschen entfällt das Argument der Arbeit.

Da sind auch die partiellen Grundeinkommenskonzepte von Althaus und den Grünen gute Einstiegswege in ein allgemeines bGE. Denn wenn sich diese positiv darstellen würden nach einer Einführung, würden viele Skeptiker widerlegt werden. Man darf gespannt sein, wie die SPD damit weiter umgeht, in dieser Partei ist der Gedanke für ein bGE noch in weiter Ferne.

Gruß
Günter Schwarz

#2 Comment By Gret Thierhoff On 27.02.11 @ 13:50

Es freut mich sehr, dass endlich über das Grundeinkommen intensiv diskutiert wird. Ich habe das schon vor 30 Jahren mit meinem damals 14-jährigen Sohn getan. Unser Ansatz war die Roboterisierung der Industrie. Man könnte das Grundeinkommen über eine Maschinensteuer finanzieren. Für jede Maschine, die menschliche Arbeitskraft einspart, muss entsprechend Steuer bezahlt werden!