Newsletter Nr.1, Januar 2010

Redaktion Newsletter 11.01.2010 Druckversion

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

im vergangenen Jahr wurde ein neuer Meilenstein auf dem Weg zum Grundeinkommen erreicht: zum ersten Mal spielte das Thema eine Rolle im Bundestagswahlkampf, setzten sich zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten öffentlich für die Einführung des Grundeinkommens ein. Gemeinsam mit Ihnen werden wir dafür sorgen, dass das Grundeinkommen bei der nächsten Bundes­tagswahl ein wichtiges und bei der übernächsten ein wahlentscheidendes Thema sein wird.

Während die Bekanntheit der Grundeinkommensidee und die Zustimmung dazu im Lande wächst, gerät das „Konkurrenzmodell“ Hartz IV zunehmend unter Druck, da es selbst nach den Maßstäben seiner BefürworterInnen seinen eigentlichen Daseinszweck verfehlt: es beseitigt nicht die Armut und es bietet keinen Anreiz für Zuverdienst. Hartz IV kann die Probleme der seit nunmehr einer Generation andauernden Massenarbeitslosigkeit nicht lösen; dafür war es auch nie gedacht. Sanktionspraxis und Manipulation der Regelsätze sind logische Folgen des Festhaltens an diesem untauglichen System, gegen die sich im vergangenen Jahr BürgerInnen durch Petitionen und Beschwerden eindrucksvoll zur Wehr setzten. In Kürze wird das Bundesverfassungsgericht zu den Regelsätzen ein Machtwort sprechen, auf das wir gespannt sein dürfen.

Auch international ist die Grundeinkommensidee weiter auf dem Vormarsch. In der Mongolei hat die Regierung einen Fonds ähnlich dem Alaska Permanent Fund gegründet, aus dem künftig alle BürgerInnen ein Grundeinkommen erhalten sollen. In Brasilien soll in diesem Jahr die bisher schon an 44 Millionen arme BrasilianerInnen ausgezahlte Bolsa Familia als Renda Básica de Cidadania auf alle BürgerInnen ausgedehnt werden und wäre dann zumindest ein partielles Grundeinkommen. In Namibia hat sich die Regierung bisher geweigert, die positiven Resultate des 2-jährigen Grundeinkommen-Pilotprojekts in Otjivero – Omitara zum Anlass zu nehmen, das Grundeinkommen für ganz Namibia einzuführen. Daher wird das Projekt bis auf Weiteres spendenfinanziert weitergeführt.

Ja, und auch bei uns in Deutschland wird es ab Mitte des Jahres zwei Feldversuche zum Grundeinkommen geben. Sorgen wir dafür, dass 2010 nicht als Zieljahr der berüchtigten Agenda 2010 sondern als Aufbruch in die Grundeinkommensgesellschaft in Erinnerung bleibt.

Reimund Acker

Veranstaltungen, Aktionen, Debatten

Die Anzahl der Unterstützerunterschriften zur Petition „Ersatzlose Streichung des Sanktionsparagrafen 31 SGB II (Hartz IV)“ nähert sich der 10.000. Ziel ist es, eine öffentliche Anhörung im Deutschen Bundestag zu erreichen. Dazu werden aber noch viermal 10.000 Unterschriften benötigt. Die Unterstützer­listen sowie hilfreiche Begründungen und Materialien zur Petition, die sich auch zur Argumentation für ein Grundeinkommen gut verwenden lassen, finden sich unter www.sanktionen-weg.de .

Vom Netzwerk Grundeinkommen unterstützt reist Herbert Jauch, Gründungs­mitglied der Lehrergewerkschaft NANTU, langjähriges Mitglied mehrerer Gewerkschaftsgremien in Namibia, Gründungsdirektor des Gewerkschafts­forschungsinstituts LARRI (Namibia’s Labour Resource and Research Institute) und Mitglied der BIG-Coalition in Namibia, durch Österreich, Deutschland und die Schweiz. Stationen in Deutschland sind: 23.03. Dresden, 24.03. Berlin (Bundestag), 25.3. Bonn, 26.03. Gießen, 27.03. Frankfurt/M. und 29.3. Stuttgart. Ort und Zeit der Veranstaltungen werden auf der Website des Netzwerks zu finden sein.

Eine rege Debatte auf der Website des Netzwerkes lösten kurz vor Weih­nachten Günther Sölken und Robert Bleilebens durch kontroverse Stellung­nahmen zum Recht, Nein zur Arbeit zu sagen, aus.

Lesetipps

Manfred Füllsacks im Mai bei UTB erschienenes Buch Arbeit erkundet das Phänomen „Arbeit“ im Hinblick auf seine historischen, sozialwissenschaftlichen, ökonomischen und philosophischen Aspekte.

Ebenfalls im Mai erschien ein bemerkenswertes ZEIT-Dossier zur Frage „Warum brauchen wir Wirtschaftswachstum?“ unter dem Titel Wir könnten auch anders .

Unter dem Titel Grundeinkommen und Werteanalyse haben Michael Opielka, Matthias Müller, Tim Bendixen und Jesco Kreft im Juli eine empirische Analyse vorgelegt, die sich vor allem an SoziologInnen, Politik- und Kulturwissen­schaft­lerInnen wendet.

Erich Fromm sprach sich bereits in den 1950er Jahren für das Grund­einkommen aus. Über seine diesbezüglichen Vorschlage und sein Verständnis von Arbeit wurde im Dezember ein lesenswerter Tagungsbeitrag veröffentlicht.

Am 18.01. erscheint unter dem Titel Freiheit, Gleichheit, Grundeinkommen: Von der Arbeits- zur Kulturgesellschaft ein Buch von Götz Werner & Adrienne Göhler.

Netzwerk intern

Am 12.12.2009 fand die Mitgliederversammlung (MV) des Netzwerks Grund­einkommen in Berlin statt. Am Tag darauf traf sich der Netzwerkrat (NWR) zu seiner vierten Tagung im Jahr 2009. Das Protokoll und ein Bericht zur MV sowie das Protokoll der NWR-Sitzung wurden inzwischen auf der Website des Netzwerks veröffentlicht.

Die Zahl der Mitglieder des Netzwerks hat im vergangenen Jahr um erfreuliche 30,6 Prozent auf 2.550 zugenommen.

Der Termin der nächsten Mitgliederversammlung ist der 30./31.10.2010.

Termine der NWR-Tagungen:
06./07.03.2010 Köln/Bonn
19./20.06.2010 Dresden
11./12.09.2010 Berlin
30./31.10.2010 (Ort wird noch bekannt gegeben)

Ausblick

Das Jahr 2010 hat als Zieljahr der Agenda 2010 zu ihrem Namen verholfen. Daher gilt es heuer Bilanz zu ziehen, Rechenschaft abzulegen: Was hat diese „Reform“ wem gebracht, was hat sie aus diesem Land und seinen Menschen gemacht? Wir haben dazu eine Umfrage unter bekannten Politikern und Experten gestartet, deren Ergebnis wir Anfang Februar veröffentlichen. Stay tuned!

Vom 12. bis 16. Mai findet in München der 2. Ökumenische Kirchentag statt, zu dem mehr als 100.000 BesucherInnen erwartet werden. Wir werden versuchen, dort das Thema Grundeinkommen angemessen einzubringen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: neben der KAB werden dort die BGE-Netzwerkgruppe München und die Initiative Grundeinkommen Amperland mit einem Stand vertreten sein. Zur Koordination und Vorbereitung wurde eine ÖKT-Arbeitsgruppe eingerichtet.

Vom 30. Juni bis 2. Juli findet in São Paulo der 13. Kongress des weltweiten Grundeinkommensnetzwerks BIEN statt. Als offizielles Mitglied von BIEN wird auch das deutsche Netzwerk dort vertreten sein (siehe Spendenaufruf weiter unten).

Die 3. Internationale Woche des Grundeinkommens findet vom 20. bis 26. September statt. Wir hoffen weitere Länder zur Teilnahme gewinnen zu können. Die beliebte Website dazu wird rechtzeitig aktualisiert.

Die EU hat 2010 zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgerufen. Nutzen wir dies als unterstützenden Rahmen für all unsere diesjährigen Aktivitäten und machen wir daraus ein Signal für den Aufbruch in die Grundeinkommensgesellschaft!

Spendenaufruf

Think global, act local – diese Maxime gilt auch für das Grundeinkommen. Global denken fürs Grundeinkommen setzt zunächst einmal ein Verständnis der Diskurse und Entwicklungen in anderen Ländern voraus. Folgerichtig ist die Vernetzung mit diesen Grundeinkommensdebatten als explizites Ziel in den Statuten des Netzwerks Grundeinkommen festgeschrieben.

Eine einmalige Gelegenheit, diesem Auftrag nachzukommen, bietet dieses Jahr der 13. Internationale Kongress des Basic Income Earth Network (BIEN), dem das deutsche Netzwerk Grundeinkommen als offizielles Mitglied angehört. Unter dem Motto Basic Income as an Instrument for Justice and Peace findet der Kongress vom 30.06. bis 02.07.2010 in São Paulo statt. Der „amtierende“ Wirtschaftsnobelpreisträger, Paul Krugman, und der brasilianische Präsident Lula da Silva konnten als Redner für die Eröffnungsveranstaltung gewonnen werden; mit medialer Resonanz ist also zu rechnen. Für eine Darstellung der Grundeinkommensdebatte in einzelnen Staaten sind bereits RednerInnen aus Afrika, Asien und Südamerika im vorläufigen Programm zu finden. Auch wir wollen auf diesem Kongress vertreten sein!

2009 war ein Jahr, in dem wir hierzulande einen enormen Aufschwung der Grundeinkommensdebatte erlebt haben: Eine Entwicklung, die wir mit unserer Teilnahme am Kongress einem internationalen InteressentInnenkreis zur Kenntnis bringen wollen. Daneben sind wir nach wie vor bestrebt, für die in Europa so erfolgreiche Woche des Grundeinkommens 2010 erstmals auch außer-europäische Teilnehmerländer zu gewinnen. Dorothee Schulte-Basta und Jan Heider, unsere Wunschdelegierten für Sao Paulo, sollen dort für die Teilnahme an diesem Projekt werben, sowie die Möglichkeit einer Ausrichtung des BIEN-Kongresses 2012 in Deutschland durch das Netzwerk Grundeinkommen sondieren. Darüber hinaus wollen sie sich mit wissenschaftlichen Beiträgen aus unterschiedlichen Forschungsdisziplinen am wissenschaftlichen Diskurs beteiligen.

Die Kosten der Konferenzteilnahme (Reise, Unterkunft, Teilnahmebeitrag) betragen 1.600 €. Wir bitten die Mitglieder des Netzwerks und alle weiteren BGE-BefürworterInnen, diese Reise durch ihre Spenden zu ermöglichen.

Bankverbindung:
Verein zur Förderung des bedingungslosen Grundeinkommens e.V.
Konto-Nr.: 402 262 1500;
BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank)
Verwendungszweck: BIEN

(Dieser Newsletter als PDF-Datei)

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