Scharfe Kritik am “Solidarischen Bürgergeld”

Herbert Wilkens 27.04.2009 Druckversion

Auf einer neuen Website „Initiative gerechter Marktwirtschaft“, die sich als Gegenpol zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft versteht, übt Jo Seeberger harsche Kritik an dem Bürgergeldmodell des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus und dem Konzept zum Grundeinkommen von Thomas Straubhaar („Das Bürgergeld – Der Frontalangriff gegen den Sozialstaat“ (PDF, 34 KB).

Die Beispielrechnungen seien zwar auf den ersten Blick attraktiv, die geplante Abschaffung der Arbeitslosen- und Rentenversicherung, sowie der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall führe jedoch insgesamt zu einer beträchtlichen Verschlechterung. Das Steuermodell zur Finanzierung des Solidarischen Bürgergelds bewirke bei hohen Einkommen eine wesentliche Erleichterung, während niedrige bis mittlere Einkommen stärker belastet würden. Vgl. hierzu auch eine Tabelle mit Schaubild von Ronald Blaschke auf dieser Website.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die erwartete Ausweitung des Niedriglohnbereichs. Auch in anderen europäischen Ländern werde die Einführung eines Bürgergeldes nach dem Konzept von Althaus oder Straubhaar zu verstärktem Lohndruck und Sozialabbau führen.

5 Kommentare

Bernhard v. Cz. schrieb am 05.05.2009, 21:16 Uhr

Dann verstehe ich nicht, weshalb \"Pro Bürgergeld\" weiterhin auf der Netzwerkhauptseite verlinkt ist. Denn ein Grundeinkommnen, das unterhalb der Armutsgrenze liegt, widerspricht m.E. unserer Idee der gesellschaftlichen Teilhabe. Natürlich ist es sinnvoll, sich mit der Bürgergeldidee auseinander zu setzen, jedoch würde ich anstelle des Admins einen solchen Entwurf, der vieles beinhaltet, was wir gerade nicht wollen (mehr Druck auf die Menschen, eine Arbeit anzunehmen, Verteilung von unten nach oben, krasse Spaltung der Gesellschaft in die armen 50%- und die reichen 25%-Steuerzahler, usw.), in einer derart augenfälligen Position zumindest kommentieren. Sollte das Netzwerk auch aus vielen Anhängern des Bürgergeldes bestehen, würde ich ihm hiermit eine schwere Persönlichkeitsspaltung attestieren.

alina schrieb am 18.08.2009, 12:23 Uhr

... Alleinerziehende Mütter müssen aber mehr bekommen - damit sie sich auch ohne Druck der Kindererziehung widmen können und genug zum Leben bleibt. Hartz4 ist menschenunwürdig.

Julius Fleischhauer schrieb am 26.08.2009, 23:02 Uhr

In der politischen Diskussion wird tunlichst verschwiegen und ist deshalb weithin unbekannt, dass Adenauers Reform 1957 zur Umlagerente auf dem Modell beruhte, das Wilfried Schreiber vom Bund Katholischer Unternehmer entworfen hatte. Dieses Modell schloss Frühverrentung aus und beinhaltete zur Wahrung von Gleichgewicht und Gerechtigkeit eine nach Familienstand gestaffelte \"Kindheits- und Jugendrente\" als bewusstes sowie notwendiges Element der Bevölkerungspolitik (quasi Kindergeld). Außerdem erlegte es Kinderlosen ab 35 Jahren doppelte Rentenbeiträge auf. Dieses System hätte nachhaltig funktionieren können.

Die Umlagerente wurde durchgesetzt, doch der unpopuläre doppelte Rentenbeitrag Kinderloser mit Blick auf Wahlergebnisse unter den Teppich gekehrt. Die Hälfte der Rente Kinderloser wird seit 50 Jahren von Familien mit Kindern erbracht. Logisches Ergebnis ist das Absinken der Geburtenrate, die heute und noch lange Jahre zu einer Schrumpfung jeder Generation um ein Viertel führt, zum Crash der Sozialsysteme, zu weniger Schülern und allen möglichen negativen Nebeneffekten wie z.B., dass sich wesentlich mehr Erwachsene als die etwa 3 Prozent genetisch Veranlagter in homoerotischen Beziehungen gefallen, - schließlich ist das billiger, als in die \"Armutsfalle Eltern\" zu tapsen. Mehrfache Auflagen des Verfassungsgerichtes zur Entlastung von Familien wurden ignoriert.

Was hat das mit Bürgergeld zu tun? Kann keiner mehr rechnen? Etwa 800 € Bürgergeld mal 80 Mio Bürger mal 12 Monate sind etwa 800 Milliarden. Der Staatshaushalt beträgt, Schuldendienst abgezogen, etwa 250 Mrd. Auch mit Wegfall von Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung wäre eine Finanzierung völlig irreal oder würde den letzten Nettosteuerzahler aus dem Land treiben.

Jeder, der halbwegs klar denken kann, weiß, worum es bei der breiten Diskussion um Bürgergeld und Grundeinkommen geht. Es wird von interessierten Kreisen ein Popanz durchs Dorf getrieben, um von der seit 50 Jahren praktizierten, aber inzwischen nicht mehr haltbaren Ausplünderung von Familien abzulenken, die sich in zunehmender Verwahrlosung von 1,8 Millionen Hartz IV-Kindern zeigt.

Okay, ein doppelter Rentenbeitrag ist mit kinderlosen Parlamentariern nicht zu machen. Dann muss aber endlich die Lücke zur Gerechtigkeit über das volle Kindergeld geschlossen werden. Ein realer Ansatz wäre, nicht Studenten gutbetuchter Eltern ein steuerfinanziertes Grundeinkommen zu verschaffen, sondern da anzufangen, wo es am nötigsten und sinnvollsten ist. Es gibt laut Spiegel 26/2009 im Land 637.000 ALG II-abhängige Alleinstehende mit Kindern. Nach heutigem Stand, statistisch nachgewiesen im Bundesfamilienbericht schon von 1995 und im Berliner Bericht von 2002, müsste ein gerechtes Kindergeld nicht 164, sondern etwa 800 Euro betragen. Die periodische Erhöhung um Kleinbeträge als Wahlpropaganda und Diskussionen um 2 € mehr für Schulspeisung ändern nichts am o.g. Kardinalfehler des Systems. Keine etablierte Partei hat sich bisher zur Korrektur dieses Fehlers aufgerafft, weil angeblich nicht finanzierbar, was in diesem Falle nicht stimmt.

Ein realistischer Vorschlag: Den Eltern von 1,8 Mio Hartz IV-Kindern wird ein Kindergeld wie folgt angeboten:

- für die ersten zwei Kinder je 800 €,

- nur noch für das dritte Kind 400 €,

mit der Maßgabe, nicht mehr bei der Arbeitsagentur geführt zu werden und dass keine weiteren Förderbeträge gezahlt werden. Schrittweise zu beginnen ist mit diesem Zahlungsmodus da, wo ohnehin etwa der gleiche Stützungsbetrag mit Unterhalt, Wohn- und Heizungsgeld sowie anderen bürokratischen Monstern gezahlt wird, also im ersten Schritt kein wesentlicher Finanzmehrbedarf entsteht. Im Gegenzug ist mehr Steueraufkommen zu erwarten, weil ohne kleinliche und aufwendige Gegenrechnung von Hinzuverdiensten diese Personengruppe einen natürlichen Anreiz erhält, einer legalen Arbeit statt Schwarzarbeit nachzugehen. Einer weiteren Verwahrlosung würde nicht nur mit Sonntagsreden gegengesteuert und es müssten Eltern nicht mehr als Bittsteller auftreten, sondern sie bekämen lediglich, was ihnen seit 50 Jahren zugunsten Kinderloser vorenthalten wird.

Anstelle von Scheinprogrammen zur Förderung der Konkunktur hätten wir ohne Mehrbelastung sofort eine halbe Million weniger Sozialfälle und mehr Kinder - eine Chance fürs Leben.

2. Vorschlag:

Der für Familienpolitik zuständige Beamtenapparat des Bundes hat seine Unfähigkeit, Familienpolitik im Sinne des Gemeinwesens zu gestalten, ausreichend bewiesen und wird aufgelöst. Dadurch frei werdende Mittel sind einer zukunftsfähigen Zahlung eines gerechten Kindergeldes zuzuführen.

Eine ausführliche Begründung für meinen Vorschlag enthält mein im Juli im Engelsdorfer Verlag erschienenes Buch \"800 Euro Kindergeld ins Parteiprogramm\".

Mit bester Empfehlung von Julius Fleischhauer

Peter Scharl schrieb am 27.08.2009, 16:39 Uhr

Die Homepage http://www.initiative-gm.de/ ist dubios. Kein Impressum! Keine für den Inhalt \"Verantwortlichen\"! Nur eine Kostprobe aus der Kontakt-Seite: \"Als Besucher dieser Webseite erklären Sie sich ausdrücklich damit einverstanden, dass Sie keine rechtlichen Schritte gegen mich vornehmen oder veranlassen.\" Der als Verantwortlicher im Sinne im Sinne des § 6 des MDStV genannte Jo Seeberger ist offensichtlich nur der webmaster. Wer steckt wirklich hinter dieser HP?

Diese Homepage ist offensichtlich darauf angelegt, das \"Solidarische Bürgergeld\" von Ministerpräsident Althaus zu verunglimpfen! Wer sich da anschliesst und diese Positionen mit vertrittst, macht einen Riesen-Fehler!

Man/frau kann zu den momentanen Bedingungen vom www.solidarisches-buergeld.de des Ministerpräsidenten Althaus stehen wie man/frau will, aber eines muss man einfach als RIESEN-SCHRITT anerkennen und akzeptieren: Es IST BEDINGUNGSLOS!!! ... und das ist das Haupt-Kriterium für ein BGE!!! Wir BGE-Aktivisten sollten auf Althaus zugehen und uns bei der Diskussion die unweigerlich kommt, (siehe http://www.carookee.de/forum/BGE/depot/56759/3777324) konstruktiv beteiliegen!

Alles Andere ist BGE-schädlich! Ciao Peter Scharl von der \"Initiative Grundeinkommen Ulm\"

Lothar Mickel schrieb am 30.08.2009, 15:49 Uhr

Das Netzwerk Grundeinkommen hat zu Recht die vier bekannten Kriterien als Minimum für ein BGE festgesetzt, ohne deren Einhaltung der Begriff einfach nicht gerechtfertigt ist. Das Althaussche Bürgergeld ist davon meilenweit entfernt weil gerade die nachhaltigen und gesellschaftsverändernden Wirkungen eines teilhabefesten BGE mit 600 Euro Bürgergeld (800 minus 200 für Krankenversicherung) nicht eintreten. Weder die Freiheit des Einzelnen noch seine Verhandlungsmacht noch seine Sicherheit werden gestärkt. Nach wie vor besteht der unwürdige Zwang zur Erwerbsarbeit, der den Niedriglohnsektor zur Normalität werden ließe. Die Bedingungslosigkeit bleibt damit auf der Strecke. Der dringend notwendige Paradigmenwechsel hin zu mehr Nachhaltigkeit findet nicht statt. Das deutlich zu niedrige Bürgergeld nach Althaus (weniger als ALG II heute) alimentiert die bestehenden krankhaften Verhältnisse, missbraucht die Idee des Grundeinkommens und ist daher zutiefst kontraproduktiv. Das Netzwerk Grundeinkommen tut gut daran, vehement gegen das ALthaus-Modell zu agieren.

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