Interviewserie zum Grünen Parteitag – Part 12: Antworten von Birgit Zenker

Redaktion 04.12.2007 Druckversion

Birgit Zenker ist Vorsitzende der Katholischen Arbeiterbewegung und Sprecherin des Netzwerks Grundeinkommen.-more->

Ist das Ergebnis eine Enttäuschung oder war es zu erwarten? Glauben Sie, dass die Grundeinkommens-Idee immer noch eine realistische Chance hat, im nächsten Bundestagswahlkampf eine Rolle zu spielen? Wenn ja, in welchem Zusammenhang?

Birgit Zenker: Ich war nie der Meinung, dass das Grundeinkommen, im nächsten Bundestagswahlkampf eine (wahlentscheidende) Rolle spielen wird. Wahlen werden (so abgedroschen das auch klingen mag) in der Mitte der Gesellschaft gewonnen und da ist die Idee des Grundeinkommens längst nicht angekommen. Die gegenwärtige Wachstumseuphorie verdrängt die großen gesellschaftlichen Fragen aus der Mitte der Gesellschaft. Eine wichtige Bedeutung wird dem Grundeinkommen erst zukommen, wenn die gesamtgesellschaftlichen Schäden des ökonomischen Freiheitsdenkens (einschl. eines rein technokratischen Umweltbewusstseins) uns noch schmerzhafter auf die Füße fallen. Ob mit oder ohne Grundeinkommensbeschluss der Grünen, die Debatte wird weitergehen. Positiv ist anzumerken, dass die mediale Berichterstattung zum Kongress sich auf die Grundeinkommens-Debatte zugespitzt hat und somit das Grundeinkommen (zumindest für einen kurzen Moment) wieder Einzug in die Redaktionen gehalten hat.

Welche Bedeutung hat das Abstimmungsergebnis für den sozialpolitischen Kurs der Grünen Partei? Gehört die Kontroverse zwischen Grundeinkommens- und Grundsicherungsbefürwortern jetzt der Vergangenheit an oder geht sie weiter? Stecken die BGE-Befürworter in der Grünen Partei jetzt auf oder formieren sie sich neu?

Birgit Zenker: Sie wird weitergehen. Welche Rolle mit Blick auf die nächsten Wahlen sie spielen wird, hängt wohl davon ab, wie hoch der Leidensdruck als ehemalige Regierungspartein in der Opposition ist.

Welche Bedeutung hat das Ergebnis für die Fortführung der Diskussion zum BGE in anderen Parteien, den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden?

Birgit Zenker: Keine große Bedeutung – wenngleich die Debatte bei den Grünen die Blaupause für einen zukünftigen gesellschaftlichen Richtungsstreit sein könnte. Dennoch: Wer sich jetzt positioniert, kann auf Dauer viel gewinnen oder verlieren….. Entsprechend wird das Thema auf den Vorstandsebenen zunächst ein Tabuthema bleiben, darunter war schon vor dem Bundeskongress der Grünen vieles möglich (immerhin sind 20% der Mitglieder des Netzwerkes Grundeinkommen zugleich auch Gewerkschaftsmitglieder) und wird es danach umso mehr sein.

Welche Auswirkungen hat das Ergebnis auf die außerparlamentarische Diskussion in der GE-Bewegung?

Birgit Zenker: Keine bzw. fast keine, denn das Ergebnis fordert die GE-Bewegung natürlich heraus, die Diskussion bei den Grünen wachzuhalten………

Wie stehen Sie zur Aussage von Michael Opielka, dass es sich die BGE-Befürworter nicht leisten können, ein Konzept wie das von Dieter Althaus als „neoliberal“ aus der Diskussion auszugrenzen? Bitte beachten Sie dabei Opielkas Argument, dass auch das heutige Sozialversicherungsmodell konservativer Provenienz ist und schließlich auf den „Vater der Sozialistengesetze“ zurückgeht.

Birgit Zenker: Ich unterstütze Michael Opielkas Aussage uneingeschränkt. Im Übrigen, mit wem kann man nach der genannten Ausgrenzungsmethode eigentlich noch eine Debatte über verschiedene Ansätze führen? Selbst die grünen Befürworterinnen müssten draußen bleiben ……Klartext: Eine Debatte, in der sich von vorneherein alle einig sind, ist keine Debatte!!! Gleichwohl bekenne ich mich hier ausdrücklich zu den Kriterien des Netzwerks Grundeinkommen, freue mich auf die faire und demokratische Auseinandersetzung mit abweichenden Vorstellungen und hoffe, dass das Netzwerk durch Überzeugungsarbeit seinen Beitrag leisten wird, den neoliberalen mainstrem zu brechen.

Dies war der letzte Beitrag unserer Interviewserie zum Ergebnis des Bundesparteitags 2007 der Grünen.

Ein Kommentar

A.Berndt schrieb am 03.01.2008, 20:09 Uhr

Ich möchte mich diesen Beitrag von Frau Zenker anschließen.

Ich bin in letzter Zeit durch Zufall auf das Buch von Götz Werner aufmerksam geworden und fange jetzt an, mich damit auseinander zu setzen. Damit sind mir auch erst Aussagen von Dieter Althaus wieder eingefallen, der sich damit auf parteipolitischer Bühne bschäftigt. Bei einem übergroßen Teil der Bevölkerung wird das bGE noch kein Thema sein.

Daraus folgend, sollten alle Ideen und Personen in die Diskussion integriert werden um Befürworter auf allen Ebenen der Bevölkerung zu haben.

Viele Grüße

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