Grundeinkommen – Eine Hoffnung für die Politik nicht nur in Großbritannien

Herbert Wilkens 05.04.2013 Druckversion

In Großbritannien verzweifeln viele an den aktuellen Reformen des Systems der sozialen Sicherung (siehe z.B. „Süddeutsche Zeitung“, „The Guardian“ oder – extrem zurückhaltend – „Frankfurter Allgemeine Zeitung“). George Monbiot, ein bedeutender investigativer Journalist und Kommentator im „Guardian“, drückt es so aus: „Was wir hier erleben ist brutaler Wirtschaftskrieg der Reichen gegen die Armen“ (Kommentar „Communism, welfare state – what’s the next big idea?“).

Er fragt, wie es dazu kommt, dass die Mehrheit der Bürger das schweigend hinnimmt, und überlegt, was dagegen getan werden kann. Sein Schluss: Die Menschen können ihre Resignation nur überwinden, wenn eine starke Hoffnung sie antreibt. Konkrete Wege zum Besseren müssen sichtbar sein. Für die britische Situation sieht er zwei Kernideen einer solchen Hoffnung: eine scharfe, dem Marktwert entsprechende Grundsteuer und ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Die Grundeinkommensidee erläutert und begründet er mit wenigen Sätzen:

    „Das Grundeinkommen gibt jedem Menschen, gleich ob arm oder reich, ohne Bedürftigkeitsprüfung oder Bedingungen, einen garantierten Geldbetrag, jede Woche. Das Grundeinkommen würde einige, aber nicht alle Sozialleistungen ersetzen. Beispielsweise gäbe es Sonderzahlungen für Rentner und Menschen mit Behinderung. Es vertreibt die Unsicherheit und die Existenzangst, die jetzt die ärmere Hälfte der Bevölkerung lähmt. Ökonomisches Überleben wird von einem Privileg zu einem Rechtsanspruch.

    Das Grundeinkommen hebt das Stigma auf, welches jetzt mit dem Empfang von Sozialleistungen verbunden ist. Dabei befreit es gleichzeitig aus dem, was die Politiker die Sozialhilfe-Falle nennen. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit beeinträchtigt den Anspruch auf das Grundeinkommen nicht. Niemand wird abgeschreckt, einen Job anzunehmen, weil alles verdiente Geld Extraeinkommen ist.

    Die Armen werden nicht aus Verzweiflung in die Gewalt skrupelloser Unternehmer gezwungen: Die Menschen werden erwerbstätig, wenn die Arbeitsbedingungen in Ordnung und die Bezahlung fair sind, aber sie werden sich weigern, wie Maulesel behandelt zu werden. Das Grundeinkommen überwindet die krasse Unausgewogenheit in der Verhandlungsmacht, die das jetzige System verschärft.

    Das Grundeinkommen könnte mehr als jede andere Maßnahme dazu beitragen, die Mentalität des Obrigkeitsdenkens zu überwinden. Es würde durch progressive Steuern finanziert und würde sich gut mit dem Vorschlag für eine ernst zu nehmende Grundsteuer verzahnen.

    Diese Ideen erfordern Mut: den Mut, sich mit Regierung und Opposition auseinanderzusetzen, mit den extrem Reichen, den Medien und mit einem argwöhnischen, misstrauischen Wahlvolk. Aber ohne solche fundamentalen Forderungen ist die Politik tot. Sie können den Funken zünden, der in unserer Zeit des Strebens nach Ausgewogenheit und der Furchtsamkeit so selten gezündet wird – den Funken der Hoffnung.“

    (Übersetzung HW)

Die soziale Kälte, mit der die Reformen umgesetzt werden, kam jüngst in einem Interview mit dem britischen Arbeitsminister Ian Duncan Smith zum Ausdruck: Er behauptete, er könne notfalls mit dem Geld auskommen, das einem ebenfalls interviewten Markthändler zum Leben übrig bleiben soll: umgerechnet 63 Euro pro Woche (siehe Süddeutsche Zeitung). Darauf wollen ihn nun Hunderttausende wütende Bürger festlegen – er soll das ein Jahr lang durchhalten. Sie haben eine Petition in Gang gesetzt, die man online mitzeichnen kann.

Ein Kommentar

Karin Nebauer schrieb am 06.04.2013, 10:04 Uhr

Behauptungen wie die von Duncan Smith und selbst ein tatsächlicher Versuch sind unlaubwürdig. Duncan Smith hat natürlich reichlich Ressourcen, auf die er zurückgreifen kann, wenn er vorgeblich mit 63,- Euro die Woche auskommt. Man müsste ihm alles wegnehmen, alle Vorräte an Lebensmitteln, Drogerieartikeln usw. Gute Kleidung hat er ja auch zur Genüge, und mehrere Paar Schuhe, sodass er kein Paar zum Flickschuster bringen muss...

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