Wie schon in meinem Kommentar zum Beitrag von Ronald Blaschke erwähnt, halte ich es für unangebracht, das Grundeinkommen in irgendein politisches Lager zu stecken.
Richtig ist, daß das Grundeinkommen eine humanistische Tradition hat - aber es ist vermessen zu behaupten, daß sie aus einer sozialistischen Tradition hervorgegangen sei. Wenn dem so wäre, müßten doch in den \"sozialistischen Ländern\" (DDR/UdSSR/Korea/China) Ansätze für ein Grundeinkommen vorhanden (gewesen) sein - dem war und ist nicht so; vielmehr galt und gilt Vollbeschäftigung zur Erreichung der Planziele als ein wichtiges Gut.
Ohne Definition des Begriffs \"neoliberal\" ist das ein \"populistischer Kampfbegriff\", der ursprünglich die soziale Marktwirtschaft hervorbrachte.
Jüngst wurde auf Spiegel-Online folgendes herausgestellt:
\"In den dreißiger Jahren fand eine Gruppe von Denkern zusammen, die im Zeitalter totalitärer Ideologien von Nationalsozialismus bis Kommunismus freiheitliche Ideen wiederbeleben wollte. Auf den klassischen Liberalismus mit seiner Gleichgültigkeit gegenüber der sozialen Frage und seinem einseitigen Faible für den wirtschaftlichen laissez faire mochten sie nicht zurückgreifen. Im freien Spiel der Marktkräfte siege stets nur der Stärkere, fürchteten sie. Deshalb dürfe wirtschaftlicher Wettbewerb nicht regellos wüten, wie es den Manchester-Liberalen am liebsten war. Das führe nur zu Monopolen und Kartellen, kurzum zur Ausbeutung des einzelnen Konsumenten.
Der Wettbewerb brauche deshalb einen Schiedsrichter, damit sich die Mächtigen nicht auf Kosten der Schwachen bereichern könnten. Diese Rolle sollte nach Ansicht der Neoliberalen ein starker Staat übernehmen. Sozial sei die vom Staat beschützte Markwirtschaft, weil jeder einzelne von den Früchten des Wettbewerbs profitieren könnte, als da sind: niedrige Preise, höherer Produktivitätsfortschritt, als Folge davon mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen.\"
Einer der \"Neoliberalen\", der diese Gedanken in die Tat umsetzte, hieß Ludwig Erhard...
Im Übrigen ist die \"neue soziale Idee\" ca. 500 Jahre alt, die aus verschiedenen (sozialistischen und liberalen) Richtungen immer wieder bedacht wurde.
Das Problem dieser Idee ist nicht die Umsetzung, sondern deren Folge: Wie sind die \"von Arbeit befreiten Menschen\" weiterhin politisch beherrschbar?
Czeslaw Kowalczyk schrieb am 11.02.2008, 22:37 Uhr
Das Konzept von Dieter Althaus ist hart, weil der Realität am nächsten.
Wir sollten deshalb mit der Umsetzung anfangen und es event. dann später ausbauen. Falls die aktuellen Umstände dies auch erlauben.
Übertriebene Forderungen machen das Ganze bloß unglaubwürdig und utopisch.
Übrigens - ich bin KEIN CSU Mitglied :)
Andreas Gurk schrieb am 14.02.2008, 11:38 Uhr
Eine \"neue\" Idee zu kreieren, d.h. als Vordenker aufzutreten ist besonders schwer, da der Vordenker mit seinen Gedanken zunächst alleine dasteht und jede neue Gedankenverknüpfung gegenüber dem Status quo als Trick der Manipulaton gesehen wird. Sozusagen neue Bevölkerungsschichten durch die Hintertür für eigene Zwecke zu benutzen. Jedenfalls ist das Mißtrauen in unserer heutigen Gesellschaft sehr groß.
Es bedarf für jeden einzelnen eine besondere Anstrengung sich von alten Vorstellungsbildern zu befreien und sich ausschließlich einer neuen Idee zuzuwenden.
Erst wenn viele Menschen verstehen und es verinnerlichen, dass Arbeit und Einkommen in einer modernen Ökonomie nicht zusammen gehören, sondern getrennt gesehen werden müssen, da gesellschaftlicher Fortschritt in Form von Rationalisierung, Automatisierung und Merthodik gesamtgesellschaftliche Errungenschaften sind.
Die daraus resultierende Freisetzung von Arbeit darf nicht gleichbedeutend von Nichteinkommen sein. Einkommen zu haben ist Bürgerrecht und muß die bedingungslose gesellschaftloiche Teilhabe gewährleisten.
Diese Erkenntnis ermöglicht neue Tätigkeiten und Aufgaben zu erschließen, die nicht mehr von der Produktionswirtschaft abhängig sind. Der Mensch wird frei sich anderen so wichtigen Betätigungen hinzuwenden.
Martin Neuber schrieb am 17.02.2008, 20:16 Uhr
Die politische Vereinnahmung bzw. Ideologisierung des BGE ist nicht zu vermeiden. Schließlich muss das irgendwann wahlkampftauglich werden um es dann auf demokratischen Wege umzusetzen. (Wir können das BGE ja nun nicht herbei knüppeln!)
Man kann das blöd finden, aber es passiert halt eben.
Lothar Mickel schrieb am 19.02.2008, 11:36 Uhr
Das Althaus-Modell ist nicht armutsfest und kann allein deshalb NICHT als BGE wirken. Erst die Möglichkeit des Einzelnen \"Nein\" sagen zu können, ermöglicht den unabdingbaren Systemwechsel hin zur würdevollen Selbstentfaltung.
Daniel Röttger schrieb am 08.04.2008, 14:57 Uhr
Die momentan geltende Sozial-Rechtslage führt systematisch zur Verarmung großer Teile der Bevölkerung, weil der Grundsatz eines individuellen Grundfreibetrages für das Sozialversicherungssystem nicht angewendet wird.
Der erste (und wahrscheinlich einklagbare) Schritt zum Bedingungslosen Grundeinkommen ist meiner Meinung nach, dass der Staat seinen Bürgern wenigstens ihr Existenzminimum un-angetastet lässt - wie es das Verfassungsgericht in seinem Urteil 1992 als Grundsatz formuliert hat.
Sascha Thein schrieb am 15.10.2016, 21:49 Uhr
\"Neoliberal ist nur ein kampfbegriff\" ist SELBST der eigentliche Kampfbegriff.
Denn JA, Neoliberalismus war in den 30\'ern etwas anderes. ABER NEIN, eine der Unterströmungen, der Ordoliberalismus, führte zur sozialen Marktwirtschaft.
Der HEUTIGE Neoliberalismus ist eine Neu-/und Weiterentwicklung. ABER ganz sicher KEIN Kampfbegriff, ein solcher wäre inhaltlich diffus. Denn der heutige Neoliberalismus ist seit Jahren in der Wissenschaft eine anerkannte Ideologie, in der, ganz kurz gesagt, immer die Ökonomie und das Ökonomische VOR nahezu allem anderen steht: Von den Anfängen bei Reagan und Thatcher bis zur Politik Merkels steht \"ökonomisches Denken\" und die Wirtschaft an erster Stelle - im Sozialstaat wie in der Politik, wo um Zuschüsse für die Teilhabe von Kindern an Kultur und Bildung monatelang gerungen wird, jeder Euro diskutiert wird - Aber wenn Banken (so plakativ sozialistisch diese Sätze bis 2008 noch klangen) selbstverschuldet Pleite gehen wird nicht das Kapital der Bank- und somit Einlagen der \"Reichen\"- hinzugezogen (wie bei jeder Unternehmenspleite), nein, die Reichen dürfen sich verzocken und verlieren ihren Anteil der ruinierten Bank nicht. Wie übrigens auch in Griechenland. Das Ende vom Lied, wortwörtlich über Nacht werden Milliarden frei, und außer den Verlusten am außereuropäischen Kapitalmarkt werden diese (bis 2008 noch \"kommunistisch\") Verluste sozialisiert. Relevant natürlich nur für die Zocker von oben.
Das ist heute anerkannt\"neoliberal\", und BITTE KEIN Kampfbegriff, denn er steht für ein festes inhaltliches Politikprogramm. Wer \"neoliberal\" als linken kampfbegriff abwertet, ist selber Nutzer einer Kampfbegriff-Floskel, und sehr nah an dieser Denke...
7 Kommentare
Wie schon in meinem Kommentar zum Beitrag von Ronald Blaschke erwähnt, halte ich es für unangebracht, das Grundeinkommen in irgendein politisches Lager zu stecken.
Richtig ist, daß das Grundeinkommen eine humanistische Tradition hat - aber es ist vermessen zu behaupten, daß sie aus einer sozialistischen Tradition hervorgegangen sei. Wenn dem so wäre, müßten doch in den \"sozialistischen Ländern\" (DDR/UdSSR/Korea/China) Ansätze für ein Grundeinkommen vorhanden (gewesen) sein - dem war und ist nicht so; vielmehr galt und gilt Vollbeschäftigung zur Erreichung der Planziele als ein wichtiges Gut.
Ohne Definition des Begriffs \"neoliberal\" ist das ein \"populistischer Kampfbegriff\", der ursprünglich die soziale Marktwirtschaft hervorbrachte.
Jüngst wurde auf Spiegel-Online folgendes herausgestellt:
\"In den dreißiger Jahren fand eine Gruppe von Denkern zusammen, die im Zeitalter totalitärer Ideologien von Nationalsozialismus bis Kommunismus freiheitliche Ideen wiederbeleben wollte. Auf den klassischen Liberalismus mit seiner Gleichgültigkeit gegenüber der sozialen Frage und seinem einseitigen Faible für den wirtschaftlichen laissez faire mochten sie nicht zurückgreifen. Im freien Spiel der Marktkräfte siege stets nur der Stärkere, fürchteten sie. Deshalb dürfe wirtschaftlicher Wettbewerb nicht regellos wüten, wie es den Manchester-Liberalen am liebsten war. Das führe nur zu Monopolen und Kartellen, kurzum zur Ausbeutung des einzelnen Konsumenten.
Der Wettbewerb brauche deshalb einen Schiedsrichter, damit sich die Mächtigen nicht auf Kosten der Schwachen bereichern könnten. Diese Rolle sollte nach Ansicht der Neoliberalen ein starker Staat übernehmen. Sozial sei die vom Staat beschützte Markwirtschaft, weil jeder einzelne von den Früchten des Wettbewerbs profitieren könnte, als da sind: niedrige Preise, höherer Produktivitätsfortschritt, als Folge davon mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen.\"
Einer der \"Neoliberalen\", der diese Gedanken in die Tat umsetzte, hieß Ludwig Erhard...
Im Übrigen ist die \"neue soziale Idee\" ca. 500 Jahre alt, die aus verschiedenen (sozialistischen und liberalen) Richtungen immer wieder bedacht wurde.
Das Problem dieser Idee ist nicht die Umsetzung, sondern deren Folge: Wie sind die \"von Arbeit befreiten Menschen\" weiterhin politisch beherrschbar?
Das Konzept von Dieter Althaus ist hart, weil der Realität am nächsten.
Wir sollten deshalb mit der Umsetzung anfangen und es event. dann später ausbauen. Falls die aktuellen Umstände dies auch erlauben.
Übertriebene Forderungen machen das Ganze bloß unglaubwürdig und utopisch.
Übrigens - ich bin KEIN CSU Mitglied :)
Eine \"neue\" Idee zu kreieren, d.h. als Vordenker aufzutreten ist besonders schwer, da der Vordenker mit seinen Gedanken zunächst alleine dasteht und jede neue Gedankenverknüpfung gegenüber dem Status quo als Trick der Manipulaton gesehen wird. Sozusagen neue Bevölkerungsschichten durch die Hintertür für eigene Zwecke zu benutzen. Jedenfalls ist das Mißtrauen in unserer heutigen Gesellschaft sehr groß.
Es bedarf für jeden einzelnen eine besondere Anstrengung sich von alten Vorstellungsbildern zu befreien und sich ausschließlich einer neuen Idee zuzuwenden.
Erst wenn viele Menschen verstehen und es verinnerlichen, dass Arbeit und Einkommen in einer modernen Ökonomie nicht zusammen gehören, sondern getrennt gesehen werden müssen, da gesellschaftlicher Fortschritt in Form von Rationalisierung, Automatisierung und Merthodik gesamtgesellschaftliche Errungenschaften sind.
Die daraus resultierende Freisetzung von Arbeit darf nicht gleichbedeutend von Nichteinkommen sein. Einkommen zu haben ist Bürgerrecht und muß die bedingungslose gesellschaftloiche Teilhabe gewährleisten.
Diese Erkenntnis ermöglicht neue Tätigkeiten und Aufgaben zu erschließen, die nicht mehr von der Produktionswirtschaft abhängig sind. Der Mensch wird frei sich anderen so wichtigen Betätigungen hinzuwenden.
Die politische Vereinnahmung bzw. Ideologisierung des BGE ist nicht zu vermeiden. Schließlich muss das irgendwann wahlkampftauglich werden um es dann auf demokratischen Wege umzusetzen. (Wir können das BGE ja nun nicht herbei knüppeln!)
Man kann das blöd finden, aber es passiert halt eben.
Das Althaus-Modell ist nicht armutsfest und kann allein deshalb NICHT als BGE wirken. Erst die Möglichkeit des Einzelnen \"Nein\" sagen zu können, ermöglicht den unabdingbaren Systemwechsel hin zur würdevollen Selbstentfaltung.
Die momentan geltende Sozial-Rechtslage führt systematisch zur Verarmung großer Teile der Bevölkerung, weil der Grundsatz eines individuellen Grundfreibetrages für das Sozialversicherungssystem nicht angewendet wird.
Der erste (und wahrscheinlich einklagbare) Schritt zum Bedingungslosen Grundeinkommen ist meiner Meinung nach, dass der Staat seinen Bürgern wenigstens ihr Existenzminimum un-angetastet lässt - wie es das Verfassungsgericht in seinem Urteil 1992 als Grundsatz formuliert hat.
\"Neoliberal ist nur ein kampfbegriff\" ist SELBST der eigentliche Kampfbegriff.
Denn JA, Neoliberalismus war in den 30\'ern etwas anderes. ABER NEIN, eine der Unterströmungen, der Ordoliberalismus, führte zur sozialen Marktwirtschaft.
Der HEUTIGE Neoliberalismus ist eine Neu-/und Weiterentwicklung. ABER ganz sicher KEIN Kampfbegriff, ein solcher wäre inhaltlich diffus. Denn der heutige Neoliberalismus ist seit Jahren in der Wissenschaft eine anerkannte Ideologie, in der, ganz kurz gesagt, immer die Ökonomie und das Ökonomische VOR nahezu allem anderen steht: Von den Anfängen bei Reagan und Thatcher bis zur Politik Merkels steht \"ökonomisches Denken\" und die Wirtschaft an erster Stelle - im Sozialstaat wie in der Politik, wo um Zuschüsse für die Teilhabe von Kindern an Kultur und Bildung monatelang gerungen wird, jeder Euro diskutiert wird - Aber wenn Banken (so plakativ sozialistisch diese Sätze bis 2008 noch klangen) selbstverschuldet Pleite gehen wird nicht das Kapital der Bank- und somit Einlagen der \"Reichen\"- hinzugezogen (wie bei jeder Unternehmenspleite), nein, die Reichen dürfen sich verzocken und verlieren ihren Anteil der ruinierten Bank nicht. Wie übrigens auch in Griechenland. Das Ende vom Lied, wortwörtlich über Nacht werden Milliarden frei, und außer den Verlusten am außereuropäischen Kapitalmarkt werden diese (bis 2008 noch \"kommunistisch\") Verluste sozialisiert. Relevant natürlich nur für die Zocker von oben.
Das ist heute anerkannt\"neoliberal\", und BITTE KEIN Kampfbegriff, denn er steht für ein festes inhaltliches Politikprogramm. Wer \"neoliberal\" als linken kampfbegriff abwertet, ist selber Nutzer einer Kampfbegriff-Floskel, und sehr nah an dieser Denke...