Kein Geld mehr da?

Christoph Schwager 09.06.2010 Druckversion

Seit dem Beginn der Finanzkrise haben wir uns an neue Dimensionen des Geldausgebens gewöhnt. Ob Bankenrettung, Konjunkturprogramme, Griechenlandstütze oder Euro-Rettungspaket – es waren jeweils zig oder gar Hunderte von Milliarden Euro, die innerhalb von sehr kurzer Zeit locker gemacht wurden.

Und jetzt ist plötzlich Sparen angesagt. Kein Geld mehr da. Schuldenbremse. – Staatsmännische Verantwortung eben, damit künftige Generationen „entlastet“ werden, wie es heißt.

Es wird uns suggeriert, dass unser gesellschaftlicher Reichtum ernstlich in Gefahr ist.

Diesmal werden nicht die Armen gegen die Ärmsten ausgespielt (wie bei Hartz IV), sondern Kinder gegen Eltern.

In beiden Fällen, Schulden oder sparen, geht die Umverteilung in die gleiche Richtung weiter: von unten nach oben. Der Unterschied liegt nur darin, wer es bezahlt – unsere Kinder oder wir. Es gibt aber keinen Unterschied bei denen, die das Geld bekommen. Die Zinsen fließen weiter, womöglich sogar mehr als vorher, wenn nämlich die Zinssätze wegen der Krise steigen. Die Privatisierungen nehmen weiter zu. Die Akkumulation von Kapital ist ungebrochen.

Die Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum wird für viele geschmälert und für manche verbreitert.

Nun kommen auch noch die BGE-Befürworter und wollen für 80 Millionen Menschen in Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkommen. Wie passt das zusammen? Wir müssen doch sparen!

Nein, wir müssen weder „sparen“ noch weitere Schulden aufhäufen. Die Alternative „Schuldenmachen oder sparen“ ist eine Scheinalternative. Wir müssen die schädliche Umverteilung umkehren und die geradezu obszöne Ungleichverteilung etwas mildern (siehe Vermögensverteilung, Quelle: Atlas der Globalisierung 2009, bzw. Einkommensverteilung, Quelle: Bundesarbeitsministerium). Denn es ist genug für alle da.

Ein BGE steht außerhalb dieser Scheinalternative. Hinsichtlich der Geldflüsse ist ein BGE ein Nullsummenspiel: Alles Geld, das dafür aufgewendet/erhoben wird, fließt sogleich zu den Menschen zurück. Im Einzelfall haben viele etwas mehr und andere etwas weniger als vorher – in dem Maß, wie die Einkommensumverteilung von oben nach unten wirkt. Dafür müssen keine Schulden aufgenommen werden und nichts Zweckfremdes „eingespart“ (also gestrichen) werden.

Lassen wir uns bloß nicht einreden, es sei kein Geld für ein BGE da!

2 Kommentare

Frank Linnhoff schrieb am 19.06.2010, 07:39 Uhr

Kapital ist im Überfluss vorhanden, es vermehrt sich weiterhin durch ungezügelte Finanzspekulation. Diese Geldströme in Investitionen zu leiten, die dem Leben dienen, sollte die Aufgabe der Politik sein.

Alternativen zu dem herrschenden, lebenszerstörenden neoliberalen System gibt es, z.B. die \"automatisierte universelle Transaktionssteuer\", von dem Wirtschaftswissenschaftler Edgar Felge beschrieben. Siehe http://wulewuu.blogspot.com/2010706/automatische-universelle.html.

Ein anderes Steuersystem, welches nicht die menschliche Arbeit besteuert, in Verbindung mit einem BGE, würde die Basis für die Entfaltung eines weniger angstbestimmten Lebens legen. Hierzu bedarf es keiner Revolution. Der Weg kann in kleinen Schritten erfolgen, wenn wir es denn wollen.

Reinhard Börger schrieb am 25.06.2010, 13:32 Uhr

Ich finde hier die güterwirtschaftliche Betrachtung angemessener als die geldwirtschaftliche. Geld kann erzeugt oder vernichtet werden, ohne dass dies auf die Realwirtschaft einen großen Einfluss haben muss. Finanzielle Probleme lassen sich irgendwie administrativ beheben, zur Not durch eine Währungsreform. Wenn aber nicht genug Anbaufläche für unsere Nahrung zur Verfügung steht, kann man nicht einfach einen Reset-Knopf drücken und in den Zustand vor hundert Jahren zurückkehren. Es nützt auch nichts, jedem den finanziellen Gegenwert für die von ihm benötigte Nahrung in die Hand zu drücken, wenn nicht genug zu Essen für alle da ist.

Verschulden kann man sich außerdem nur bei gegenwärtig lebenden Gläubiger(inne)n. Wir können heute nicht verbrauchen, was erst morgen produziert wird. Insofern ist in Bezug auf die Staatsverschuldung das ganze Gerede von einem Leben auf Kosten zukünftiger Generationen falsch. Richtig ist allerdings, dass die Verschuldung tendenziell die soziale Kluft zwischen Schuldner(inne)n und Gläubiger(inne)n verschärft und deshalb begrenzt werden sollte.

Dass nicht genug Geld da sei, ist, so betrachtet, eine Schutzbehauptung; sie bedeutet doch nur, dass man nichts abgeben will. An realen Gütern ist für alle genug da (und das BGE würde für eine gerechtere Verteilung sorgen). Schwer ausrottbar ist offenbar die Vorstellung, jeder solle/müsse sein erarbeitetes Einkommen zum größten Teil behalten können. Aber auch wer drei Viertel abgeben müsste, könnte vom Rest immer noch besser leben als viele Generationen vor uns und viele Menschen in anderen Teilen der Welt noch heute. Aber wir verlangen doch nach immer mehr Infrastruktur; und es gibt immer mehr alte und pflegebedürftige Menschen, die selbst nichts produzieren. Das kostet eben etwas (bei uns Geld).

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