Guy Standing: Eine gesellschaftliche Transformation ist erforderlich – mit Grundeinkommen
Auf Heise online erschien Anfang November 2015 ein Interview mit Guy Standing zum neuen Prekariat und der Notwendigkeit eines Grundeinkommens als Teil einer gesellschaftlichen Transformation.
Nach Ausführungen zur Soziologie des neuen Prekariats antwortet Standing auch auf Fragen zur Automatisierung der Lohn- bzw. Erwerbsarbeit: „Die Idee, dass Automatisierung Arbeit überflüssig machen würde, ist unsinnig. Aber sie wird die Arbeit verändern und hat zweifellos enorme Zerstörungskräfte. Bei der Zunahme der Einkommensungleichheit spielt sie eine zentrale Rolle, weil sie großen Firmen und Finanzinstitutionen Möglichkeiten erschließt, sich noch mehr Geld anzueignen.“
Guy Standing erwartet, dass in fünf Jahren ein Drittel aller Arbeitsleistungen und -organisation online ablaufen werden. „Das wird die Natur der Arbeit radikal verändern. Wir haben bereits ein globales System, das es großen Firmen erlaubt, Aufträge weltweit übers Internet auszuschreiben und die günstigsten Angebote auszuwählen. Das heißt, Menschen in Hamburg, Manchester, Boston, Goa, Manila und beliebigen anderen Orten bieten gegeneinander und drücken den Preis massiv nach unten. Das verändert den Arbeitsmarkt grundlegend. Mehr und mehr Menschen werden in dieses System hineingezogen werden, während die großen Gewinne an diejenigen gehen, die die Technologie kontrollieren.“
Auf die Frage ob diese Technologisierung der Lohn- bzw. Erwerbsarbeit nicht auch zu mehr Gleichheit führen könnte, antwortet Standing: „Das Potenzial ist groß. Aber wir befinden uns in einer politischen Verteilungskrise. Wenn wir nicht die Ungleichheiten angehen, wird sich die Situation weiter verschlechtern. Daher glaube ich an ein bedingungsloses Grundeinkommen als Teil der Lösung. Ein Grundeinkommen erlaubt es, Unsicherheiten im Arbeitsmarkt zu akzeptieren, weil es außerhalb des Arbeitsmarktes Sicherheit gewährleistet. Die Bedingungen haben sich geändert, teils durch Technologie, teils durch die Ideen des Neoliberalismus, die dieses globale System hervorgebracht haben. Daher spreche ich von einer Transformation, denn die krisenhafte Entwicklung hat sich so weit zugespitzt, dass wir eine Lösung brauchen, die zu einer besseren Gesellschaftsform führt.“
Guy Standing ist Professor für Entwicklungsstudien an der School of Oriental and African Studies (SOAS), University of London, sowie Gründungsmitglied und Ehren-Ko-Präsident des Basic Income Earth Network (BIEN).
Foto: Guy Standing auf dem 14. BIEN-Kongress bei München 2012;
von Stan Jourdan, veröffentlicht unter
3 Kommentare
Sehr sehenswert ist auch die Aufnahme seines Vortrages in Kopenhagen (Englisch):
Guy Standing \"The Precariat: The New Dangerous Class\" at MA Talks - Copenhagen 26th of March 2015
https://www.youtube.com/watch?v=9OraivQ45ME
Hallo liebe Mitbürger,
es ist sehr traurig, dass die derzeitige Wissenschaft total daneben liegt. Da sie die Ursache, fast aller derzeitigen Übel, nicht kennt oder nicht kennen will. Die ganze Menschheit frönt exponentiell wachsenden Geldsystemen, deren Geldvolumen alle ca. 7-10 Jahren sich verdoppeln. Dies hat zur Folge, dass alle Wirtschaften einem automatischen Dauer-Wachstum-Zwang ausgesetzt sind- \"wachsen egal wie.\" Geldsysteme, die in den Himmel wachsen können erzeugen automatisch Krieg, Zerstörung, Betrug, wachsende Armut und vieles mehr. Nichts gelernt aus der Geschichte z.B. von 1150-1450 dreihundert Jahre Hochkonjunktur in Europa. Gerechte Geldsysteme, die genauso sich verbrauchen wie die Waren bringen Frieden, Wohlstand, Gemeinsinn und vieles mehr. Viele Grüße, der unendlich gute Geist des Lebens soll Euch Erleuchtung bringen. Wilhelm
Lieber Wilhelm, bitte gestatte uns die Frage: was hat das mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen zu tun?
Fragt Michael Levedag, Netzwerkrat im Netzwerk Grundeinkommen