Deutscher Bundesjugendring: Grundeinkommen ohne Bedürfnisnachweis und Erwerbsarbeitszwang

Ronald Blaschke 13.11.2013 Druckversion

DBJR
Die 86. Vollversammlung des Deutschen Bundesjugendrings, eines Zusammenschlusses von 47 Jugendorganisationen aus Deutschland, tagte am 25. und 26. Oktober 2013 in Magdeburg. Auf der Tagesordnung standen zahlreiche Anträge, auch ein Antrag zur Sozialpolitik. Darin spricht der DBJR sich erneut, wie schon im Jahr 2004, für ein Grundeinkommen aus und sieht dessen Einführung als Bestandteil der Weiterentwicklung des Sozialstaates.

Im jüngsten Beschlusspapier “Für einen leistungsfähigen Sozialstaat” heißt es auf Seite 4: „Der DBJR fordert […] die Einführung eines leistungsunabhängigen Grundeinkommens ohne Bedürftigkeitsnachweis und Erwerbsarbeitszwang zur Weiterentwicklung der sozialen Sicherung und damit die Herstellung gleicher gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen in unserem Land.“ Der DBJR bezieht sich dabei auf den Beschluss von 2004, in dem es heißt: „Der Deutsche Bundesjugendring sieht die Zukunft der sozialen Sicherung in der Einführung eines (leistungsunabhängigen) Grundeinkommens ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Erwerbsarbeitszwang. […] Mit einem Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung und Erwerbsarbeitszwang in Höhe von 60% des durchschnittlichen Markteinkommens pro Person kann eine Gesellschaft relative Armut ihrer Bevölkerung abschaffen.“ Das Grundeinkommen ist individuell zu garantieren und so zu gestalten, dass es die strukturelle Geschlechterungerechtigkeit abbaut. So heißt es im Beschluss 2013 auf Seite 4: „Der DBJR fordert […] Strukturen, die in Partnerschaften lebende Menschen nicht in Abhängigkeiten zwingen. Der Sozialstaat muss auch zur Geschlechtergerechtigkeit beitragen.“

Der DBJR hat das Grundeinkommen sowohl 2004 als auch 2013 in den Kontext einer Weiterentwicklung des Sozialstaats gestellt. Eckpunkte eines entwickelten Sozialstaats sind aus der Perspektive der Jugendorganisationen: Geschlechtergerechtigkeit, Teilhabe junger Menschen am Arbeitsmarkt (Grundrecht auf Ausbildung und faire Ausbildungsbedingungen), verbesserte Arbeitsbedingungen (Abbau atypischer Arbeitsverhältnisse zugunsten sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze, Begrenzung von Befristung, Regulierung der Leiharbeit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn), gerechtere Verteilung von Erwerbsarbeitszeit und deren Reduktion, finanzielle Absicherung der Arbeitszeitverkürzung, z. B. durch „Phasen wie Sabbatmonate, Zeiten für Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen […], solange dies nicht durch ein Grundeinkommen im Sinne des DBJR ermöglicht wird.“ (Seite 7)

Der DBJR plädiert auch für eine Weiterentwicklung der Alterssicherung. Eckpunkte sind: paritätisch finanzierte Bürgerversicherung (Beiträge auf alle Einkommen der BürgerInnen, Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen) und „eine bedingungslose Grundrente, die aus Steuermitteln finanziert wird. Ihre Höhe muss so bemessen sein, dass sie eine Grundlage für ein würdevolles Leben nach dem aktiven Erwerbsleben auf einem angemessenen Lebensstandard ist.“ (Seite 9)

Neben der Grundrente und finanzieller Absicherung bei Auszeiten aus der Erwerbsarbeit wird auch „eine Kindergrundsicherung als erster Schritt“ zum Grundeinkommen vorgeschlagen, „durch die Erziehungsberechtigte die Möglichkeit erhalten, ihre Kinder frei von Armut und anderen Belastungen zu erziehen und zu bilden. Dies muss von einem qualitativen und quantitativen Ausbau von Betreuungs- und von familienergänzenden Angeboten begleitet werden, welche zum Abbau sozialer Benachteiligungen beitragen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern.“ (Seite 4) Damit bekennt sich der DBJR zu einer schrittweisen Einführung des Grundeinkommens gemäß dem Lebenslagen- bzw. Lebensphasenkonzept. Selbstverständlich wird die Weiterentwicklung des Sozialstaats auch mit Erhalt und Ausbau sozialer Infrastruktur und Dienstleistungen, insbesondere auch im Bildungs- und Jugendbereich, verknüpft.

Der DBJR möchte den Finanzbedarf für die Weiterentwicklung des Sozialstaates zum Beispiel durch eine verfassungskonforme Vermögenssteuer, eine reformierte Erbschaftssteuer, eine höhere Besteuerung sehr großer Einkommen, die Besteuerung von Gewinnen, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe decken – also hauptsächlich durch eine Umverteilung von oben nach unten. (Seite 10)

Dem Beschluss „Für einen leistungsfähigen Sozialstaat“ haben der Bund der Deutschen Landjugend und die Deutsche Beamtenbundjugend nicht zugestimmt. (Seite 10)

Im Deutschen Bundesjugendring sind 26 Jugendverbände, 16 Landesjugendringe und fünf Anschlussverbände organisiert. Die Mitgliedsorganisationen des DBJR stehen für ein breites Spektrum jugendlichen Engagements: Konfessionelle, ökologische und kulturelle Verbände sind hier zusammengeschlossen, ebenso gewerkschaftliche Jugendverbände, Arbeiterjugend-Verbände, humanitär geprägte Verbände, PfadfinderInnen-Verbände und Verbände junger MigrantInnen.

Die Mitgliedsjugendverbände des DBJR sind:
Arbeiter-Samariter-Jugend Deutschland (ASJ)
Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. (aej)
Bund Deutscher PfadfinderInnen e.V. (BDP)
Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland e.V. (BDAJ)
Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)
Bund der Deutschen Landjugend (BDL)
Bundesjugendwerk der Arbeiterwohlfahrt e. V. (BuJWAWO)
Deutsche Beamtenbund-Jugend (dbb-jugend)
Deutsche Bläserjugend (DBJ)
Deutsche Chorjugend e.V. (DCJ)
Deutsche Gewerkschaftsbund-Jugend (DGB-Jugend)
Deutsche Jugend in Europa (djo)
Deutsche Jugendfeuerwehr (DJF)
Deutsche Schreberjugend Bundesverband e.V. (DSchrJ)
Deutsche Trachtenjugend (DTJ)
Deutsche Wanderjugend (DWJ)
Deutsches Jugendrotkreuz e. V. (DJRK)
Jugend der Deutschen-Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG-Jugend)
Jugend des Deutschen Alpenvereins (JDAV)
Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUNDjugend)
Naturfreundejugend Deutschlands e.V. (NFJD)
Naturschutzjugend (NAJU im NABU)
Ring Deutscher Pfadfinderinnenverbände (RDP)
Ring Deutscher Pfadfinderverbände (RdP)
Solidaritätsjugend Deutschlands (Soli-J)
Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken

Folgende Landesjugendverbände sind Mitglied im DBJR:
Bayerischer Jugendring
Bremer Jugendring / Landesarbeitsgemeinschaft Bremer Jugendverbände e.V.
Hessischer Jugendring
Kinder- und Jugendring Sachsen
Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt
Landesjugendring Baden-Württemberg
Landesjugendring Berlin
Landesjugendring Brandenburg
Landesjugendring Hamburg
Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern
Landesjugendring Niedersachsen
Landesjugendring Nordrhein-Westfalen
Landesjugendring Rheinland-Pfalz
Landesjugendring Saar
Landesjugendring Schleswig-Holstein
Landesjugendring Thüringen

Die Anschlussverbände des DBJR sind:
Arbeitsgemeinschaft Neue Demokratische Jugendverbände
Arbeitskreis zentraler Jugendverbände (AzJ)
BDK-Jugend im Bund Deutscher Karneval e.V.
Jugendnetzwerk Lambda
Junge Europäische Föderalisten Deutschland e.V. (JEF)

Ein Kommentar

Hartmut Keller schrieb am 13.11.2013, 19:08 Uhr

Großartig, dass die Jugend sich mal lautstark bemerkbar macht. Ich persönlich (Oldie) engagiere mich seit 2008 für die die Verbreitung der Idee des BGE und was mir dabei Sorge bereitet, ist meine subjektive Wahrnehmung, dass offensichtlich überwiegend den \"Oldies\" die Brisanz unseres Sozialsystems klar ist und sich daher vehement für eine Veränderung des Systems einsetzen. Also \"Youngsters\": Chapeau! Vorschlag: Vernetzt Euch über die sozialen Medien, bringt das Internet zum Tanzen und fürs erste mal die EBI auf Trab!

Einen Kommentar schreiben

Erforderliche Felder sind mit * markiert.
Bitte beachten Sie die Regeln für die Veröffentlichung von Kommentaren.