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Sonderband zur „Zukunft der Arbeit“ mit Diskussion über das Grundeinkommen

Der frisch erschienene, gebührenfrei downloadbare Sonderband zur „Zukunft der Arbeit“ [1] vereinigt 122 Beiträge von 181 Autor*innen. Herausgegeben wurde er von Prof. Jens Nachtwei und Antonia Sureth von der Humboldt-Universität zu Berlin. Welche große Rolle das Grundeinkommen spielt, zeigen die vielen Beiträge, die sich (auch) dem Grundeinkommen widmen.

Um neugierig zu machen, folgen nun Kurzfassungen der Beiträge. Diese Kurzfassungen wurden dem Buch entnommen.

Der Einfluss eines Grundeinkommens auf Angst und Performanz

Mansour Aalam & Andrea Paulus

KURZFASSUNG: Angst vor einem Verlust des Arbeitsplatzes und der finanziellen Zukunft belasten in Deutschland immer mehr Menschen. Dies hat zahlreiche negative Auswirkungen: Forschung zeigt, dass Angst die physische und psychische Gesundheit, wie auch allgemeine kognitive Prozesse negativ beeinflusst. Dieser Einfluss erklärt womög­lich auch den vielfach beobachteten Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzunsicherheit und Performanz. Ein Grund­einkommen könnte den negativen Kreislauf zwischen Angst, kognitiven Prozessen und Performanz durchbrechen, da es die arbeitsplatzbezogenen Ängste der Menschen verringert. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse zu Angst und Performanz und zeigt anhand von Studien zum Grundeinkommen, weshalb ein solches eine Lösung darstellen könnte.

Zukunft der Arbeit als Raum von Möglichkeiten (PDF-Dokument [2])

Ronald Blaschke

KURZFASSUNG: Das Gedankenspiel von Aristoteles zur Automation ist Ausgangspunkt für Überlegungen hinsicht­lich möglicher Überwindung bestehender Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse in der Produktion und hinsichtlich möglicher Entkopplung individueller Existenz- und Teilhabesicherung vom individuellen Arbeitseinsatz. In dem fol­genden Beitrag werden drei reale Arbeitsutopien beschrieben: Befreiung aus Knechtschaft in der Arbeit, Befreiung von Arbeit, Entwicklung der Care- und care-orientierten Arbeit. Verdeutlicht wird, dass sowohl Arbeit als auch Zukunft politisch gestaltbar sind: Zukunft ist offen, wenn auch in Abhängigkeit vergangener und gegenwärtiger gesellschaftli­cher Verhältnisse. Was auch heißt, dass Konkret-Utopisches möglich ist, genauso aber blockiert und ins Dystopische gewendet werden kann.

Die klassische Arbeit hat keine Zukunft, lasst sie uns neu erfinden

Kai Goerlich

KURZFASSUNG: Wir stehen am Übergang von der klassischen industriellen Revolution in eine neue Form der Ökonomie und Gesellschaft, in der die bisherigen Regeln und Leitmotive des Wachstums, des Konsums und der Effizienz nur bedingt mit dem notwendigen Grad an Nachhaltigkeit und den zu erwartenden neuen Formen der Arbeit vereinbar sind. Dementsprechend werden die Arbeitsformen in den nächsten zehn Jahren stark transformiert, wenn nicht sogar komplett infrage gestellt werden. Sofern wir in den Strukturen der jetzigen Wirtschaft verhaftet bleiben und die Digitalisierung überwiegend zur Effizienzsteigerung verwenden, werden wir weiterhin Jobs und Tätigkeiten durch Automatisierung verlieren. Ein Schutz wäre nur durch staatliche Eingriffe möglich. Der Weg in eine nachhalti­gere Gesellschaft, in der die Digitalisierung eine Rolle jenseits der Effizienz übernimmt, würde uns nicht nur aus dem Anthropozän herausführen, sondern auch neue Formen der Arbeit erschaffen können.

Postkapitalismus: Systemfragen der 4. Industriellen Revolution

Kai Arne Gondlach

KURZFASSUNG: Im Zuge der 4. Industriellen Revolution steigen die Veränderungsgeschwindigkeit und Reformbe­darfe schneller als die Schlüsselakteure gesellschaftlicher Systeme reagieren können (Naisbitt, 1982). Paradigmen­wechsel gehören zum Alltag: Rigide Führung weicht Agilität; Netzwerke überholen Hierarchien; das Arbeitnehmerüberangebot ist längst dem Fachkräftemangel gewichen; Milliardenbewertungen für neugegründete Unternehmen und ein Anstieg der (teil-)selbstständig Beschäftigten konterkarieren die Schablone einer klassischen Erwerbsbio­graphie; postmaterielle Werte sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Alles deutet auf eine fundamentale Transformation hin, die nicht zuletzt die Grundlogik der kapitalistischen Wirtschaft infrage stellt.

Über Selbstverantwortung für die Zukunft von Arbeit

Marion King & Christiane Kürschner

KURZFASSUNG: Machen wir uns nichts vor: Die „Zukunft der Arbeit” ist doch schon da. Leider verharrt sie in Me­thoden, Praktiken und vor allem der Haltung des industriellen Zeitalters. Jetzt, mit all den Herausforderungen neuer Technologien, mit Big Data und Künstlicher Intelligenz, mit Themen wie Globalisierung, Klimawandel oder aktuell der Corona-Krise, wäre die Zeit, eine neue Art des Arbeitens oder sogar des Wirtschaftens zu gestalten – und zwar durch uns alle und jede*n Einzelne*n von uns. Aber wie kann das gehen, wenn Alt-Gewohntes immer weniger funktioniert, immer mehr Unsicherheit herrscht, wenn uns das „Außen” nicht genügend Richtung und Sicherheit gibt? In VUCA-Zeiten („Volatile, Uncertain, Complex, Ambiguous“) wie diesen braucht es Selbstverantwortung, damit jede*r von uns seinen*ihren eigenen Wirkkreis gut gestalten kann.

Leistung oder Arbeit und welche? Durch das Brennglas eines Bedingungslosen Grundeinkommens betrachtet

Sascha Liebermann

KURZFASSUNG: Der Beitrag beschäftigt sich damit, welche Folgen das heute vorherrschende Verständnis von Ar­beit hat, das Arbeit mit Erwerbstätigkeit gleichsetzt. Eine Folge dessen ist die Degradierung sogenannter unbezahlter Arbeit, deren größter Teil in Haushaltstätigkeiten besteht. Diese Leistungsform besonderer Art ist für Bildungsprozes­se unerlässlich, erhält jedoch immer weniger Raum, um sich zu entfalten. Eine andere Folge der normativen Aufla­dung von Erwerbstätigkeit ist eine Verkehrung des Leistungsethos, denn die Teilnahme an Erwerbstätigkeit wird in vorherrschenden Deutungsmustern höher gewichtet als ihr Leistungsbeitrag. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) hingegen führt zu einer normativen Umwertung und würde beide zu ihrem Recht kommen lassen können – die Eigenheiten familialer Sozialbeziehungen und das radikale Ausleben eines Leistungsethos.

Bedingungsloses Grundeinkommen und Soziale Inklusion

Christoph Lütge & Marianne Thejls Ziegler

KURZFASSUNG: Die Befürchtung, die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) könnte die gesellschaftliche Po­larisierung verstärken, hat die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) wiederbelebt. Ein solches soll der zunehmenden Verarmung in der Gesellschaft gegensteuern und der Würde des Einzelnen besser gerecht werden. In unserem Artikel vertreten wir die These, dass die Polarisierung der Gesellschaft nicht nur auf einem unterschiedlichen materiellen Lebensstandard beruht. Vielmehr spielt die subjektive Wahrnehmung der kulturellen Ausgeschlossenheit eine ebenso wichtige Rolle. Wir empfehlen statt eines BGE die Entwicklung alternativer Interak­tionsformen, die sowohl Zusammenarbeit als auch Wettbewerb ermöglichen und damit als Katalysator gegenseitiger Anerkennung dienen können.

Smart statt hart – Arbeit neu denken

Moritz Meißner

KURZFASSUNG: Für viele ist Arbeit eine Pflichtübung, die wir über uns ergehen lassen müssen. Diejenigen, die einen Sinn in ihrer Arbeit suchen und sogar Spaß daran haben, sind Randerscheinungen. Doch das muss nicht so bleiben. Der technologische Fortschritt verändert Arbeit von Grund auf und so schnell wie nie zuvor. Vieles, das heute noch eine Menschenhand erledigt, kann automatisiert werden. Und das präziser, schneller und günstiger. Bei anderen Dingen wird der Mensch noch lange unübertroffen sein. Unabhängig davon, ob wir die Chancen oder Risi­ken hervorheben, bleibt die Frage danach, wie wir uns bestmöglich auf die neue Art zu arbeiten vorbereiten können. Ein Grundeinkommen könnte uns dabei helfen, extreme Ausschläge zu glätten. Auf dem Weg smarter statt härter zu arbeiten.

Psychologie und Arbeit – Zukunftsfragen

Antonia Sureth & Jens Nachtwei

KURZFASSUNG: Die Zukunft der Arbeit liegt längst nicht mehr in ferner Zukunft – wir stecken schon mittendrin. Neue Technologien am Arbeitsplatz, Künstliche Intelligenz und Automatisierung sorgen für Umbrüche der Arbeits­welt. Für uns Menschen bedeutet das vor allem eins: Veränderung. Unser Arbeitsalltag, unsere Aufgaben und unsere Tätigkeiten verändern sich – für einige nur marginal, für andere jedoch gravierend. Das kann Ängste schüren und überfordern, aber auch Hoffnung machen und motivieren. Obwohl all das Themen der Psychologie betrifft, ist die Disziplin noch erstaunlich still, wenn es um die Zukunft der Arbeit geht. Dieser Beitrag plädiert für eine stärkere Rolle der Psychologie in der Debatte um die Zukunft der Arbeit und umreißt, wie sich die Disziplin verändern kann, um ihrer Rolle bei der Gestaltung der Arbeitswelt gerecht zu werden.

Von New Work zu No Work – mit industrieller KI werden Fabriken weitgehend autonom

Markus Ahorner

KURZFASSUNG: Industrielle Künstliche Intelligenz (KI) und Industrial Internet of Things (IIOT) werden die Verschmel­zung von IT und Industrieautomation vorantreiben. Das KI-Teilgebiet „Maschinelles Lernen“ kann industrielle Big Data selbstständig und automatisch in Datenmodelle umsetzen und nutzbar machen. Das ermöglicht sowohl die Optimie­rung und Vorhersage von Prozessen als auch die automatische Ableitung von Maßnahmen für Cyberphysische Sys­teme. Damit werden Fabriken zunehmend autonomer. Der Mensch wird von komplexen Wissensroutinen entlastet und gewinnt Freiräume zur individuellen Entfaltung. Mit zunehmendem Bildungsgrad werden Gesellschaften davon profitieren. Es könnte zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe werden, eine neue Arbeitswelt zu organisieren, die dann eben auch „keine Arbeit“ heißen würde.

Foto: Pixabay [3]