Dritter Arbeitsmarkt als Test für Arbeitswilligkeit?

Redaktion 16.01.2008 Druckversion

Auf den NachDenkSeiten kritisiert Kai Ruhsert diese Ideen, verbunden mit ein paar Worten zum Grundeinkommen.

Ein Kommentar

Reinhard Börger schrieb am 18.01.2008, 10:09 Uhr

Den Beitrag von Gert G. Wagner kenne ich zwar nur in den aufgeführten Ausschnitten; diese zeigen allerdings deutlich, wohin man kommt, wenn man die neoliberale Weltwirtschaft kritisiert, aber an dem Gedanken, der Mensch müsse sich seinen Lebensunterhalt durch unangenehme Arbeit verdienen, festhält und vor dem Grundeinkommen zurückschreckt. Die Anwort von Kai Ruhsert kritisiert Wagner zwar m.E. zu Recht, bietet aber keine Lösungen an. Im Grunde erscheint mir das Denken als eine unzulässige Übertragung betriebswirtschaftlichen Denkens auf eine weltwirtschaftliche Situation.

Wenn ich nichts zu essen habe, kann ich möglicherweise irgendwo arbeiten, z.B. in der Produktion von Porno-Videos, und mir von meinem Lohn etwas zu essen kaufen. Auch ein Land kann Pornos produzieren und verkaufen und von Erlös Nahrungsmittel einkaufen. Wenn alle Länder dies tun, funktioniert es aber nicht mehr, da es nichts mehr zu essen gibt. Für die Weltwirtschaft als Ganze gibt es kein Gegenüber, mit dem sie irgendwelche Wirtschaftsgüter tauschen könnte. Weltweit kann genau so viel an Nahrungsmitteln gegessen werden, wie an Nahrungsmitteln produziert wird; eine zusätzliche Porno-Produktion erhöht das weltweite Nahrungsangebot nicht.

Moralische Bedenken gegen Pornos werden oft mit dem Arbeitsplatzargument zunichte gemacht. Auf diese Weise wird der Wunsch nach Beschäftigubng zu einer Art Über-Moral, die die bisherige Moral erschlägt. Die Möglichkeit, auf demokratische Weise darüber zu entscheiden, wie wir leben wollen, wird auf Grund so genannter Sachzwänge immer mehr eingeschränkt.

Wenn aber die welteit produzierten Nahrungsmittel ausreichen, um die gesamte Menschheit zu ernähren, ist es m.E. ein Skandal, wenn immer noch Menschen verhungen. Ich will nicht so weit gehen wie Jean Ziegler und behaupten, diese Menschen würden ermordet. Aber vor dem Verhungern werden sie nur durch eine gerechtere Verteilung geschützt, nicht durch eine höhere Porno-Produktion.

Wenn aber der menschliche Arbeitsaufwand bei der Nahrungsmittelproduktion und bei der Stillung anderer Bedürfnisse zurückgeht, müssten wir im Prinzip alle weniger arbeiten und hätten mehr Freizeit. Bei gleich bleibendem Arbeitslohn reichte unser Einkommen aber immer weniger. Im Gegenteil, die sinkende Nachfrage nach menschlicher Arbeitsleitung dürfte eher zu niedrigeren die Löhnen führen; die Menschen könnten immer schlechter von ihrem Arbeitseinkommen leben. Im Gegensatz dazu nähmen die Kapitaleinkommen immer weiter zu.

Dies entspricht doch weitgehend dem, was wir in der Weltwirtschaft beobachten, auch wenn in Deutschland glücklicherweise noch niemand verhungern muss. Alle Auswege, die ich kenne, laufen auf ein irgenwie geartetes Grundeinkommen hinaus; hierdurch profitieren nicht nur die Kapital Besitzenden, sondern auch die Arbeitenden, einigermaßen gerecht von Produktivitätssteigerungen. Das kurzfristige Wirtschaftswachstum in Deutschland vernebelt m.E. den Blick; auf die Dauer kann es nicht so weiter gehen.

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