Von Armut Betroffene fordern Grundeinkommen

Ronald Blaschke 19.01.2016 Druckversion

Am 7. Oktober 2015 fand im Rahmen der Vorbereitungen für den 5. Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) ein gemeinsamer Workshop von Menschen mit Armutserfahrung und Vertretern des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) in Berlin statt.

Die Dokumentation des Workshops belegt, dass Arme sich ein „bedingungsloses und ausreichendes Grundeinkommen“ wünschen. Auch die Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV und eine Grundsicherung oder Mindestrente „von monatlich 1.200 € netto in Verbindung mit einem Mindestlohn von 14 € pro Stunde“ fordern sie.

Die Armutspolitik der Bundesregierung wurde im Workshop grundsätzlich kritisiert, ebenso der Umgang der Behörden mit ihren Klienten: „Die vorhandenen behördlichen Strukturen (mitunter Behördenwillkür) und gesetzliche Unklarheiten führen zu einer Entmündigung der von Armut Betroffenen.“ Diese beschreiben ihre gesellschaftliche Stellung mit Begriffen wie Ausgrenzung, Stigmatisierung, Diskriminierung und Denunzierung. Sie kritisieren den öffentlichen Sprachgebrauch mit Formulierungen wie „sozial schwach“ und „bildungsfern“. Solche Begriffe seien negativ belegt und führten zum sozialen Ausschluss derer, die damit betitelt werden.

Die von Armut betroffenen Bürgerinnen und Bürger legen großen Wert auf Selbsthilfe und Selbstorganisation. Sie klagten im Workshop die erforderliche Infrastruktur und Unterstützung ein, die nicht vom Staat oder den Wohlfahrtsverbänden abhängig machen  dürften.

Das Feedback der VertreterInnen des BMAS nach dem Workshop lautet: „Die im Rahmen des Workshops genannten Vorschläge könnten eventuell in den Analyseteil des 5. ARB aufgenommen werden […]. Der Bericht soll vor allem auch dazu dienen, eine öffentliche Debatte anzuregen.“

Ich meine: Die Ergebnisse müssen in den 5. Armuts- und Reichtumsbericht aufgenommen und öffentlich diskutiert werden. Sie belegen das Versagen einer Sozialpolitik, die auf Entmündigung statt auf Stärkung der Autonomie setzt. Die Vorschläge der von Armut betroffenen Bürgerinnen und Bürger für eine moderne Sozialpolitik liegen auf dem Tisch.

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