Nachlese zur Petition

Herbert Wilkens 19.02.2009 Druckversion

Nach dem ungewöhnlich großen Erfolg der Petition (etwa 53.000 Mitzeichner) sind in der Presse und in anderen Medien zahlreiche Artikel erschienen, die dieses unerwartete politische Ereignis würdigen. Eine weitgehend vollständige Liste findet sich im „Aktuellen Archiv Grundeinkommen“. Einen starken Schub brachte zuletzt eine dpa-Meldung, die von vielen Zeitungen übernommen wurde. Oft wurden aber auch eigenständige Meldungen veröffentlicht. Hier ist z.B. der Berliner „Tagesspiegel“ zu nennen.

Politiker haben Pressemeldungen herausgegeben, z.B. die Bundestagsabgeordneten und Netzwerk-Grundeinkommen-Mitglieder Katja Kipping (DIE LINKE) und Wolfgang Strengmann-Kuhn (Bündnis 90 / Die Grünen)

Im Berliner Tagesspiegel erschien ein Interview mit Götz Werner. Er sieht den Betrag eines Grundeinkommens in der aktuellen Situation bei einer „Größenordnung von 650 bis 750 oder 800 Euro“. Sein Hauptpunkt ist aber: „Die Menschen meinen, wenn man andere nicht unter Druck setzt, würden sie nichts machen. Diese Haltung würden sie auf sich selbst aber nie anwenden. So lange wir so denken, sind wir noch nicht bei unserem Gesellschaftsziel der Brüderlichkeit angekommen.“

Die Meinungen lassen sich in einigen Punkten zusammenfassen:

  1. Die Petition war ein unerwartet großer Erfolg.
  2. Das ergibt sich nicht nur aus der großen Zahl der Mitzeichner, sondern auch aus den überaus zahlreichen und vielfältigen Kommentaren (4278).
  3. Die hohe Zustimmung beflügelt die öffentliche Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen.
  4. Die Politiker müssen sich jetzt um das Thema kümmern.
  5. Viele Mitzeichner, ebenso wie zahlreiche Kommentatoren, tragen die eigentliche Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen energisch mit, aber sie kritisieren Teile der Begründung: die Höhe des geforderten Betrags, das vorgeschlagene Steuermodell und die Idee, mit sämtlichen anderen Transfers Schluss zu machen.
  6. Es kommt nicht nur das in der Begründung vorgeschlagene Modell für ein Grundeinkommen in Frage, sondern auch andere.
  7. Für die Grundeinkommensbefürworter gilt es, mehr Mitmenschen von der Grundeinkommensidee zu überzeugen.

Wie geht nun das Verfahren um die Petition weiter? Wie das „Neue Deutschland“ meldet, ist es ein kompliziertes und langwieriges Verfahren. Dabei ist keineswegs sicher, dass es im Petitionsausschuss eine öffentliche Anhörung geben wird. Die Vorsitzende des Ausschusses meinte jedenfalls, dass nur die LINKE für die öffentliche Anhörung eintrete. Dies wird mittlerweile von dem zuständigen Vertreter der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen scharf zurückgewiesen – mithin doch Aussichten auf öffentliches Gehör im Bundestagsausschuss.

Eine unmittelbare Möglichkeit für jede Bürgerin und jeden Bürger, die Sache voranzubringen, ist das Gespräch mit der oder dem für den eigenen Wahlkreis zuständigen Abgeordneten.

3 Kommentare

Jörg Tippmann schrieb am 19.02.2009, 19:03 Uhr

Ich habe Frau Naumann, Vorsitzende des Petitionsausschusses im Bundestag, folgendes über abgeordnetenwatch.de geschrieben (allerdings hängt meine Frage noch in der \"Zensur\" bei abgeordnetenwatch):

-----------------------------

Sehr geehrte Frau Naumann,

1.)

Sie behaupten im ND von heute [19. 2.]:

\"Prinzipiell gibt es die Möglichkeit, aber die Richtlinien besagen auch, dass eine Petition innerhalb von drei Wochen die 50.000 Unterschriften erhalten müsste, um eine solche öffentliche Anhörung zu erzwingen.\"

Das ist inkorrekt!

Im Verfahren zu den (auch öffentlichen) Petitionen heißt es unter Nr. 8.4 Abs. 4:

\"8.4 SONDERREGELUNGEN [!] für Mehrfach- [Sammel-] und Massenpetitionen

...

(4) Hat eine SAMMEL- oder Massenpetition das Quorum von 50.000 Unterstützern erreicht (Nr. 8.2.1, 7. Spiegelstrich), so werden ein

Petent oder mehrere Petenten in öffentlicher Ausschusssitzung angehört ...\"

http://www.bundestag.de/ausschuesse/a02/grundsaetze/verfahrensgrundsaetze.html

Unter \"Nr. 8.2.1, 7. Spiegelstrich\" steht:

\"8.2.1 Einzelaufruf und -abstimmung

In der Ausschusssitzung werden Petitionen EINZELN AUFGERUFEN,

...

wenn eine SAMMEL- oder Massenpetition bei deren Einreichung von mindestens 50.000 Personen unterstützt wird oder wenn dieses Quorum spätestens drei Wochen nach Einreichung erreicht wird (siehe auch Nr. 8.4 Abs. 4).\"

Mehr zu \"Quorum\", \"50.000\" und \"drei Wochen\"

ist in der ganzen Richtlinie nicht zu finden.

Ich weise hiermit darauf hin, daß \"Nr. 8.2.1, 7. Spiegelstrich\" die Sonderregelung \"Nr. 8.4 Abs. 4\" NICHT ausschließt!

Werden Sie IM ANDEREN FALLE (m)eine Petition zur Durchsetzung ALLEIN NUR der 50.000-Regel (also OHNE die an sich nicht nehmbare und wohl auch noch nie genommene 3-Wochen-Hürde!!) unterstützen und andere, insbesondere Ihre Parteikollegen dazu bewegen, bei dieser Petition mitzumachen?

Werden Sammelpetitionen BIS 50.000 denn dann nicht \"EINZELN AUFGERUFEN\"? Warum nicht? Und was dann??

2.)

Sie antworteten im ND auf die Frage \"Das heißt, Frau Wiest wird vom Petitionsausschuss gar nicht angehört?\":

\"Wir werden als LINKE ... eine Anhörung beantragen. Aber dagegen sperren sich sowohl die Koalitionsparteien als auch die anderen beiden Oppositionsfraktionen.\"

Wie können Sie das denn jetzt schon (19. 2.) wissen, Frau Naumann??

Alexander Burger schrieb am 19.02.2009, 20:58 Uhr

Wieso kommt eigentlich niemand auf die Idee, eine Grundeinkommens-Partei zu gründen? Eine Petition ist eine Bitte an den Bundestag. Erst durch die Wählerstimme wird der Bürger vom Bittsteller zum Handelnden. Bei 60 Mio Wahlberechtigten und 50 Prozent Wahlbeteiligung ( => 30 Mio Wahlstimmen) reichen schon 1,5 Mio Wahlstimmen, um in den Bundestag zu kommen. Mit 3 Mio Wahlstimmen liegt man schon bei 10 Prozent. Die Petition hat das doch gezeigt: dafür scheint das Potential jetzt da zu sein. Wenn die Politiker nicht wollen, dann machen wir das doch selbst, oder ? Gruß Alex

Henrik Wittenberg schrieb am 24.02.2009, 19:55 Uhr

Wer sich nicht mit dem Mittel des Petitionsrechtes als demokratisches Gestaltungselement zufrieden geben möchte, der hat auf der folgenden Website die Gelegenheit, sich an der „Aktion Volksabstimmung“ zu beteiligen. Damit kann jeder Wähler die Bundestagskandidaten in seinem Wahlkreis dazu auffordern (per Post oder auf Abgeordnetenwatch), sich in der nächsten Legislaturperiode für die Einführung des bundesweiten Volksentscheids einzusetzen: www.aktion-volksabstimmung.de

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