Parlamentarische Versammlung des Europarates beschloss Resolution zum Grundeinkommen

Ronald Blaschke 21.07.2018 Druckversion

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates, in dem sich Abgeordnete der nationalen Parlamente Europas versammeln*, nahm im Januar 2018 mit großer Mehrheit eine Resolution zum Grundeinkommen (“The case for a basic citizenship income”, Resolution 2197 vom 23. Januar 2018)) an.

Darin heißt es**:

„Das Grundeinkommen bzw. Bürgergeld ist eine Form der sozialen Sicherheit, die allen Bürgerinnen und Bürgern eine regelmäßige Geldsumme zur Verfügung stellt, von der sie leben können: Sie wird ‘allen Angehörigen eines politischen Gemeinwesens ohne Prüfung der Bedürftigkeit und ohne die Anforderung, einer Tätigkeit nachzugehen, persönlich ausgezahlt‘. Ein Grundeinkommen, das per Definition universell, personenbezogen und bedingungslos ist und ausreicht, um ein menschenwürdiges Leben zu führen und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, würde die absolute Armut bekämpfen und negative Arbeitsanreize beseitigen (da es der betreffenden Person nicht entzogen wird, wenn diese zusätzliche Einnahmen erwirtschaftet).“

Weiter heißt es in der Resolution:

„Die Versammlung ist der Auffassung, dass die Einführung eines Grundeinkommens die Chancengleichheit für alle verlässlicher garantieren könnte als das vorhandene Flickwerk aus Sozialleistungen, Sozialeinrichtungen und sozialpolitischen Programmen.“

Die Parlamentarische Versammlung „fordert die Mitgliedstaaten des Europarates vorrangig auf, die Mittelausstattung bei ihren vorhandenen Mindesteinkommenssystemen zu verbessern und insbesondere dafür zu sorgen, dass die nationalen Referenzkörbe für Waren und Dienstleistungen die vollständige Teilhabe des Einzelnen am gesellschaftlichen Leben abdecken. Gegebenenfalls könnten die Länder auch erwägen, den von den EU-Institutionen verwendeten AROPE-Indikator (AROPE = at-risk-of-poverty or social-exclusion rate = Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen) zu übernehmen.“

Empfohlen wird den Mitgliedsstaaten des Europarates von der Parlamentarischen Versammlung u. a.:

– „alle Sozialpartner an dem Verfahren zur Festlegung eines nationalen Referenzwerts für ein Existenzminimum zu beteiligen, das allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, über ein Einkommen oberhalb der Armutsgrenze zu verfügen“,

– „die Maßnahmen zur Eindämmung von Steuerflucht und Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen und vermögende Privatpersonen auszubauen und die auf diese Weise zurückerlangten Mittel prioritär für sozialpolitische Zwecke zu verwenden“,

– „den sozialen Dialog und die Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken und Chancen der Einführung eines Grundeinkommens fortzusetzen“, sowie „eine nationale öffentliche Debatte über ein Grundeinkommen bzw. Bürgergeld zu fördern, um die Grundlagen für nationale Experimente im Bereich des Grundeinkommens zu schaffen und solche Experimente zu beginnen.“

Hier findet sich das Abstimmungsergebnis und die persönlichen Voten der Abgeordneten nationaler Parlamente, die in der Parlamentarischen Versammlung vertreten sind: http://assembly.coe.int/nw/xml/Votes/DB-VotesResults-EN.asp?VoteID=36977&DocID=16468&MemberID

Die Resolution wurde von der Italienerin Nunzia Catalfo (5-Sterne-Bewegung) erarbeitet. Fachliche Zuarbeit leisteten u. a. Klaus Sambor vom Runden Tisch Grundeinkommen Österreich und Ronald Blaschke vom Netzwerk Grundeinkommen Deutschland. Die angenommene Resolution ist das Resultat interner Aushandlungsprozesse in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Die Resolution ist ein weiterer Schritt in Richtung Grundeinkommen in Europa bzw. in der Europäischen Union.

Hinweise

* Die zwei Organe des Europarates sind einerseits der Ministerrat, in dem die Mitgliedstaaten des Europarates durch ihre Außenministerinnen und Außenminister bzw. deren Ständige Vertreterinnen und Vertreter im Range eines Botschafters vertreten sind, sowie andererseits die Parlamentarische Versammlung des Europarates, in welche die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten des Europarates Abgeordnete entsenden. Der Europarat ist nicht mit Gremien der Europäischen Union (EU) zu verwechseln.

** Die Übersetzung folgt einer internen Arbeitsübersetzung des Deutschen Bundestages.

Flagge des Europarates: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63377279

7 Kommentare

Daniel Krudan schrieb am 23.07.2018, 17:12 Uhr

\"... Geschichte wird gemacht, es geht voran.\" :-)

Dampf kann man auch hier noch machen - BGE/UBI als europäisches Ziel angeben:

https://ec.europa.eu/commission/consultation-future-europe_de

Herbert Faltynek schrieb am 27.07.2018, 11:14 Uhr

Es ist zu hoffen, daß der Beschluß mehr ist, als die berühmte Geduld des Papiers, auf dem er festgeschrieben steht.

Stephan Härtl schrieb am 30.07.2018, 18:23 Uhr

Darauf können wir uns in den Diskussionen berufen, wenngleich uns klar ist, dass unser Verbündeter ein zahnloser Tiger ist.

Harald Hirte schrieb am 01.08.2018, 21:52 Uhr

Wenn selbst Schwergewichte wie Werner Götz, Richard Branson, Mark Zuckerberg und Elon Musk fürs Universal Basic Income (BGE) sind...

Das Thema schlägt mittlerweile große Wellen, das ist super! Das Bewusstsein Vieler scheint sich auch endlich dafür zu öffnen. Es ist mittlerweile nicht mehr möglich das Ganze \'\'untern Tisch zu kehren\'\'. Die meisten erkennen und verstehen, was bedingungsloses Grundeinkommen wirklich ist, wie es uns allen und der Wirtschaft helfen kann.

Hier noch ein brillanter Vortrag von Yanis Varoufakis. Sehr zu empfehlen!

https://youtu.be/BvgdtF3y0Ss?t=47

Kofler Gerhard schrieb am 07.09.2018, 11:42 Uhr

Grundsätzlich würde ich das BGE sehr begrüßen, wenn die Höhe wirklich ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht und wenn es von bildungspolitischen und sozialpolitischen Maßnahmen begleitet wird. Diese sollten die Menschen mehr und mehr zu freien und selbstbestimmten Bürger heranbilden, die die durch das BGE ermöglichte Freiheit zur aktiven Teilnahme am Gemeinschaftsleben und zur kreativen Entfaltung nutzen. Negativ wäre eine Entwicklung zu einer stumpfen, vom Sozialtopf gefütterten Konsumentenmasse, wo nur die Stärksten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten.

Hans Stallkamp schrieb am 20.10.2018, 18:51 Uhr

Jeder, der ein bedingungsloses Grundeinkommen noch kritisch oder sogar sehr kritisch sieht oder beurteilt, sollte sich den Vortrag von Yanis Varoufakis (ehemaliger griechischer Finanzminister) anhören oder zu Gemüte führen, damit er die Verarmung der unteren Schichten unserer Gesellschaft im Zeitalter der Industrialisierung und Digitalisierung 4.0 erahnt. Soll das so bleiben, oder verstehen wir die Resolution zum Grundeinkommen des Europarates???? Danke, Ronald Blaschke.

Bodo Bolz schrieb am 28.10.2018, 20:17 Uhr

Die Hoffnung stirb zuletzt, andere europäische Länder werden es einführen, bloß Deutschland nicht, wo dieses voran getrieben wurde.

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