Phönix aus der Asche!

    Stefan Wolf 21.07.2024 Druckversion

    Unter der Überschrift „Parteivorstand stellt gemäß Mitgliederentscheid Antrag an kommenden Bundesparteitag der Partei DIE LINKE zum Grundeinkommen“ wurde über einen wichtigen Teilerfolg für die Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE. berichtet.

    Der Bundesparteitag vom 18. bis zum 20. Oktober 2024 in Halle an der Saale hat jetzt das letzte Wort! Nun entscheiden die Delegierten, welche Zukunft die Partei hat. Ein riskantes Spiel!

    Die Europawahl war für meine Partei ein Debakel. Auch die kommenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg drohen zum Fiasko zu werden. Da gerät es leicht außer Acht, dass sich der Vorstand endlich dazu durchgerungen hat, dem Bundesparteitag einen Antrag vorzulegen. Ein emanzipatorisches bedingungsloses Grundeinkommen ins Programm aufzunehmen, ist ja der Wunsch der Mitglieder der Partei, die am Mitgliederentscheid teilgenommen haben! Aber ob die Delegierten diesem Wunsch auch folgen? Die Delegierten sind laut Parteiengesetz das höchste beschlussfassende Organ einer Partei, sofern es um Inhalte des Programms geht.

    Ihnen obliegt die Verantwortung, wie es mit der Partei weitergeht. Belassen sie es beim Alten, wird der Niedergang der Partei anhalten. Davon bin ich fest überzeugt. Traditionelle Linke, geprägt von ihrer Sehnsucht nach Vollbeschäftigung und ihrer Heilslehre, dass fremdbestimmte Erwerbsarbeit sinnstiftend fürs Leben sei, werden es sicher beim Alten belassen wollen. Jedoch hat der Mitgliederentscheid gezeigt, dass mehr Mitglieder einen anderen Weg gehen wollen.

    Aber kommt es auch anders? Ich vertraue darauf, dass jene Delegierten den Mut und Weitblick haben, meiner Partei eben diesen neuen Weg zu weisen. Totgeglaubte leben nämlich länger! Phönix gewann ja auch erst nach seinem Aufstieg aus der Asche an Strahlkraft. Meine Partei hat eine außergewöhnliche Entstehungsgeschichte. Darin vereint, wogegen sie waren, nämlich die Agenda-2010-Politik unter Kanzler Schröder, kamen Menschen vornehmlich aus dem linken politischen Spektrum zusammen. Aber etwas Positives, für das alle sind, wie z. B. eine Alternative zur Agenda-2010-Politik, ließ das Gründungsprogramm der Partei DIE LINKE vermissen und war auch in den Jahren danach nicht zu erkennen. Stattdessen gab es Irrungen und Wirrungen, Widersprüchlichkeiten und anhaltender innerparteilicher Streit. Klärungsprozesse waren notgedrungen an der Tagesordnung! Der jüngste davon führte zur Gründung des Bündnis Sahra Wagenknecht.

    Der nunmehr zwanzig Jahre andauernde Einsatz für ein emanzipatorisches bedingungsloses Grundeinkommen in der Partei hat Spuren hinterlassen. Auch bei mir! Nicht selten stand ich kurz davor, die Brocken hinzuschmeißen. Ideologische Verbohrtheit und die Angst im Kader der Partei, neue Wege zu gehen, haben mich häufig an den Rand der Verzweiflung gebracht. Immer wieder habe ich mich aber eines Besseren besonnen, ja auch eines Besseren belehren lassen: Die Motivation meiner Mitstreiter*innen in der BAG Grundeinkommen gaben mir immer wieder neuen Mut. Dafür bin ich sehr dankbar. Vermutlich gehören solche Erfahrungen zur Pubertät einer Parteiwerdung! Aber nach zwanzig Jahren wollten wir schon wissen, woran wir in Sachen Grundeinkommen in der Partei sind: Der Mitgliederentscheid sollte hier Klarheit schaffen.

    Mein Dank gilt aber auch den vielen Engagierten im Netzwerk Grundeinkommen, zeigt mir doch das rege Treiben im Netzwerk, dass es sich lohnt, beharrlich und engagiert zu bleiben. Hoffnungsfroh hat mich gestimmt, dass sich im Laufe der Jahre zunehmend mehr Menschen emanzipatorischen Varianten des Grundeinkommens zuwenden, obschon es eine babylonische Vielfalt an Stimmen zu ihm gibt. Gerade der Austausch in und mit dem Netzwerk Grundeinkommen hat wesentlich dazu beigetragen, dass das von der BAG Grundeinkommen ausgearbeitete Konzept vor Jahren von der Bundeszentrale für politische Bildung als ein meistdiskutiertes exemplarisch aufgeführt wurde (hier das weiter entwickelte Konzept). Genau diese Menschen könnten unsere Arbeitsgemeinschaft gerade jetzt auf der Zielgeraden nachhaltig unterstützen! Das wäre meine Bitte!

    Einer meiner engsten Vertrauten in all den Jahren, Jörg Reiners, Koordinator unserer Arbeitsgemeinschaft, ehemals auch Netzwerkrat im Netzwerk Grundeinkommen und unbestritten einer der Väter für den Erfolg unserer Kampagne beim Mitgliederentscheid, erinnert mich ab und an daran, den vollständigen Namen unserer Arbeitsgemeinschaft zu betonen: Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE. Und es ist genau dieser Bestandteil „…und bei der Partei“, der jetzt zum endgültigen Erfolg führen kann! Denn es ist von ausschlaggebender Bedeutung, dem höchsten beschlussfassenden Gremium der Partei DIE LINKE deutlich vor Augen zu führen, dass unsere BAG Grundeinkommen von Tag zu Tag mehr Unterstützung erfährt. Die Delegierten müssen erkennen, dass allein schon der an sie gerichtete Antragstext in Sachen BGE spürbar mobilisiert.

    Mitglieder im Netzwerk Grundeinkommen, denen die Einführung eines emanzipatorischen bedingungslosen Grundeinkommens ebenso wie mir eine Herzensangelegenheit ist, heißen wir herzlich in unserer Partei willkommen Wer uns, ohne dafür Mitglied der Partei zu werden, unterstützen möchte, ist uns genauso herzlich willkommen. In der BAG Grundeinkommen sind nämlich auch Parteilose sehr engagiert. Gerade auf der Zielgeraden kommt es auf jede helfende Hand an. Denn jetzt geht es um die konkrete Umsetzung unserer Forderung. Also: Wir brauchen Eure Unterstützung! Lasst uns aus einer reinen Arbeiterpartei eine Partei für alle Menschen machen! Gestaltet die neue moderne Linke mit!

    Zum Autor: Stefan Wolf ist langjähriger Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE. Er hat maßgeblich das BGE-Konzept der BAG (weiter)entwickelt. Mehr unter https://www.die-linke-grundeinkommen.de/start/unser-bge/  

     

     

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