Offener Brief des Netzwerks an Angela Merkel

Ronald Blaschke 22.04.2020 Druckversion

Anlässlich der kommenden EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands hat sich der Netzwerkrat am 22. April in einem offenen Brief an Angela Merkel gewandt (hier als PDF-Dokument).

Darin wird auf Aussagen zum Grundeinkommen in Entschließungen, Erklärungen und Papieren des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates verwiesen, ebenso auf die große Zustimmung der Bürger*innen zum Grundeinkommen in der EU und in Deutschland.

Die Forderungen an Angela Merkel anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft lauten:

„Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir fordern Sie auf, dem Willen der Bürger*innen in der EU, in Deutschland, der Abgeordneten im Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission entsprechend, in das Arbeitsprogramm der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands folgende Programmpunkte aufzunehmen:

  1. Austausch und Konsultationen zwischen den Gremien der EU (Europäischer Rat, Europäische Kommission, Europäisches Parlament) und den zivilgesellschaftlichen Organisationen in den EU-Mitgliedstaaten, die sich für ein Grundeinkommen engagieren, mit dem Ziel, EU-weite öffentliche Diskussionen und Forschungsvorhaben über die Möglichkeit der Einführung von bedingungslosen Grundeinkommen, die der Armut vorbeugen und soziale Ungleichheit beseitigen, in den EU-Mitgliedstaaten zu beginnen.
  2. Erarbeitung erster Umsetzungsvorschläge in Abstimmung mit den o. g. Gremien der Mitgliedstaaten und mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen in den EU-Mitgliedsstaaten, die sich für ein Grundeinkommen engagieren, um Armut vorbeugende und soziale Ungleichheit beseitigende Grundeinkommen in den EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen.
  3. Verhandlungen mit Portugal und Slowenien darüber, dass die unter Punkt 1 und 2 aufgeführten Maßnahmen unter deren Ratspräsidentschaft fortgeführt bzw. weiterentwickelt werden.

Wir fordern Sie im Weiteren dazu auf, die Öffentlichkeit in Deutschland und den Deutschen Bundestag über den Fortgang der Maßnahmen unter Punkt 1 bis 3 monatlich zu informieren.

Wir möchten betonen: Das Netzwerk Grundeinkommen ist gern bereit, Sie und die gesamte Bundesregierung bei der Umsetzung o. g. Maßnahmen zu unterstützen.“

Weiterhin wird im offenen Brief darum gebeten, das Anliegen der Petent*innen zum Krisen-Grundeinkommen in Deutschland schnellstmöglich umzusetzen.

Der offene Brief wurde zur Kenntnisnahme und Unterstützung übermittelt an: Abgeordnete des Deutschen Bundestages, den Präsidenten und die Vizepräsident*innen des Deutschen Bundestags, den Ausschuss für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag, den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union im Deutschen Bundestag, den Bundesminister für Arbeit und Soziales, den Bundesminister für Energie und Wirtschaft – Europaministerium, die Mitglieder des Bundesrates, den Präsidenten und die Vizepräsidenten des Bundesrates, den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Fraktionen des Europäischen Parlaments, deutsche Mitglieder des Europäischen Parlaments, den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments, die Europäische Kommission, den Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Inklusion der Europäischen Kommission, den Europäischen Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss.

Foto: pixabay

9 Kommentare

Thomas Richter schrieb am 22.04.2020, 17:39 Uhr

Ein globales Grundeinkommen wäre der erste Schritt in eine andere Richtung. Jeder Mensch hätte die Möglichkeit, sich unabhängig von aufgezwungenen Restriktionen, frei zu leben.

Ich befürworte diese Aufforderung des Netzwerkes Grundeinkommen, obwohl ich befürchte, dass dies auf \"taube Ohren\" stossen wird.

Gerhard Seedorff schrieb am 22.04.2020, 21:42 Uhr

Es freut mich, dass der Netzwerkrat über seinen Schatten gesprungen ist und einen „Offenen Brief“ geschrieben, der meiner Ansicht nach von der Bundeskanzlerin nicht ignoriert werden kann. [Anm. d. Red.: Es gibt keine Anzeichen dafür, dass wegen des Briefs jemand über einen Schatten springen musste.]

Jetzt erwarte ich den Aufruf an alle Mitglieder sich auf dieser Basis einzubringen und auf einer extra dafür eingerichteten Plattform die nächsten Schritte vorzuschlagen, denn eine Pflanze ist noch kein Baum.

Charlotte Ullmann schrieb am 23.04.2020, 16:04 Uhr

Spätestens jetzt, zur Coronazeit, wird mehr als deutlich, dass unsere Art zu wirtschaften den Garaus bedeutet für die Menschen, die Natur, den gesamten Erdball.

Rücksichtslose Abholzung der Wälder zum Beispiel bringt die Natur aus dem Gleichgewicht, fördert die Entstehung aggressiver Virenarten, oft tödlich für die Lebewesen, einschließlich dem Menschen.

Ebenfalls die Wirtschaft gerät aus den Fugen. und spürt den eisigen und giftigen Wind aus den abgeholzten Wäldern ihr entgegenschlagen .

Da wird die Kernaussage der Dialektik der Aufklärung (Horkheimer/Adorno) bestätigt, dass die Natur sich gegen den Menschen wendet, wenn er sich als Herrscher derselben aufwirft, mit einem Wirtschaftssystem, hier dem kapitalistischen, das Mensch und Natur auf lange Sicht bis auf den letzten Blutstropfen ausbeutet.

Ein BEDINGUNGSLOSES GRUNDEINKOMMEN wäre der erste Schritt zur Einkehr, wieder hin zum Menschen, hin zu seiner Natur, das seine Schaffungsfreude fördert auf einer Grundlage, die den Lebewesen qua ihrer Existenz in der Natur gegeben ist, im Umgang miteinander und im Gleichklang mit jener.

Das Leben wäre nicht mehr vorrangig dem Profitwahn unterworfen, der Mensch käme wieder mehr zu sich selber, seinen Vorlieben und Begabungen, und die Ressourcen eines jeden könnten sich in der Interaktion und im Schaffen miteinander besser entfalten, sogar mithilfe des technologischen Fortschritts, der wiederum Rücksicht auf den Menschen und die Natur nehmen muss.

Rochus Grün schrieb am 26.04.2020, 21:28 Uhr

dem neoliberalen Kapitalismus muß endlich was entgegengesetzt werden.!

Ina Rintelmann schrieb am 27.04.2020, 10:37 Uhr

Grundeinkommen kommt. In kleinen und großen Schritten.

Zur Zeit wird deutlich was wirklich wichtig ist und dass jeder Mensch eine Lebensgrundlage braucht. Wenn wir wirklich solidarisch sein wollen gewähren wir uns gegenseitig ein bedingungsloses Grundeinkommen. Dann kann eine Stelle die Gelder zur Auszahlung anweisen und die Bürokraten in den Ämtern sind gefragt wirkliche Hilfen am Menschen anzubieten. Für mich persönlich wäre das BGE die Plattform zur Motivation für andere tätig zu sein mit einem Beitrag zur Gemeinschaft den ich für richtig halte ( nachhaltig und zukunftsorientiert) und nicht weil es eine wirtschaftliche Notwendigkeit für das existenzminimum ist. Jetzt macht sinnvolle Tätigkeit erst richtig Freude. Danke schön für die offenen Briefe und alle die sowohl das BGE denken können als auch es unermüdlich weiter am Leben halten. Ich bin sicher wir erreichen diesen Paradigmen Wechsel. Freiheit Gesundheit Grundeinkommen

Wolfgang Klotz schrieb am 01.05.2020, 09:22 Uhr

Angst vor der Realität

Alle Kommentare beleuchten wichtige Details, die mit bGE erreichbar erscheinen.

- solidarische Gesellschaft

- global gleichwertige Lebensverhältnisse

- Entschleunigung des Lebens

- Umwelt im Mittelpunkt

- Entfaltung der Persönlichkeit ....

Und Ja - es ist, wie in Ina Rintelmanns Kommentar richtig benannt, ein Paradigmenwechsel.

Richtig - Anmerkung der Redaktion - sie ist nicht über den eigenen Schatten gesprungen. Leider!

Über den eigenen Schatten springen - ich wiederhole mich, lieber Ronald Blaschke, wäre, endlich das bGE als Verteilungsproblem statt Finanzierungsproblem zu betrachten.

Genau das klärt verschiedenes.

Rosemarie Gößwein schrieb am 01.05.2020, 23:25 Uhr

Ich könnte mir jedesmal die Haare raufen, wenn ich Menschen erlebe, die um ihre Existenz zu kämpfen haben, die auf unseren den Straßen sitzen und gezwungen sind zu betteln, die kein Dach über dem Kopf haben, keine Arbeit keine Grundversorgung fürs Alter u.s.w. Ja, ich bin auf jeden Fall für das Grundeinkommen. Das würde diese Menschen in die Lage versetzen in eine frei gewählte Beschäftigung einzutreten, gleich welcher Art. Letztendlich möchte jeder Mensch ein nützliches Glied in unserer Gesellschaft sein. Auch Freude haben, und anerkannt werden für das was er tut.

Ich fürchte, daß wir dank Corona noch viel mehr von diesen. von uns an den Rand geschobenen Menschen haben werden, und wer weiß, vielleicht sind wir demnächst auch selbst dabei!! In letzterem Falle wäre ich froh, wenn wenigsten die Grundbedürfnisse abgedeckt wären, und mir erspart bliebe auf einer Behörde betteln zu gehen.

Gerhard Seedorff schrieb am 03.05.2020, 17:01 Uhr

OFFERNER BRIEF AN UNSEREN NETZWERKRAT

Ich bin sicher, dass sie wohl wissend mit diesem Brief an unsere Bundeskazlerin die SYSTEM FRAGE stellen.

Wir können uns auf Goethe, Schiller und unser Grundgesetz berufen, sowie auf die Erhardsche soziale Marktwirtschaft ohne eine unsoziale Finanzwirtschaft, die amputiert werden muss.

Wenn wir die vielen unglücklichen Menschen sehen, die in einem Gesetzeswirrwarr leben müssen, den sie nicht verstehen und darum nicht eimal zur Wahl gehen, um sich einen vertrauenswürdigen Repräsentanten auszuwählen, der ein besseres Gesellschaftssystem einführen will, in dem es sich zu leben lohnt, statt sich von Medien und Politik für dumm verkaufen und über den Tisch ziehen zu lassen?

Eröffnet diese Krise nicht die Möglichkeit für unsere geistige Elite grundsätzliche gesetzliche Veränderungen vorzuschlagen oder hat Deutschland keine Dichter und Denker mehr?

Was spricht gegen die Einführung einer negativen Einkommensteuer mit einer Festlegung der Höhe nach dem Alter der Bürger und dem jährlich erwirtschafteten Bruttosozialprodukt.

Wir können davon ausgehen, dass allein die Aussicht auf eine paradiesähnliche Zukunft die Nachfrage erhöhen würde, während eine finanzielle Besserstellung von AGs und GmbHs verpuffen würde, weil diese erst tätig werden, wenn sie Nachfrage und Gewinne erkennen.

Schon 1968 hat Milton Friedmann eine Blaupause für eine negative Einkommensteur dem amerikanischen Parlament vorgelegt. Vielleicht hat man darum seinen Präsidenten Nixon vorzeitig aus dem Amt gejagt, nachdem die Kennedy-Brüder und ihr Vordenker Martin-Luther-King, die bekanntlich ähnliche Ideen verfolgten, erschossen wurden.

Man könnte daraus schließen, dass wir eine lebensgefährliche Gesellschaftsordnung fordern?

Ich freue mich auf die erforderlichen Korrekturen des Netzwerkrats!

Schuchert Wolfgang schrieb am 09.05.2020, 11:43 Uhr

Wir müssen umdenken hatte Merkel in ihrer Neujahrsrede gesagt, und so wie heute kann es nicht mehr weiter gehen. Selbst Entwickklungsminister Müller verurteilt den Turbokapitalismus, der uns mit seiner Gier nach immer mehr, immer schneller und immer reicher, zum erliegen bringen wird, wenn kein handeln der Politik im Interesse der Bürger zu mehr Solidarität untereinander erfolgt. Der Kapitalismus ist asozial, Ökologie feindlich, und auf Risiko und einer Wachstumsideologie aufgebaut, wo die Sicherheit der Bürger fehlt.

So lange aber Gewinnmaximierung oberstes Gebot ist, wird der gesamte Kontext, wie die Würde des Menschen als auch der Umwelt ignoriert und missachtet. Da der Kapitalismus aber ncht reformfähig ist, stehen uns nur zwei Möglichkeiten einer Änderung zur Verfügung . Entweder wir töten ihn, der Sozialismus (geregelte Marktsteuerung) steht vor der Tür, oder wir geben den Bürgern mehr Sicherheit durch ein Grundeinkommen.

Die Ressourcen der Erde sind begrenzt, und wir können nicht ständig auf den Erhalt von Wachstum und Vollzeitbeschäftigung setzen, denn Wachstum ist nicht die Lösung sondern das Problem und mit dieser Digitalisierung und Technokratisierung von heute werden viele sozial gesicherte Arbeitsplätze verschwinden. Wir brauchen mehr Gemeinwohl, wo der Wohlstandsindex dem DAX und der Steigerung des BIP vorzuziehen ist. Denn wir wollen kein Luxus, sondern nur ein freidliches Zusammenleben.

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