Schlechte Nachricht aus Namibia

Dagmar Paternoga 22.05.2010 Druckversion

Nachdem Präsident Pohamba von Namibia seine Ablehnung gegenüber einem landesweiten Basic Income Grant (Grundeinkommen) geäußert hatte, reagierte die BIG-Coalition zunächst schockiert und enttäuscht, und ihr Vorsitzender, Bischof Kameeta sieht in der Äußerung des Präsidenten, ein Grundeinkommen würde die Menschen zum Nichtstun animieren, eine Beleidigung der Armen und Arbeitslosen.

Die BIG-Coalition ist fest davon überzeugt, dass das Grundeinkommen die einzige Möglichkeit darstellt, den drängenden Problemen Namibias (u.a. Arbeitslosenquote über 50 Prozent; die höchsten Einkommensunterschiede weltweit, Unterernährung von Kindern unter 5 Jahren bei 24 Prozent, wachsende Landflucht) effektiv zu begegnen. Sie verweist auf die Erfolge eines 2-jährigen Pilotprojektes zum Basic Income im Dorf Otjivero (100 N$/Person/Monat) (siehe www.bignam.org sowie unseren Bericht). Dort seien Arbeitslosigkeit, Unterernährung der Kinder und Schulabbrüche deutlich gesunken sowie die Gründung von Kleinstunternehmen stark gestiegen, was die Behauptung widerlege, die Armen würden durch den Erhalt eines Grundeinkommens zum Nichtstun animiert.

„Die Leute haben ihre menschliche Würde wiederbekommen. Ist das nicht Grund genug für die landesweite Einführung?“ fragt Bischof Kameeta.
Die BIG-Coalition fordert den Präsidenten auf, ein Beratergremium einzuberufen, das sich aus Vertretern der Zentralbank, Nationaler Planungskommission, Finanzministerium und BIG-Coalition zusammensetzt. Dieses Gremium soll einen neuen Vorschlag erarbeiten.

Rekapituliert man die jahrelangen Vorgänge um die Einführung eines Basic Income in Namibia, bleibt festzuhalten: Die Regierung hatte vor einigen Jahren eine Steuerkommission damit beauftragt, die armutsmindernde Wirkung eines Basic Income Grant (BIG) zu prüfen. Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass es das Mittel der Wahl sei und aus dem unausgeschöpften Steueraufkommen finanzierbar wäre. Die Regierung hat nicht darauf reagiert, sondern die Studie „in der Schublade“ verschwinden lassen. Daraufhin gründete sich die BIG-Coalition aus Kirchen, Gewerkschaften und NGOs mit dem Ziel, die landesweite Einführung eines BIG voranzutreiben. Nach langen Diskussionen über den Weg dahin beschloss man, ein Pilotprojekt in Otjivero für zwei Jahre zu starten. Trotz bester Ergebnisse einer von einer international zusammengesetzten Forschergruppe (ein Wissenschaftler der UNO-Arbeitsorganisation ILO, eine unabhängige Wissenschaftlerin aus den USA, zwei Sozialwissenschaftler von LARRI (Labour Resource and Research Institute, Namibia)) erarbeiteten Studie (siehe unter www.bignam.org und www.gruene-bundestag.de) nun die Ablehnung durch den Präsidenten.

Reaktion von Herbert Jauch, Gewerkschafter und Mitglied der BIG-Coalition, vor kurzem auf Rundreise durch Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein: „Der IWF (Internationaler Währungsfonds) und die Weltbank üben Druck auf die Regierung aus. Ich glaube nicht, dass wir das BIG nur durch Überzeugungsarbeit durchdrücken können, sondern es muss eine breite Bewegung und Druck von unten geben. Das ist in Namibia nach der Unabhängigkeit ziemlich schwierig geworden, aber wir müssen es trotzdem versuchen!“

Die BIG-Coalition wirft dem IWF vor, die Regierung bewusst mit falschen und widerlegbaren Zahlen zum Urteil gebracht zu haben, ein BIG für Namibia sei nicht bezahlbar. Die Regierung und der IWF wissen, dass es bezahlbar wäre, wenn man bereit wäre, die Steuerressourcen auszuschöpfen, im Klartext: die Reichen stärker zu belasten. Da die Regierung sich weder von ihrer eigenen Steuerkommission, noch von der Studie über das Pilotprojekt in Otjivero hat umstimmen lassen, kann bezweifelt werden, dass sie ihr Regierungshandeln ändern wird, wenn eine neue Kommission Vorschläge erarbeitet. Skepsis ist angebracht gegenüber der Unabhängigkeit von Experten aus Zentralbank und Finanzministerium.

Als taktisches Mittel, um der Regierung Verhandlungsbereitschaft zu zeigen, könnte eine solche Kommission vielleicht nützlich sein. Dann sollten aber ausgewiesene VertreterInnen der armen Bevölkerung (evtl. sogar aus Otjivero) dieser Kommission genauso angehören wie die Finanzleute. Die landesweite Kampagne zur Erzeugung politischen Drucks ist trotzdem unerlässlich.

Was bedeutet das für die Grundeinkommensbewegung? Wir sollten uns nicht nur auf unsere guten Argumente für ein Grundeinkommen verlassen, sondern anfangen, die Kämpfe der Armen ernst zu nehmen, zu unterstützen und dazu beitragen, sie international zusammenzubringen.

Ein Kommentar

Abdoulaye TAYE schrieb am 20.06.2010, 16:03 Uhr

Das Grundeinkommen kann nie von Experten aus IWF und WB akzeptiert werden. Wir müssen seine Einführung in den unterentwickelten Ländern unterstützen, damit wir die Erfolge als Beispiele der Welt zeigen können. Wir können zum Beispiel bei der Präsidentschaftswahl im 2012 in Senegal das Grundeinkommen als Programm präsentieren und von den Wählern abstimmen lassen. Die Grundeinkommen hat Chancen von der Bevölkerung gewählt zu werden. Das ist effizienter als auf die Bewilligung von Experten zu warten. Ich bin der Initiator des Grundeinkommens in Senegal.

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