Kommt das Grundeinkommen ins Grüne Grundsatzprogramm?

Baukje Dobberstein 22.05.2018 Druckversion

Anfang April fand bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Startkonvent zum neuen Grundsatzprogramm der Partei statt. Neue Antworten auf neue Fragen sollten gefunden werden. Das bisherige Grundsatzprogramm hat auf viele drängende Themen der Zeit keine Antworten mehr, so der Tenor der neuen Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck.

Basisdemokratisch und auch geöffnet für Nicht-Mitglieder fanden in diesem Rahmen Workshops statt. Hier sollten Themen diskutiert werden, die dann, in den folgenden zwei Jahren, in das Grundsatzprogramm einfließen werden. Ich hatte die Gelegenheit, am Workshop zum Thema soziale Gerechtigkeit teilzunehmen. Dort ging es, wenig überraschend, sofort auch um das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE).

Auch wenn Teile der Parteimitglieder dieser Idee begeistert gegenüber stehen, so gibt es auch immer noch Stimmen, die meinen, mit Bildung alleine ließe sich Armut wirksam verhindern. Andere sind zwar (noch) nicht vom BGE überzeugt, aber durchaus bereit, das Thema zu diskutieren.

In der Ablehnung des Hartz-IV-Systems hingegen bestand Einigkeit, wie auch in der Forderung, dass sowohl die Bundestagsfraktion, als auch die Parteispitze dies deutlich kommunizieren müsse. Die schlechten Umfragewerte für sozialpolitische Kompetenz der Partei haben sicherlich auch etwas mit den Schwerpunkten der bisherigen Spitzenkandidaten zu tun: Ob sich das mit der aktuellen Parteiführung nun ändern wird?

Ein paar Tage nach der Veranstaltung sagt Sven Lehmann, sozialpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, im Interview mit der taz: „Hartz IV muss überwunden und durch eine neue soziale Sicherung ersetzt werden.“ Das markiert den Startpunkt einer längst überfälligen Debatte.

Ein junger Landtagsabgeordneter brachte in dem oben erwähnten Workshop der Auftaktveranstaltung noch einen weiteren sehr wichtigen Punkt ins Spiel: Die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen sei schwer vermittelbar. Das Thema sei komplex und vielschichtig. Die meisten würden von der Einführung eines Grundeinkommens zwar profitieren, könnten das unter dem Schlagwort Grundeinkommen aber nicht erkennen. Dafür sei es erforderlich, die Ziele, die man mit einem Grundeinkommen verfolge, deutlicher herauszustellen und das Gesamtpaket in einzelne Aspekte zu zerlegen.

Diesen Vorschlag werden eingefleischte BGE-Befürworter unter Umständen unbefriedigend finden. Dies jedoch kann als politische Strategie durchaus sinnvoll sein. Ob dann am Ende ein echtes Bedingungsloses Grundeinkommen oder etwas anderes herauskommt, wird sich zeigen.

An dieser Trennung versucht sich beispielsweise Wolfgang Strengmann-Kuhn, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in einem Gastartikel in der Frankfurter Rundschau. Darin fordert er ein Basisgeld für Arbeitslose in Höhe des bestehenden Regelsatzes bei Hartz IV, plus eine Wohnkostenübernahme bei Bedürftigkeit, sowie ein Garantieeinkommen für Erwerbstätige in Form einer Aufstockung geringer Erwerbseinkommen durch das Finanzamt. Natürlich muss es am Ende wieder zusammen gedacht werden. Aber vielleicht hilft es ja, das Thema den Wählenden auf diese Art näher zu bringen. Dass der ehemalige Armutsforscher dabei das Grundeinkommen nicht ganz vergessen hat, zeigt er in seinem Artikel im Magazin der Leibniz-Gemeinschaft.

Bei dem Treffen des Grünen Netzwerks Grundeinkommen im Anschluss an den Startkonvent war die Stimmung gut. Die Zahl der Teilnehmenden war höher als erwartet, im Biergarten wurde es schnell eng. Das lag daran, dass nach einer lebhaften Diskussion zum BGE im Workshop Digitalisierung Menschen neugierig wurden und kurzentschlossen zu dem Treffen erschienen. Von Teilnehmenden wurde die Chance, das Thema Grundeinkommen im Grundsatzprogramm zu verankern, als deutlich aussichtsreicher eingeschätzt, weil hier eine langfristige Perspektive eingenommen würde, ganz anders als in eher kurzfristig orientierten Wahlprogrammen.

Für den kommenden Herbst ist übrigens ein ganztägiges Treffen des grünen Netzwerks Grundeinkommen geplant, in dem weitere Schritte diskutiert werden sollen. Interessierte (auch Gäste) können sich hier weiter informieren: http://gruenes-grundeinkommen.de/

Grundsätzlich aber krankt diese Partei allerdings an etwas anderem. Denn mit den richtigen Zielen auf dem Papier, aber Leuten an der Spitze, die im Zweifelsfall eine andere Politik machen als es die Visionen versprechen, bleiben sie langfristig unglaubwürdig. Aktuelles Beispiel dazu ist Baden-Württemberg: Obwohl es dort zum Grundeinkommen sogar einen bestehenden Beschluss aus 2007 gibt, ist es fraglich, ob die treibenden Kräfte in Richtung Grundeinkommen, gerade aus dem realpolitischen Lager Baden-Württembergs zu erwarten sind. Selbst wenn das Grundeinkommen also den Weg ins Grüne Grundsatzprogramm schaffen sollte, heißt das leider noch lange nicht, dass Grüne in Regierungverantwortung es umsetzen würden.

Bild: © gruene.de

2 Kommentare

Steffen Hannemann schrieb am 21.06.2018, 08:16 Uhr

Im Herbst sind in Bayern Landtagswahlen, und es stehen Parteien zur Wahl, welche an der Vergangenheit hängen. In einer Zeit, wo sich alles total durch Digitalisierung und neue Technik verändert, braucht es neue Visionen für eine bessere Zukunft für alle.

Genau das erfüllt das BGE = Umverteilung von Oben nach Unten, Freiheit, Chancengleichheit und mehr Gerechtigkeit. Wer soll auch die vielen durch KI-Roboter erzeugten Güter und Dienstleistungen ohne BGE kaufen? Nur mit dem BGE kann jeder seine Energieart selber wählen und wird nicht auf die süßen Stimmen der Atom-Kohle-Lobby verfallen.

Da die BGE-Partei nicht zur Wahl antritt, sollten wir die Grünen im Wahlkampf unterstützen. Wer für das BGE ist, der ist auch für eine saubere Umwelt und erneuerbare Energie und gegen AKWs und Kohle-Kraftwerke!

Matthias Gliesche schrieb am 03.03.2020, 12:04 Uhr

Ein Grundeinkommen finde ich gut.Das AlG 2 umwandeln ohne Sanktionen zu belegen,aber im gleichen Zuge die Schwarzarbeit bekämpfen

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