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Arbeit und Grundeinkommen in religionsphilosophischer Sicht

Unter dem Titel „Geld oder Würde? – Bedingungsloses Grundeinkommen und abendländisches Menschenbild“ hat der Norddeutsche Rundfunk am 13. Januar 2013 eine Sendung gebracht, in der die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens heftig kritisiert wird (Manuskript der Sendung beim NDR [1] oder hier [2]). Einige der Schwachpunkte dieser Kritik hat Stephan Holzhaus kommentiert. Er schrieb einen Brief an den Verfasser der Sendung, Matthias Greffrath. Diesen Kommentar veröffentlichen wir im Wortlaut.

Die Redaktion

Sehr geehrter Herr Greffrath,

mit Interesse habe ich die Sendung zum Thema Grundeinkommen am heutigen Tag verfolgt und möchte Ihnen Folgendes mitteilen:

Aus Ihrem Beitrag geht hervor,

Auf den von Ihnen vorgetragenen Arbeitsbegriff möchte ich hier eingehen:

Sie erwähnen zu Recht, dass „die Heiligung der Arbeit“ eine Folge des Protestantismus war. Dazu schreibt der Religionsphilosoph Romano Guardini:

Und Egon Friedell (in „Kulturgeschichte der Neuzeit“):

Ich möchte sagen, dass Sie, dass wir alle unseren Begriff von Arbeit grundsätzlich überdenken müssen. Wenn wir erkennen, dass es heute beinahe so viel unsinnige, überflüssige Arbeit in unserer Gesellschaft gibt – in diesem Zusammenhang empfehle ich Ihnen den Film „Produzieren für die Müllhalde“ – wie sinnvolle Tätigkeit, dann werden Sie mir zugestehen müssen, dass wir an dieses verinnerlichte „Arbeitsethos“ dringend heran müssen.

In einem Punkt irren Sie in Ihrem Beitrag gewaltig, darauf möchte ich Sie hier noch hinweisen: Aus der katholischen Soziallehre ist, besonders unter Berücksichtigung der o. g. Punkte, die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens sehr wohl herzuleiten, und zwar aus dem Gedanken des Subsidiaritätsprinzips.

Papst Benedikt XVI sagt in seiner Enzyklika („Caritas in veritate“):

Der Jesuitenpater Alfred Delp hatte dieses Prinzip verinnerlicht, als er kurz bevor er 1945 von den Nazis ermordet wurde, Folgendes sagte:

Wenn Sie diesen Brief mit unvoreingenommenem Erkenntniswillen gelesen haben und die Intention wirklich nachvollziehen wollen, dann kommen Sie zu mindestens zweierlei Schlüssen:

Herzlichen Dank für Ihre Argumentationsvorlage und Ihre Aufmerksamkeit

Stephan Holzhaus (Arbeitskreis Grundeinkommen Göttingen)

Quellen der Zitate:
Das Zitat von Romano Guardini stammt aus seinem Buch „Freiheit, Gnade, Schicksal“, Ostfildern 1994, S. 147.
Die Zitate von Alfred Delp stammen aus Alfred Delp, „Worte der Hoffnung“, Hrsg. Rita Haub, Würzburg 2009, und aus Alfred Delp „Gesammelte Schriften“, Bd.4, Hrsg. Roman Bleistein, Frankfurt/Main 1985.

Literaturempfehlung:
Dorothee Schulte-Basta: „Zur Kompatibilität von Bedingungslosem Grundeinkommen und katholischer Soziallehre“, Freiburg 2010.
Stephan Holzhaus (Hrsg.): „Vom Todesstreifen zum Lebensacker“, Göttingen 2012

Hinweis:
Auch beim Hamburger Netzwerk Grundeinkommen [3] ist die Sendung des NDR kritisch gewürdigt worden.

2 Comments (Open | Close)

2 Comments To "Arbeit und Grundeinkommen in religionsphilosophischer Sicht"

#1 Comment By beate lindemann On 30.01.13 @ 15:17

Es war bereits das zweite Mal, dass der ansonsten sehr geschäzte Mathias Greffrath sich in den “Glaubenssachen ” gegen das Grundeinkommen ausgesprochen hat – wie andere geschätzte Persönlichkeiten auch. Das ist die Meinungsfreiheit. Schwierig wird es, wenn man sich dabei auf christliche Werte bezieht. Man muss kein Theologe sein, es reicht, wenn man lesen kann, um sich mit der Grundlage des christlichen Glaubens zu befassen, das sind die Evangelien.
Dort findet sich aber keine Verherrlichung irgendeiner Arbeit. Es gibt aber Lilien auf dem Felde und Vögel des Himmels, es gibt eine Martha, die sich um viele Dinge sorgt, und doch hat ihre Schwester Maria den besseren Teil erwählt, die sich zum Meister setzt und ihm zuhört. Sinnvolle Tätigkeiten, wie das Herausziehen des Ochsen aus der Grube auch am Sabbath, und die tätige Nächstenliebe kommen gut weg. Es ist ganz schwierig die Arbeit als Selbstzweck mit einem christlichen Wert zu versehen.

#2 Comment By Christoph Schwager On 04.02.13 @ 21:35

Ich hatte meine Kritik zu Greffraths Beitrag in sein Manuskript hineingeschrieben und ihm per Mail geschickt.
Außerdem habe ich ihm eine Stellungnahme von Bischof Gerd Ulrich, Vorsitzender der Nordkirche, beigelegt.
Als Kommentar an dieser Stelle sind diese Dokumente zu lang, sie sind jedoch hier zu finden:
[4]