Mehrheit in Deutschland für Grundeinkommen und gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen

Ronald Blaschke 25.09.2021 Druckversion

Die jüngste repräsentative Studie * der Rogator AG und der exeo Strategic Consulting AG zeigt, dass die Forderung nach einem Grundeinkommen in Deutschland stark und nachhaltig verankert ist. 53 % der Befragten in Deutschland unterstützen das Grundeinkommen, 24 % lehnen es ab. Befragt wurden sie im August und September 2021. Im April und Mai des vergangenes Jahres stimmten 50 % dem Grundeinkommen zu und 21 % lehnten es ab. Im November und Dezember 2020 lag die Zustimmung bei 55 % und die Ablehnung bei 21 %.

Die Zustimmungsrate hängt nur wenig von der jeweils erfragten Höhe des Grundeinkommens ab: Für 1.000 Euro monatlich gab es 56 % Zustimmung, für 1.200 Euro 54 % und für 1.400 Euro 48 %. Mit 1.200 bis 1.400 Euro würde man Einkommensarmut in Deutschland abschaffen.

Große Zustimmung auch in anderen Ländern Europas

In Österreich und in der Schweiz sind es fast die Hälfte, nämlich 48%, die dem Grundeinkommen zustimmen, bei 31% Ablehnung in Österreich und 25% in der Schweiz. In Schweden befürworten 36% das Grundeinkommen und 33% lehnen es ab. Auch in diesen Ländern stimmen dem Grundeinkommen also mehr Menschen zu als es ablehnen. ** 

Grundeinkommen besser als die sozialen Maßnahmen der Bundesregierung während der Pandemie

Über 50 % der Befragten sind der Auffassung, dass das Grundeinkommen tendenziell eine bessere Maßnahme wäre als die von der Regierungskoalition getroffenen sozialen Maßnahmen während der Corona-Pandemie. Nur 15 % sehen das andersherum. Wird sich die künftige Bundesregierung diese eindeutige Positionierung zu Herzen nehmen und möglichen künftigen Krisenzeiten auch mit einem Krisen-Grundeinkommen begegnen?

Parteipräferenz und Zustimmung zum Grundeinkommen in Deutschland

79 % Prozent derjenigen, die die Partei DIE LINKE bei der Bundestagswahl präferieren, unterstützen das Grundeinkommen, 70% derjenigen, die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN präferieren. Keine dieser beiden Parteien spricht sich in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 klar für die Einführung eines Grundeinkommen aus (vgl. Blaschke 2021). Wie werden sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in möglichen künftigen Regierungskoalitionen fürs Grundeinkommen engagieren? Wie wird sich DIE LINKE in ihrer politischen Arbeit am Wähler*innenwillen ausrichten, wie bei ihrem Mitgliederentscheid im kommenden Jahr? Werden beide Parteien der Auffassung ihrer Wähler*innen gerecht, dass sie sich am stärksten nach der Bundestagswahl für die Einführung des Grundeinkommens engagieren? Denn 59% der Wähler*innen der Partei DIE LINKE gehen davon aus, dass es die von ihnen präferierte Partei DIE LINKE ist, die sich am stärksten für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens einsetzt, um die soziale Ungleichheit zu beseitigen. Von den Wähler*innen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen das 39 % für ihre Partei. Bemerkenswert ist hier: Fast ein Drittel der Grünen-Wähler*innen (29%) schätzen aber auch ein, dass DIE LINKE sich am stärksten für die Einführung des Grundeinkommens engagieren wird.

Und die große Überraschung ist: 50% der SPD-Wähler*innen meinen, dass sich die SPD am stärksten für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommen einsetzt. Gibt das den oberen Parteifunktionär*innen der SPD, die sich gegen das Grundeinkommen aussprechen, nicht Anlass zum Nachdenken?

Grundeinkommen und Verteilungsgerechtigkeit passen zusammen

Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich, dass viele in Deutschland mit der Ungleichverteilung von Vermögen und Einkommen unzufrieden sind. Das Vermögen sollte gleichmäßiger verteilt sein, sagen 44 % (gegenüber 14 %, die dies verneinen). Die Aussage „Einkommen ist gerecht in der Gesellschaft verteilt“ lehnen 53 % ab, 8 % stimmen ihr zu. Die hohe Zustimmung zum Grundeinkommen und eine kritische Sicht von rund der Hälfte der Befragten auf die ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen zeigen: Ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit und sozialer Gleichheit auf der einen Seite passen mit einem Grundeinkommen auf der anderen Seite zusammen. Ob und wie stark das Grundeinkommen eine Umverteilung von Reich nach Arm tatsächlich bewirken würde, hängt allerdings vom konkreten Modell inkl. der Finanzierung ab.

*  Es handelt sich um eine selbstfinanzierte Studie, sie hat keinen Auftraggeber.

** Die in dieser Umfrage ermittelten Zustimmungsraten weichen von den Werten ab, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ermittelt hat (vgl. DIW Wochenbericht 15/2019, vgl. auch Blaschke 2019). Das hat sicher auch Gründe in den unterschiedlichen Fragestellungen zum Grundeinkommen.

Foto: pixabay

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