Victor Considerant: “Keine politische und soziale Freiheit für die Massen ohne Minimum.”
Nach Thomas Spence, dem Begründer des Grundeinkommens, soll nun der Franzose Victor Considerant (1808 – 1893), ein Schüler und Vertreter der Ideen von Charles Fourier (1772 – 1837) vorgestellt werden. Er begründet ein bedingungsloses Minimum für jeden Menschen und die Gestaltung attraktiver Arbeitsbedingungen, zwei zusammengehörige Reformen.
Zum Verständnis der Theorien von Charles Fourier und Victor Considerant ist der Begriff der Anziehung (Attraktion) wichtig. Die menschlichen natürlichen – auch gegensätzlichen – Triebe und Leidenschaften sollten durch eine bestimmte Gestaltung der Gesellschaft und geeignete Regeln genutzt werden, um eine harmonische Gesellschaft zu erreichen. Anziehung entsteht dadurch, dass der Mensch seine natürlichen Leidenschaften, Neigungen und Talente ausleben kann. Das gilt auch für den Bereich der Arbeit, verstanden als Tätigkeit, die ausgeübt wird, um “sich den notwendigen Lebensunterhalt zu verschaffen, seine Familie zu ernähren und aufzuziehen.” (Considerant 1844 in Adler 1906a, 58) Aber: “Bis heute sind Politik und Moral daran gescheitert, die Arbeit liebenswert zu machen: wir sehen, daß alle Lohnarbeiter, alle Erwerbstätigen, ja die gesamte Klasse des Volks ständig dem Nichtstun zuneigen. […] Um sie an die Arbeit zu gewöhnen, kennt man außer Sklaverei kein anderes Mittel als die Furcht vor Hunger und Strafe. Wenn nun aber die Arbeit die Bestimmung ist, die der Schöpfer uns beschieden hat, wie kann man auf den Gedanken verfallen, er wolle uns mit Gewalt dazu bringen und habe es nicht verstanden, eine edlere Triebfeder zu ersinnen, einen Anreiz, der die Arbeit in Lust verwandelt.” (Fourier 1822 in Fourier 1977, 172) Eine Bedingung neben vielen anderen politischen und arbeitsorganisatorischen Bedingungen für attraktive Arbeit für Mann und Frau ist, dass sie das kooperative Zusammenwirken unter die persönliche Zustimmung jedes einzelnen stellt, also ein “freiwilliges Zusammenwirken” ist, so wie die Gesellschaft als eine “freie Vereinigung der Individualitäten” (Considerant 1846 in Adler 1906b, 89 f.; vgl. Fourier 1822 in Fourier 1977, 177) zu gestalten sei. Die Verwaltung der freien Assoziationen, die Organisation der gemeinwirtschaftlichen Arbeit (unter Beibehaltung des Privateigentums) und des gemeinsamen Lebens, von Fourier auch Phalanstère genannt, soll “durch die direkten Entschließungen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die sämtlich gleichberechtigt sind” (Adler 1906, 31), also direktdemokratisch, erfolgen.
Soziales Minimum und attraktive Arbeit statt falscher Industrie
Eine zweite, nämlich eine naturrechtliche Überzeugung Fouriers bestimmte das Denken seines Schülers Considerant: “Der Wilde […] muß […] jagen und fischen, um sich zu ernähren; aber das sind anziehende Beschäftigungen, die ihm seine körperliche Freiheit nicht nehmen. Eine Arbeit, die Freude macht, wird nicht als Last empfunden.” (Fourier 1822 in Fourier 1977, 176) Charles Fourier beschrieb in seinem Werk “Die falsche Industrie” von 1836, das Recht auf ein Existenzminimum und damit verbundene gesellschaftliche Widerstände wie folgt: “Das erste Recht, das der natürlichen Ernte – Nutzung der Gaben der Natur, Freiheit der Jagd, Ernte, Weiderecht – begründet das Recht, sich zu ernähren, zu essen, wenn man Hunger hat. […] Wenn die bürgerliche Ordnung dem Menschen die vier Säulen der natürlichen Versorgung nimmt – wie die Jagd, den Fischfang, die Ernte, das Weiden, die das erste Recht darstellen –, so schuldet die Klasse, die Ländereien weggenommen hat, der Bevölkerungsschicht, die benachteiligt ist, ein Minimum in ausreichender Höhe, kraft des neunten Rechts (ausreichende Höhe). Aber es gibt reichlich Widerstände gegen die Gewährung dieses Rechts: Zuerst müsste man einen gesellschaftlichen Mechanismus einer kombinierten Wirtschaft suchen und finden, die ein vierfaches Produkt liefert, womit man ein ausreichendes Minimum bereitstellen könnte. Andererseits, da die Mehrheit, versehen mit einem ausreichenden Minimum, nur wenig oder gar nicht arbeiten wollte, müsste man ein attraktives Wirtschaftssystem entdecken und organisieren, das den Arbeitswillen der Bevölkerung trotz ihres Wohlstands garantieren würde.” (Fourier 1836, 490 ff. [1]) Als Ersatz für das Naturrecht zu jagen, zu fischen, zu sammeln oder zu weiden usw. galt Fourier in einer bürgerlich-zivilisierten Welt sowohl das Recht der Armen auf eine attraktive Arbeit: “nämlich eine Arbeit, die ihnen gefällt und an die sie ihr Leben lang gewöhnt sind, eine Arbeit in Gesellschaft von Menschen, die ihnen angenehm sind. Gebt dem Zivilisierten eine Arbeit, die ihm unwiderruflich gehört und die er ausüben kann, wie und wann es ihm gefällt, ohne daß er von einem ungerechten Aufseher abhängig ist und sich mit Leuten einlassen muß, deren Sitten ihn abstoßen.” (Fourier 1836 in Fourier 1977, 169) Andererseits würde dieses Naturrecht auch das Recht der Armen auf ein “minimum social, un nécessaire en subsistance, vêtement et logement” (Fourier 1822 in Cunliffe/Erreygers) begründen, nämlich das Recht auf ein soziales Minimum, welches den notwendigen Lebensunterhalt (Nahrung, Kleidung und Unterkunft) absichern sollte (“minimum ou néccessaire”, ebd.). Da Fourier in einer bestimmten Phase der gesellschaftlichen Entwicklung zwar die Klassen nicht abschaffen aber die Armut bekämpfen wollte, plädierte er auch für ein “minimum proportionnel” (ebd.), welches den Armen der drei Klassen (höhere, mittlere, untere) das notwendige Minimum in Relation zu ihrer Klasse sichern sollte. Für die höhere Gesellschaft, in der die attraktive Arbeit für alle und die freie Assoziation durch eine Reihe von politischen und arbeitsorganisatorischen Maßnahmen durchgesetzt und die Produktivität daher enorm gestiegen sei, soll das Minimum ein höheres, reichliches Niveau erreichen (“minimum abondant”; Fourier 1836 in Cunliffe/Erreygers).
Fourier: Minimum zur Bekämpfung von Armut und Sicherung der Freiheit des Menschen
Das Recht auf ein Minimum, von Fourier mal in Naturalien, mal in Geldform gedacht, bestand für ihn ohne die Pflicht zur Arbeit. Es handelt sich also um eine Grund-/Mindestsicherung ohne einen Zwang zur Arbeit. Denn dieser Zwang würde die körperliche Freiheit einschränken: “Einfache oder körperliche Freiheit, ohne soziale Freiheit. Sie ist das Los des armen Mannes, der ein sehr geringes Einkommen hat, das gerade zum Leben reicht. Er genießt aktive körperliche Freiheit, weil er nicht zur Arbeit gezwungen ist wie der Arbeiter, der keinerlei Einkünfte hat. Im Übrigen kann er seine Leidenschaften nicht befriedigen. Phebon steht es wohl frei, in die Oper zu gehen; aber Phebon besitzt gerade genug, um sich dürftig zu nähren und zu kleiden. Es steht ihm frei, Volksvertreter zu werden; aber dazu gehört ein großes Vermögen. Der stolze Titel, ein freier Mensch zu sein, bringt ihm statt soziale Freiheiten nur Dunst. […] Er ist nur ein passives Mitglied der Gesellschaft; seine Leidenschaften können sich nicht aktiv entfalten; seine Meinung wird für nichts geachtet. Dennoch ist er sehr viel freier als der Arbeiter, der an die Arbeit gefesselt ist, um nicht Hungers zu sterben, und der nur einen freien Tag in der Woche hat, den Sonntag, an dem er aktive körperliche Freiheit genießt.” (Fourier 1836 in Fourier 1977, 176) Die soziale Freiheit erlangt der Mensch nur in einer freien Assoziation und mit attraktiven Arbeitsbedingungen. Fourier wollte nun eine neue Freiheit für alle begründen, welche die aktive körperliche Freiheit des Naturzustands mit der sozialen Freiheit verband und zugleich auf die Ebene der notwendigen produktiven Arbeit gehoben wird – auch werden musste, denn die natürliche Sorglosigkeit, vermittelt durch die allen zugänglichen Naturressourcen zur Sicherung des Lebensunterhalts, war unwiederbringlich verloren. Diese neue Freiheit, so Fourier in seinem 1822 erschienen “Traktat der häuslichen und landwirtschaftlichen Assoziation”, “umfasst die aktive körperliche und aktive soziale Arbeit, verbunden mit der anziehenden produktiven Arbeit. Sie unterstellt Einheitlichkeit der Verbindung, die persönliche Zustimmung jedes einzelnen, ob Mann, Frau oder Kind, ihren leidenschaftlichen Zusammenschluss für die Ausübung der Arbeit und die Aufrechterhaltung der begründeten Ordnung. Diese dritte Art der Freiheit ist die Bestimmung des Menschen.” (Fourier 1822 in Fourier 1977, 177)
Considerant: Garantiertes Minimum für jeden als Menschenrecht und zur Sicherung der politischen und sozialen Freiheit
Das Haupt der Schule von Charles Fourier, Victor Considerant, formulierte in seinem Vortrag über die Fundamentalprobleme der sozialen Zukunft von 1841, das Recht auf ein Existenzminimum deutlich als ein Recht auf ein Minimum für alle. Unklar ist, ob es ein Einkommen oder eine Grundversorgung in Güter- bzw. Naturalform sein soll. Dieses Minimum soll aber eine ausreichende Höhe haben, um die soziale sowie politische Freiheit abzusichern. Das heißt, es sichert mehr als nur das physische Überleben: “Ist es nicht zunächst in die Augen fallend, daß die Individuen oder die Klassen, die nichts besitzen, die weder Kapital, noch Arbeitswerkzeuge, noch Kredit haben, um zu existieren, unter jedem politischen System durch die bloße Tatsache ihrer Hülflosigkeit notwendigerweise auf einen Zustand der Abhängigkeit und des Helotentums herabgedrückt werden, der den Namen der Sklaverei oder Knechtschaft oder Proletariat führt? Das ist nicht zu bestreiten. Es gibt, unter welcher Verfassung es auch sei, keine soziale Freiheit, es wird niemals eine wirkliche und dauerhafte politische Freiheit für die Klassen geben, deren sämtliche Mitglieder, bei Strafe des Hungertodes, und zwar sie selbst und ihre Familie gezwungen sind, an jedem Tage sich unter einem Herrn aus einer andern Klasse zu fühlen. […] Die erste Bedingung für die Freiheit eines Wesens besteht darin, daß es die Bedingungen seiner Existenz selbst in der Gewalt hat! Die erste Bedingung für die Unabhängigkeit eines Wesens besteht darin, dass seine äußeren Lebensbedingungen nicht von dem Willen eines andern abhängen, und nicht der Gewalt jedes Beliebigen ausgeliefert sind! Macht Revolutionen, Dekrete, Verfassungen, proklamiert die Republik, in welcher Form es euch beliebt, ernennt zum Präsidenten oder Konsul, wen ihr wollt – für die ernstliche, wahre Freiheit der Massen werdet ihr damit nichts, absolut nichts getan haben, so lange die Gesellschaft nicht jedem Manne, jeder Frau, jedem Kinde ein angemessenes Existenzminimum garantiert, so lange nicht jedem Menschen sichergestellt, aber sichergestellt als erstes seiner Rechte als Glied der Menschheit, sind: Kleidung, Wohnung, Nahrung und alle für den Lebensunterhalt und die soziale Unabhängigkeit seiner Person notwendigen Dinge. Es wäre daher allzu töricht, zu verlangen, daß die Gesellschaft dem Individuum das Minimum gewähre und so jedem ihrer Mitglieder die soziale Freiheit gebe, so lange nicht das industrielle Regime so organisiert ist, daß es die Menschen begeistert und sie zur Arbeit antreibt durch die Macht der Anziehung an Stelle der Gewalt und der Not – die allein sie niemals zur Tätigkeit in der zerstückelten und ihnen widerwärtige Industrie zwingen werden. Es steht daher unwiderleglich fest: Keine politische und soziale Freiheit für die Massen ohne Minimum, und kein Minimum ohne industrielle Anziehung.” (Considerant 1841/1844 in Adler 1906b, 96 f.) Diese Passage lässt einen Schluss auf ein Grundeinkommen bzw. auf eine bedingungslose Grundversorgung für alle zur Absicherung der sozialen und politischen Freiheit zu. Diese Ansicht vertritt auch John Stuart Mill (1806 – 1873), der sich intensiv mit dem Fourierismus beschäftigte: “Die von allen Formen des Sozialismus geschickteste Komposition mit der vorausschauendsten Würdigung möglicher Einwände ist die gemeinhin als Fourierismus bekannte. […] Bei der Verteilung wird vorab ein gewisses Minimum zum Lebensunterhalt eines jeden Mitglieds der Gemeinschaft, ob arbeitsfähig oder nicht, reserviert. Der Rest des Ertrags wird nach einem bestimmten, vorab festzulegenden Verhältnis, zwischen den drei Elementen Arbeit, Kapital und Talent aufgeteilt.” (Mill 1849) [2] [3]
Die Interpretation als Grundeinkommen oder bedingungslose Grundversorgung für alle kann durch eine andere Passage in Considerants Darstellung des Systems der sozialen Reform von Charles Fourier in Frage gestellt werden: “Da die Verteilung der Arbeiten auf die Serien und Gruppen [eine bestimmte Form der phalansterischen Arbeitsorganisation und -teilung, R. B.] die Eigenheit hat, sie anziehend zu machen, so werden alle Gesellschaftsklassen sich mit Eifer um Stellungen innerhalb all der unendlich verschiedenen Zweige der sozialen Berufe bewerben. Daher wird es überhaupt keine Faulen mehr geben: man wird den armen Genossen den Vorschuss eines Minimums gewähren können zugleich mit der Gewißheit, daß sie am Ende des Jahres mehr, als ihr Verbrauch beträgt, gewonnen haben werden. So wird die Einführung des sozietären Regimes das Elend und die Bettelei aus der Welt schaffen, jene Geißeln, die untrennbar sind von der Gesellschaft, die auf der Konkurrenz und dem Kleinbetrieb fußt. Heute wäre es unmöglich, dem Volke den Vorschuss des Minimums zu gewähren, es würde sofort, da die Arbeit ihm widerwärtig ist, in Nichtstun versinken. Am Schlusse sprach Considerant von der Unermesslichkeit des Glückes, das die Menschheit nach einigen Generationen durch die phalansterische Organisation erreichen wird.” (Considerant 1841/1844 in Adler 1906a, S. 72) Diese Passage lässt das Minimum als Vorschuss nur für Arme, also als eine bedürftigkeitsgeprüfte (aber ohne Arbeitszwang gewährte) Vorausleistung erscheinen. Denn Considerant hat – wie auch Fourier – insbesondere die reale Lage der besitzlosen und armen Proletarier im Blick, die durch die pure Existenznot zu Zeiten der kapitalistischen Industrialisierung zur “widerwärtigen” Arbeit gezwungen werden, dieser ohne Existenznot aber fliehen würden. [4] Considerant begreift aber für die freie Assoziation sowohl das Minimum als auch die attraktive Arbeit als grundsätzlichen Schlüssel zur Emanzipation der Massen: “Der Vorschuß des Minimums, das ist die Grundlage der Freiheit und die Garantie für die Emanzipation des Proletariats. Keine Freiheit ohne Minimum; kein Minimum ohne Arbeitsfreude. Nur von hier aus geht der Weg zur Emanzipation der Massen.” (Considerant 1841/1844 in Adler 1906a, S. 72 f.) “Die Organisation der anziehenden Arbeit ist die conditio sine qua non der Freiheit.” (Considerant 1841/1844 in Adler 1906b, 96) Er verweist also mit geschichtlichem Blick darauf, dass die Emanzipation aller Menschen über den Weg der Emanzipation des Proletariats, also der Besitzlosen und bislang Armen, führt. Auch von dieser geschichtlichen Perspektive her gedacht, wäre eine Interpretation des Minimums als Grundeinkommen bzw. bedingungslose Grundversorgung für alle möglich.
[1] “Le premier droit, celui de récolte naturelle, usage des dons de la nature, liberté de chasse, cueillette, pâture, constitue le droit de se nourrir, de manger quand an a faim. […] Si l’ordre civilisé enlève à l’homme les quatre branches de subsistance naturelle, chasse, pêche, cueillette, pâture, composant le premier droit, la classe qui a enlevé les terres doit à la classe frustrée un minimum de subsistance abondante, en vertu du neuviéme droit. Mais voici de nombreux obstacles à la concession de ce droit: D’abord, il faudrait chercher et découvrir le mécanisme sociétaire d’industrie combinée qui, donnant quadruple produit, fournirait de quoi satisfaire en minimum. D’autre part, comme la multitude assurée d’un minimum abondant ne voudrait que peu ou point travailler, il faudrait decouvrir et organiser un régime d’industrie attrayante qui garantirait la persistance du peuple au travail, malgré son bien-être.”
[2] “The most skillfully combined, and with the greatest foresight of objections, of all the forms of Socialism, is that commonly known as Fourierism. […] In the distribution, a certain minimum is first assigned for the subsistence of every member of the community, whether capable or not of labour. The remainder of the produce is shared in certain proportions, to be determined beforehand, among the three elements, Labour, Capital, and Talent.”
[3] Karl Marx, ein Zeitgenosse von Considerant, übernahm vom Fourierismus die Idee der Verteilung gemäß der grundlegenden Bedürfnisse und gemäß der Fähigkeiten der Menschen in einer genossenschaftlich organisierten Gesellschaft freier Individuen: In der zweiten, höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, “nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen [sind] und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen”, “kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahnen schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!” (Marx 1982, 21) Friedrich Engels bemerkt zu Fouriers Vision einer Gesellschaft mit attraktiver Arbeit: “wenn jeder einzelne seiner persönlichen Neigung entsprechend tun und lassen darf, was er möchte, werden doch die Bedürfnisse aller befriedigt werden, und zwar ohne die gewaltsamen Mittel, die das gegenwärtige Gesellschaftssystem anwendet. […] Fourier weist nach, daß jeder mit der Neigung für irgendeine Art von Arbeit geboren wird, daß absolute Untätigkeit Unsinn ist, etwas, was es nie gegeben hat und nicht geben kann, daß das Wesen des menschlichen Geistes darin besteht, selber tätig zu sein und den Körper in Tätigkeit zu bringen, und daß daher keine Notwendigkeit besteht, Menschen zur Tätigkeit zu zwingen, wie im gegenwärtig bestehenden Gesellschaftszustand, sondern nur die, ihren natürlichen Tätigkeitsdrang in die richtige Bahn zu lenken.” (Engels 1981, 483)
[4] Auch hier stimmt Karl Marx mit dem Fourierismus überein: Die entfremdete Arbeit “ist nur Mittel um Bedürfnisse außer ihr zu befriedigen. Ihre Fremdheit tritt darin rein zuvor, daß, sobald kein physischer oder sonstiger Zwang existiert, die Arbeit als eine Pest geflohen wird.” (Marx 1981, 541)
Literatur:
Georg Adler, Einleitung: Fourier und der Fourierismus, in: Georg Adler, (Hrsg.), Hauptwerke des Sozialismus und der Sozialpolitik, 6. Heft, Leipzig 1906, S. 7-42
Victor Considerant, Fouriers System der sozialen Reform, (deutsche Übersetzung Victor Considerants “Exposition abrégée du système phalanstérien de Fourier”, erschienen in 3. Auflage in Paris 1844), in: Georg Adler (Hrsg.), Hauptwerke des Sozialismus und der Sozialpolitik, 6. Heft, Leipzig 1906a, S. 43-74
Victor Considerant, Studien über einige Fundamentalprobleme der sozialen Zukunft, (deutsche Übersetzung Victor Considerants “Études sur quelques problèmes fondamentaux de la destinée sociale”, erschienen in 3. Auflage in Paris 1844), in: Georg Adler (Hrsg.), Hauptwerke des Sozialismus und der Sozialpolitik, 6. Heft, Leipzig 1906b, S. 75-108
(alle drei Quellen unter https://archive.org/stream/fourierssystemd00adlegoog#page/n47/mode/1up; die 1844 in Paris erschiene Buchausgabe der Texte von Considerant, auf die sich die deutsche Übersetzung bezieht, ist bereits die 3. Auflage dieses Buches. Die Texte enthalten eine Zusammenfassung eines Vortrags von Victor Considerant in Dijon im Februar 1841 über die Theorie der Assoziation, http://premierssocialismes.edel.univ-poitiers.fr/index.php?id=469)
John Cunliffe/Guido Erreygers, The Enigmatic Legacy of Charles Fourier: Joseph Charlier and Basic Income, History of Political Economy, Volume 33, Number 3, Durham 2001, S. 462 f. (Übersetzung von Ronald Blaschke), http://wrap.warwick.ac.uk/1003/1/WRAP_Cunliffe_Enigmatic.pdf
Friedrich Engels, Fortschritte der Sozialreform auf dem Kontinent (1843), in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Band 1, Berlin 1981, S. 480-496
Charles Fourier, Trait de l’association domestique-agricole, (“Traktat der häuslichen und landwirtschaftlichen Assoziation”) Paris 1822
Charles Fourier, La fausse industrie, morcellée, répugnante, mensongére, et l’antidote, l’industrie naturelle, combinée, attrayante, véridique, donnant quadruple produit et perfection êxtreme en toute qualiteé, (“Die falsche, zerstückelte, abstoßende, lügnerische Industrie und das Gegenmittel: die natürliche, wahrhafte und anziehende Industrie, ein vervierfachtes Produkt und äußerste Vollendung der ganzen Qualität ergebend”) Paris 1836 (tlw. Übersetzung von Philippe Van Parijs in “Drei Ursprünge“)
Charles Fourier, Aus der neuen Liebeswelt. Über die Freiheit in der Liebe, Berlin 1977
Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844), in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke. Ergänzungsband. Erster Teil, Berlin 1981, S. 467-588
Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms (1857), in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke. Band 19, Berlin 1982, S. 13-32
John Stuart Mill, Principles of political economy with some of their applications to social philosophy, London 1848: Book II, chapter I, II.1.22, http://www.econlib.org/library/Mill/mlP14.html#Bk.II,Ch.I
Mehr zu Charles Fourier und Victor Considerant siehe Ronald Blaschke, Denk’ mal Grundeinkommen! Geschichte, Fragen und Antworten einer Idee, in: Ronald Blaschke/Adeline Otto/Norbert Schepers (Hrsg.), Grundeinkommen. Geschichte – Modelle – Debatten. Berlin 2010, S. 9-292, dort Kapitel 5