Armut in Deutschland – eine neue amtliche Statistik

Herbert Wilkens 29.08.2010 Druckversion

Die statistischen Begriffe verschleiern das Problem: In den Statistiken wird immer nur von „Armutsgefährdung“ oder „Armutsrisiko“ gesprochen, wenn es sich doch um tatsächliche Armut handelt. Sie mag nicht immer unmittelbar existenzbedrohend sein wie in manchen Ländern der Dritten Welt, aber auch in unserem reichen Land sind Menschen, die mit sehr wenig Geld auskommen müssen, wirklich arm. Sie haben eine deutlich kürzere Lebenserwartung als der Durchschnitt, und sie sind zudem von der gesellschaftlichen Teilhabe weitestgehend ausgeschlossen.

Hat man diese eigentlich selbstverständliche Tatsache im Sinn, so sind die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes umso erschütternder: Beispielsweise muss in Mecklenburg-Vorpommern mehr als jede/r fünfte Einwohner/-in (23%) von weniger als 60% des mittleren Einkommens leben. In diesem Bundesland haben 2 von 3 Erwerbslosen (65%) und mehr als die Hälfte der Alleinerziehenden (mit ihren Kindern) ein derart geringes Einkommen

In den Einzelheiten werden diese Verhältnisse noch tiefer aufgeschlüsselt; es gibt zu allem genaue Zahlen, Armut nach Alter, Geschlecht, Haushaltstyp, Erwerbsstatus, Migrationshintergrund usw. Jeder, der es genauer wissen will, findet Zahlen, niemand kann behaupten, man wisse das alles nicht so genau. Die Daten ergänzen Untersuchungen des DIW, die mit anderer Methode zu ähnlichen Ergebnissen gelangen und über die wir berichteten.

Was sind die Konsequenzen? Der Streit um die angemessene Höhe und Ausgestaltung der Unterstützung nach Sozialgesetzbuch (Hartz-IV-Regelsatz) tobt in unverminderter Schärfe. Armen Menschen ist damit nicht geholfen. Dass ein bedingungsloses Grundeinkommen radikal Abhilfe schaffen würde, erkennt sogar der marktliberal geprägte Sachverständigenrat an.

Ein Kommentar

Hermann schrieb am 07.09.2010, 01:53 Uhr

Es gibt die Düsseldorfer Tabelle, keine neue Erfindung, Gerichte erkennen sie an. Gesetze werden anscheinend sehr seltsam gemacht. Für manche Menschen gelten bestimmte Gesetze und Rechtsprechung nicht?

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