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Interviews zum Grünen Parteitag – Part 3: Antworten von Katja Kipping (DIE LINKE)

Katja Kipping ist stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei DIE LINKE und Sprecherin des Netzwerks Grundeinkommen. -more->

Ist das Ergebnis eine Enttäuschung oder war es zu erwarten? Glauben Sie, dass die Grundeinkommens-Idee immer noch eine realistische Chance hat, im nächsten Bundestagswahlkampf eine Rolle zu spielen? Wenn ja, in welchem Zusammenhang?

Katja Kipping: Ich finde, 40 Prozent dafür sind ein Achtungserfolg angesichts der Tatsache, dass die komplette Grünenführung geschlossen gegen das BGE aufgetreten ist.

Welche Bedeutung hat das Abstimmungsergebnis für den sozialpolitischen Kurs der Grünen Partei? Gehört die Kontroverse zwischen Grundeinkommens- und Grundsicherungsbefürwortern jetzt der Vergangenheit an oder geht sie weiter?

Katja Kipping: Diese Antwort werden die Mitglieder der Grünen geben. Die Hoffnung liegt hier – wie bei der LINKEN – auf der Basis.

Stecken die BGE-Befürworter in der Grünen Partei jetzt auf oder formieren sie sich neu?

Katja Kipping: Aus Erfahrung in der LINKEN kann ich nur empfehlen, nicht aufzugeben. Die Zustimmung zum Grundeinkommen nimmt zu. Linke Kräfte sollten da unbedingt am Ball bleiben. Aber ich bin mir sicher, dass wissen die Grünen BGE-Fans auch so.

Welche Bedeutung hat das Ergebnis für die Fortführung der Diskussion zum BGE in anderen Parteien, den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden?

Katja Kipping: Na, ich hoffe doch, dass die Konkurrenz das Geschäft im Sinne des Grundeinkommens belebt. ? Es ist kein Wunder, dass ausgerechnet die Führungsspitze, die auch die Grünen auf dem Weg von Hartz IV gebracht hat, sich geschlossen gegen das BGE gestellt hat. Schließlich bricht das BGE konsequent mit der Repressionslogik von Hartz IV. Schade, dass die Grünen noch nicht zu dieser Kurkorrektur bereit sind und die Führung offensichtlich noch zu sehr dem neoliberalen Pfaden verhaftet ist. Wenn DIE LINKE ihre konsequente Ablehnung von Hartz IV konsequent zu Ende denken würde, müsste sie zu einer Befürwortung des Grundeinkommens kommen. Aber da ist leider auch noch Überzeugungsarbeit zu leisten.

Welche Auswirkungen hat das Ergebnis auf die außerparlamentarische Diskussion in der GE-Bewegung?

Katja Kipping: Die wird weiter gedeihen und sich entwickeln. Und wenn das Thema die Mehrheit begeistert, dann wird auch auf den Opportunismus der Parteien Verlass sein. Aber Vorsicht, nicht überall, wo heute Grundeinkommen in den Mund genommen wird ist eins drin. Entscheidend sind die vier Kriterien des parteienunabhängigen Netzwerkes Grundeinkommen: 1. Teilhabe gewährleistend, 2. individueller Rechtsanspruch, 3. ohne Bedürftigkeitsprüfung und 4. ohne Arbeitszwang.

Wie stehen Sie zur Aussage von Michael Opielka, dass es sich die BGE-Befürworter nicht leisten können, ein Konzept wie das von Dieter Althaus als „neoliberal“ aus der Diskussion auszugrenzen? Bitte beachten Sie dabei Opielkas Argument, dass auch das heutige Sozialversicherungsmodell konservativer Provenienz ist und schließlich auf den „Vater der Sozialistengesetze“ zurückgeht.

Katjka Kipping: Michael Opielka hat viel für die Idee des Grundeinkommens geleistet. Insofern fühle ich mich ihm sehr verbunden. Aber in diesem Punkt muss ich ihm heftigst widersprechen. Alle Ansätze, das BGE zu missbrauchen, um die bestehenden Sozialversicherungen abzuschaffen, schaden der Grundeinkommensidee.
Denn wenn sich die neoliberalen Kräfte durchsetzen, wird sich am Ende womöglich die Abschaffung der Sozialversicherungen durchsetzen, aber das Grundeinkommen wird auf der Strecke bleiben. So fällt schon heute bei Diskussionen mit Althaus oder seinem Staatssekretär folgendes auf: Letztlich betont Dieter Althaus vor allem eins, dass Arbeit billiger werden soll. Die Werbung für die Abschaffung jeglichen Arbeitszwanges fällt hingegen sehr kurz aus oder fällt ganz unter den Tisch. Und sein Staatssekretär hat erst neulich den argumentativen Salto geschafft, sowohl fürs Bürgergeld zu sprechen als auch das Fordern und Fördern (also den praktizierten Arbeitszwang) bei Hartz IV gutzuheißen. Hier wird deutlich, verinnerlicht haben die zentralen Akteure des solidarischen Bürgergeldes nur die neoliberale Seite, die Abschaffung der Sozialsysteme. Während die emanzipative Seite, die Ablehnung des Arbeitszwanges, nur zu schnell aufgegeben wird.
Das Netzwerk Grundeinkommen hat sich insofern aus gutem Grund darauf verständigt, dass mit dem BGE soziale Sicherheit nicht geschwächt sondern gestärkt werden soll.

Nächster Teil: Antworten von Dieter Althaus