Thomas Paine setzte das Mindestalter auf 21 Jahre fest, weil er zynischerweise davon ausgeht, dass ein Großteil der geborenen Menschen dieses Alter gar nicht erreicht. Er schwadroniert zwar von Armut und Elend, die durch die Zivilisation und ihre Eigentumsordnung in die Welt gekommen sind, möchte aber quasi nur, dass die Tüchtigsten unter den Armen, die das 21. Lebensjahr vollenden, auch in den Genuss dieses Grunderbes kommen, damit diese sich nützlich für die Gesellschaft machen und niemandem zur Last fallen. Dass ein fehlendes Grunderbe gerade nicht unwesentlich daran ursächlich sein könnte, dass ein Großteil das 21. Lebensjahr nicht erreicht, kann ihm gar nicht entgangen sein bei seiner kritischen Analyse seiner Gegenwart. Ich meine also nicht, dass das hier lediglich ein blinder Fleck bei ihm war. Er kann das nur vorsätzlich unterschlagen haben und es entspräche ganz dem Zynismus der damaligen Zeit, solcher Art auf Benachteiligte zu blicken.
Beim Durchlesen des Buches von Martyna Linartas, das mich dazu inspirierte, mir mal Thomas Paines - Agrarian Justice vorzuknöpfen, ist mir auch aufgefallen, dass die Autoren zu ihrer Idee des Grunderbes ab dem 18. Lebensjahr scheinbar nur die Leute miteinbezieht, die künftig (nach Einführung des Grunderbes ?) 18 Jahre alt werden. Mir als alter Sack, der als Frührentner in der Sozialilfe prekär lebend zur Unterschicht gehört, fällt sowas vielleicht schneller auf, als einer Autorin, die selber ihre Schäfchen im Trockenen hat und auf solch ein Grunderbe verzichten kann. Was ist denn nun mit all denen im Alter schon Fortgeschrittenen, die schon längst über 18 Jahre alt sind ? Wird das denen das Grunderbe rückwirkend ausgezahlt, oder haben die einfach Pech gehabt ?
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem konkreten Fall eine weitergehende Sanktionierung offen gelassen, dass allerdings nur wenn, der potentielle Arbeitgeber dem Leistungsberechtigten unter den genannten Kriterien, dass die Beschäftigung dieser Person eine vollständige \"Befreiung\" von SGB II Leistungen ermöglicht, - und das wird in dem Beitrag nicht deutlich - auch eine Einstellungszusage gibt. Der Verweis auf Äußerungen von Ex-Präsident des BSG Schlegel ist deswegen auch problematisch, da sich dieser als Scharfmacher generiert hat, der offenkundig gerne über die Grenzen des Urteils des Bundesverfassungsgericht gehen will.
Das ist Unsinn, wer etwas für die Allgemeinheit leisten kann- Sprich Arbeiten- und es nicht möchte aus Bequemlichkeit oder Schmarotzertum sollte auch keinen Euro bekommen, es gibt ein altes deutsches Sprichwort: \" Für nichts gibt es nichts\"!!!
Der Begriff \"arbeitgebernah\" bei der INSM verschleiert, dass es sich um die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie handelt. Also eine Arbeitgeber-Einrichtung handelt. \"Ehre, wem Ehre gebührt\", um es ironisch zu formulieren.
Sepp Kusstatscher schrieb am 18.10.2025, 08:02 Uhr zu
Sehr gut, wenn Studierende der Wirtschaftswissenschaften sich kritisch mit der Wirtschaftsentwicklung auseinandersetzen und sich Gedanken machen, wie eine gerechtere Welt ausschauen könnte!
Ich bin der Überzeugung, dass das BGE ein sehr wichtiges und nützliches Instrument wäre, auch den Ärmsten unter uns ein bisschen Menschenwürde zu geben.
Ich hatte gerade Gelegenheit zu erfahren, dass auch in feministischen Kreisen in Spanien das BGE als wichtige Massnahme gesehen wird, um besonders ausbeuterische Arbeitsverhältnisse für Frauen ablehnen zu können. Besonders Mütter und Careverantwortliche sehen sich gezwungen, entwürdigende und sehr belastenden Arbeitsbedingungen anzunehmen, um die Menschen, die von ihrer Sorgetätigkeit abhängig sind, vor (noch schlimmerer) Prekarität zu schützen.
Karsten Schade schrieb am 04.09.2025, 11:36 Uhr zu
Das Lesen des Artikels ging runter wie Öl! - Also kein fossiles, sondern biologisch abbaubares, leicht verdaulich und in eine positive Zukunft mit Perspektiven blicken lassend.
Wunderbar. Endlich kann ich euch darüber erreichen. Denn bei X ist es nicht möglich sich einen datenschutzfreundlichen Account an zu legen. Dieser wird dann gelöscht. Bei Mastodon hingegen haben die Menschen die Wahl was und wie viel sie von sich preis geben und das wird einfach akzeptiert statt blockiert.
Wenn man sanktionieren will bis zum kompletten Leistungsentzug (Gegenteil vom \"bedingungslosen\" Grundeinkommen), dann wird es mehr Obdachlose geben. Interessant, dass das Sanktionieren und Erzeugen von Obdachlosen von der Partei kommt, die sich christlich nennt. Hätte Jesus so gehandelt?
Von Klaus Schwab / WEF stammt die Vision \"Sie werden nichts mehr besitzen und trotzdem glücklich sein\" ( - denn wir, die Mitglieder des WEF werden alles besitzen). In diesem Sinne leistet das bedingungslose Grundeinkommen Hilfestellung für die Erfüllung dieser Forderung.
Ralf Wachinger schrieb am 07.04.2025, 19:26 Uhr zu
Zum Kommentar von Anja H. vom 04.04.2025: Richtig.
Ich persönlich plädiere für das umfassende emanzipatorische BGE-Modell der BAG Grundeinkommen der Partei Die Linke. Darin sind die zutreffenden Einwände sowohl aus dem gewerkschaftlichen, sozialdemokratischen und sozialistischen Spektrum als auch aus der Bevölkerung berücksichtigt. Die Einnahmenseite ist in diesem Modell deutlich erhöht, was übrigens auch unabhängig von einem BGE notwendig ist. Die große Mehrheit der Bevölkerung steht damit besser da als jetzt. Ich fasse diese Einnahmenerhöhung unter dem Begriff Rückverteilung zusammen. Das heißt im Grunde einfach, dass die Reichen, die Banken und die Konzerne ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen entsprechend nachkommen wie die anderen Menschen und kleinen Betriebe im Lande. Mir fehlt dieses fünfte Kriterium in der Definition des BGE. Siehe auch, was ich anderweitig geschrieben habe: https://www.grundeinkommen.de/25/10/2024/parteitag-die-linke-delegierte-stellen-sich-gegen-mitgliederentscheid-pro-grundeinkommen.html
Ich beschäftige mich seit rund 16 Jahren mit dem BGE. Von 2010 bis 2012 war ich politisch sehr aktiv. Das war ja auch die Zeit nach der Banken- und Finanzkrise, wo die Chancen für einen Politikwechsel zugunsten der Bevölkerung bestanden. Leider hat sich die Politik weltweit dafür entschieden, das kaputte Finanzsystem mit den Steuergeldern der Bevölkerungen zu sanieren und es dann so weiterlaufen zu lassen. Schlimmer noch, europäischen Staaten wurde eine Austeritätspolitik verordnet. Das war einer der Schlüsselmomente für den Triumph des Kapitalismus neben der Agenda-2010-Politik und des Über-den-Tisch-Ziehens der Ostdeutschen in der Nachwendezeit.
Da könnte ich jetzt viel über die Großkopferten schimpfen. Aber wenn ich mir die Entwicklungen seit der Wendezeit anschaue, sehe ich wiederholt eine mangelnde Solidarität in der deutschen Bevölkerung. Also der Westdeutschen gegenüber den Ostdeutschen. Der Erwerbstätigen gegenüber den Erwerbslosen. Der deutschen Bevölkerung gegenüber den Bevölkerungen insbesondere den südeuropäischen Staaten. Und die immer weiter zunehmende Migrationsfeindlichkeit. Vor 10 Jahren wurde noch von einer Willkommenskultur gesprochen, nun herrscht eine Abschottungskultur. Hier empfehle ich die Doku mit dem Titel Masterplan, die Ende März im Ersten gesendet wurde. Zu finden unter https://www.ardmediathek.de/dokus-investigativ
Diese mehrfache Entsolidarisierung, die immer weitere Kreise zieht, ist meiner Ansicht nach auch der entscheidende Grund, warum auch wir BGE-Befürwortende es so schwer haben mit unserer Idee. Gleichartiges gilt für andere emanzipatorische Themen. Es gibt viele engagierte Menschen quer durch die Generationen bei vielen Themen. Aber dieses Engagement geht immer wieder unter.
Eric Manneschmidt schrieb am 05.04.2025, 23:59 Uhr zu
\"Torry: The virtue of basic income is that it provides a secure financial foundation. It will never be enough for people to live on entirely—that is a utopian idea, and it will not happen. My research has shown that. However, what we can establish is a significant, stable layer of income that helps people navigate economic turbulence.
Jacobsen: So, when the market experiences volatility—whether due to geopolitics, international economic fluctuations, or personal crises like an injury or a death in the family—basic income would serve as a stabilizing force at multiple levels?
Torry: Exactly. It would act as a stabilizing mechanism, providing financial security when people experience unexpected challenges. However, it will never be enough for someone to live on entirely unless they have exceptionally low expenses.\"
auf Deutsch:
\"Torry: Der Vorteil eines Grundeinkommens ist, dass es eine sichere finanzielle Basis verschafft. Es wird niemals hoch genug, dass Menschen vollständig davon leben können — das ist eine utopische Idee und es wird niemals passieren. Meine Forschung hat das gezeigt. Was wir jedoch herstellen können, ist ein signifikanter Einkommenssockel, der Menschen hilft ökonomische Turbulenzen durchzustehen.
Jacobsen: Also, wenn der Markt unbeständig ist — seit es aufgrund von Geopolitik, internationalen ökonomischen Schwankungen oder persönlichen Krisen wie einer Verletzung oder einem Todesfall in der Familie — würde das Grundeinkommen als stabilisierende Kraft auf verschiedenen Ebenen dienen?
Torry: Genau. Es würde als stabilisierender Mechanismus dienen, der finanzielle Sicherheit gibt, wenn Menschen unerwarteten Herausforderungen gegenüberstehen. Es wird jedoch nie genug sein, um davon alleine leben zu können, außer sie haben außerordentlich geringe Ausgaben.\"
Ich fürchte, dass es schwierig wird, Zustimmung für ein BGE zu gewinnen, solange die Leute Angst haben, dass Ihnen etwas weggenommen wird. Denn ausgerechnet diejenigen, die selbst gerade so über die Runden kommen, sprechen sich oft dagegen aus. Ein BGE müsste daher mit finanzieller Besserstellung auch dieser Gruppe quasi \"erkauft\" werden, so dass wiederum die Frage aufkommt, wer das in dieser Kombination finanzieren soll. Und hier denke ich fehlt es daran, noch viel viel deutlicher darauf hinzuweisen und zu betonen, dass Super- u. Überreiche unserer Gesellschaft und auch der Wirtschaft schaden, weil sie Kaufkraft von den \"unteren\" Schichten abziehen und damit das Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand verhindern, von entgangenen Steuereinnahmen infolge illegaler und legaler (!) Steuervermeidung ganz zu schweigen, die letztendlich staatliche Investitionen in Bildung und Infrastruktur verhindert, weil dem Staat ebendiese Steuereinnahmen fehlen. Zunehmende Ungleichheit schadet uns allen und daran sind weder die Bezieher von Grundsicherung schuld noch die Migranten oder andere ohnehin schon benachteiligte Gruppen. Wir müssen dringend weg von dem Narrativ, dass die Armen uns belasten. Was uns als Gesellschaft belastet, sind fehlende Steuereinnahmen nicht nur wegen Steuerbetrug, sondern auch wegen Steuergeschenken an Reiche. Auch dem Narrativ, der Staat habe kein Einnahmeproblem, dürfen wir nicht weiter folgen. Leider verbreiten nicht nur rechte Parteien, sondern zunehmend auch die SPD die Meinung, dass Sanktionen gegen Arme \"sozial gerecht\" seien. Unsäglicher Weise wird ebendieser Meinung in Talkshows etwa von Lanz und Illner häufig noch eine Bühne geboten. Dass auch Journalisten und Politiker wie etwa Markus Söder ihre persönliche finanzielle Einkommens- und Erbschaftssituation und auch die ihrer Klientel schützen wollen, mag in gewissem Sinne \"menschlich\" sein, hilfreich in gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Sinne ist es hingegen nicht. Allen diesen falschen Narrativen zum angeblich fehlenden Einnahmeproblem des Staates, der angeblichen Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch Bestrafung armer Menschen und zum Vorwurf einer Neiddebatte statt der Lösung des Ungleichheits- und Gerechtigkeitsproblems müssen wir bei jeder erdenklichen Gelegenheit noch viel schärfer entgegentreten und nicht nur Söder, sondern auch Lanz und Illner entschieden korrigieren. Wir dürfen nicht weiter zulassen, dass Arme gegen noch Ärmere aufgehetzt werden.
Ich denke, dass es schwierig ist, Zustimmung für ein BGE zu gewinnen, solange die Leute Angst haben, dass Ihnen etwas weggenommen wird. Denn ausgerechnet diejenigen, die selbst gerade so über die Runden kommen, sprechen sich oft dagegen aus. Ein BGE müsste daher mit finanzieller Besserstellung auch dieser Gruppe quasi \"erkauft\" werden, so dass wiederum die Frage aufkommt, wer das in dieser Kombination finanzieren soll. Und hier denke ich fehlt es daran, noch viel viel deutlicher darauf hinzuweisen und zu betonen, dass Super- u. Überreiche unserer Gesellschaft und auch der Wirtschaft schaden, weil sie Kaufkraft von den \"unteren\" Schichten abziehen und damit das Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand verhindern, von entgangenen Steuereinnahmen infolge illegaler und legaler (!) Steuervermeidung ganz zu schweigen, die letztendlich staatliche Investitionen in Bildung und Infrastruktur verhindert, weil dem Staat ebendiese Steuereinnahmen fehlen. Zunehmende Ungleichheit schadet uns allen und daran sind weder die Bezieher von Grundsicherung schuld noch die Migranten oder andere ohnehin schon benachteiligte Gruppen. Wir müssen dringend weg von dem Narrativ, dass die Armen uns belasten. Was uns als Gesellschaft belastet, sind fehlende Steuereinnahmen nicht nur wegen Steuerbetrug, sondern auch wegen Steuergeschenken an Reiche. Auch dem Narrativ, der Staat habe kein Einnahmeproblem, dürfen wir nicht weiter folgen. Leider verbreiten nicht nur rechte Parteien, sondern zunehmend auch die SPD die Meinung, dass Sanktionen gegen Arme \"sozial gerecht\" seien. Unsäglicher Weise wird ebendieser Meinung in Talkshows etwa von Lanz und Illner häufig noch eine Bühne geboten. Dass auch Journalisten und Politiker wie etwa Markus Söder ihre persönliche finanzielle Einkommens- und Erbschaftssituation und auch die ihrer Klientel schützen wollen, mag in gewissem Sinne \"menschlich\" sein, hilfreich in gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Sinne ist es hingegen nicht. Allen diesen falschen Narrativen zum angeblich fehlenden Einnahmeproblem des Staates, der angeblichen Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch Bestrafung armer Menschen und zum Vorwurf einer Neiddebatte statt der Lösung des Ungleichheits- und Gerechtigkeitsproblems müssen wir bei jeder erdenklichen Gelegenheit noch viel schärfer entgegentreten und nicht nur Söder, sondern auch Lanz und Illner entschieden korrigieren. Wir dürfen nicht weiter zulassen, dass Arme gegen noch Ärmere aufgehetzt werden.
Ralf Wachinger schrieb am 01.04.2025, 15:34 Uhr zu
Die Bibelstelle (2. Thessalonicher 3,10) lautet in der Luther-Bibel 2017 korrekt: \"Denn schon als wir bei euch waren, geboten wir euch: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen.\" Wobei es die Variation tatsächlich gibt, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_gefl%C3%BCgelter_Worte/
W#Wer_nicht_arbeitet,_soll_auch_nicht_essen.
Aus eigener Lebenserfahrung als Mensch im Autismus-Spektrum kann ich sagen, dass mein Nicht-Arbeiten-Können immer wieder mal als Nicht-Arbeiten-Wollen interpretiert wurde. Und zwar nicht nur fälschlicherweise beim Jobcenter, sondern auch von manchen Menschen in meinem jeweiligen Umfeld.
Das macht Menschen mit Einschränkungen das Leben noch schwerer als es eh schon aufgrund der Einschränkungen ist. Das ist auch einer der entscheidenden Punkte, warum ich ein emanzipatorisches BGE begrüße. Es trennt nämlich die Sachfragen der grundlegenden Absicherung, der Arbeitsleistung und der Bedürftigkeit in einer menschenfreundlichen Art und Weise voneinander.
Ralf Wachinger schrieb am 31.03.2025, 15:17 Uhr zu
Der Begriff soziale Gerechtigkeit ist nicht ganz so klar, wie er auf den ersten Blick erscheint. Die obige Losung des Kirchentags (1. Korinther 16, 13-14) lautet in der Luther-Bibel 2017: \"Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark. Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!\"
Diese Liebe, die Agape, hat mit den BGE gemeinsam, dass sie bedingungslos ist. Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass in der Bibel auch steht (2. Thessalonicher 3,10): \"Denn schon als wir bei euch waren, geboten wir euch: Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen.\"
Hier eröffnet sich ein Zwiespalt für christlich und/oder sozialistisch eingestellte Menschen. Als Mitglied in der Partei Die Linke und auch als Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche erinnere mich noch an ein Gespräch vor mehr als 10 Jahren mit einer gewerkschaftlich und christlich orientierten Genossin über die zweite oben zitierte Passage. Ihre Position war ein sozusagen \"Nicht so, aber ...\"
Meine Position ist ein Bekenntnis zur Bedingungslosigkeit beim BGE und im urchristlichen und ursozialistischen Sinne. Jeder Mensch soll essen, ob er oder sie arbeitet oder nicht. Denn Menschenrechte gelten für alle Menschen ungeachtet der Person.
Die Partei Die Linke hat das Motto Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Und auch die Partei WASG, die in Der Linken aufgegangen ist, heißt Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Konkret aber sind meine Definition dieser Begriffe und die Definition etlicher Genossinnen nicht identisch. Da liegt tatsächlich ein Kern der Auseinandersetzungen ums BGE in der Partei Die Linke.
Inbesondere im christlichen Kontext sollten die Begriffe Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Bedingungslosigkeit unterschieden werden. Ich kann mich an ein schon länger zurückliegendes Gespräch bei einem Diskussionsabend in der Kirchengemeinde erinnern. Der Pfarrer hat konkret die Frage in die Diskussionsrunde gestellt, ob die Schulspeisung, für die eigentlich die Stadt Nürnberg zuständig ist, jedoch von der Kirche durchgeführt wird, weiter so gehandhabt wird, oder ob sich an die Stadt zur Weiterführung zu wenden sei. Meine Antwort war: beides. Denn so lobenswert Agape ist, werden dadurch nicht die Probleme des politischen Sozialkahlschlag gelöst. Leider wird durch das karitative Engagement der Kirchen und anderer Organisationen die wachsende Armut und Not verschleiert. Dabei betone ich, dass ich großen Respekt gegenüber allen Helfenden habe. Aber als Linker betrachte ich den größeren Rahmen.
Ralf Wachinger schrieb am 29.03.2025, 14:18 Uhr zu
Der Arbeitszwang spielt sich in einem größeren Rahmen ab, nämlich im wettbewerbsorientierten Arbeitsmarkt. Dieser erzeugt sowohl bei den Erwerbsarbeitssuchenden als auch den Erwerbstätigen einen Druck. Die noch fest Beschäftigten haben Angst, in prekäre Arbeitsverhältnisse abzurutschen. Die prekär Beschäftigten haben Angst, nicht mehr von ihrem Arbeitslohn leben zu können. Und den Menschen ohne Arbeitsplatz wird im Jobcenter-System Angst gemacht. Ich habe es selber erlebt, wie das ist. Jetzt bin ich in Rente, aber das unmenschliche System geht mehr immer noch nach. Das Arbeitsmarkt- und Jobcenter-System macht viele Menschen regelrecht krank.
Als Mensch mit Einschränkungen (Autismus-Spektrum) kann ich sagen, dass die ungedeihlichen Verhältnisse in der Arbeitswelt mit der Agenda-2010-Politik verschärft wurden, doch nicht neu sind. Wenn ich auf mein Arbeitsleben zurückblicke, stelle ich fest, dass es ein Chaos ist. So geht es vielen Menschen im Autismus-Spektrum, selbst den sogenannten hochfunktionalen. Ich verwende den relativ allgemeinen Begriff Einschränkungen (Behinderung, Krankheit, Alter, Lebenslage usw.) ganz bewusst. Denn es sind nicht nur Menschen wie ich mit Schwerbehindertenstatus, sondern immer mehr Menschen allgemein, die in der immer härter werdenden Arbeitswelt nicht mehr mithalten können.
Ein entscheidender Effekt eines BGE ist, dass es den Menschen jedenfalls die finanzielle Existenzangst nimmt. Eine gute Politik sollte das allgemein bewirken. Was ich aber in der real existierenden Politik sehe, ist das Gegenteil. Und ich sehe, dass die emanzipatorischen, sozialen und ökologischen Bewegungen schrittweise ausmanövriert werden. In den USA ist das am deutlichsten zu sehen. Somit geht es um viel mehr als nur die Einführung eines BGE.
Die zentrale Frage ist, wie wir uns effizient Gehör verschaffen können. In den Parlamenten haben wir BGE-Befürwortende praktisch keine Vertretung. Selbst in der Partei Die Linke wurde die Aufnahme des BGE beim Bundesparteitag 2024 abgelehnt trotz eines positiven Mitgliederentscheids vorher. Die BGE-Bewegung leistet viel außerparlamentarische Arbeit, aber das reicht leider nicht aus. Bei den in den Parlamenten vertretenen Parteien sind wir nur Bittsteller.
Michael Levedag schrieb am 28.03.2025, 09:48 Uhr zu
Ein Hinweis für Anna Ruhrfrau: 1. Menschen, die über wenig Geld oder Einkommen verfügen, sind nicht sozial schwach. Sie sind finanziell schwach. Sozial schwach sind eher Menschen, die über \"zu viel\" Geld verfügen. 2. Der Vorstand Der Linken hat in geradezu schändlicher Weise einen Mitgliederentscheid zum BGE missachtet, ausgesessen und letztendlich nicht umgesetzt. Hier eine Besserung zu vermuten, halte ich persönlich für utopisch.
Die einzige Partei, die sich für das Grundeinkommen öffnen könnte ist Die Linke, die auch weiterhin in der Opposition regiert und korrigiert. Der Brief hätte mindestens auch an diese Partei gehen sollen. Bei den anderen haben Sozial Schwache keine Chance, genau wie im Tierreich.
Ein sehr optimistischer Gedanke, dass sich durch solch einen offenen Brief an die regierenden Parteien irgendetwas verändern würde. Denen ist das sowas von egal, was da drin steht, die haben völlig andere Pläne und Prioritäten.
Und ein grosser Teil der Bürger möchte ja kein Grundeinkommen, weil er es anderen neidet. Absurd, wie man etwas, was einem selbst zugute kommen könnte, ablehnt, nur damit bloss kein anderer etwas bekommt ohne genug dafür zu \"leisten\".
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Thomas Paine setzte das Mindestalter auf 21 Jahre fest, weil er zynischerweise davon ausgeht, dass ein Großteil der geborenen Menschen dieses Alter gar nicht erreicht. Er schwadroniert zwar von Armut und Elend, die durch die Zivilisation und ihre Eigentumsordnung in die Welt gekommen sind, möchte aber quasi nur, dass die Tüchtigsten unter den Armen, die das 21. Lebensjahr vollenden, auch in den Genuss dieses Grunderbes kommen, damit diese sich nützlich für die Gesellschaft machen und niemandem zur Last fallen. Dass ein fehlendes Grunderbe gerade nicht unwesentlich daran ursächlich sein könnte, dass ein Großteil das 21. Lebensjahr nicht erreicht, kann ihm gar nicht entgangen sein bei seiner kritischen Analyse seiner Gegenwart. Ich meine also nicht, dass das hier lediglich ein blinder Fleck bei ihm war. Er kann das nur vorsätzlich unterschlagen haben und es entspräche ganz dem Zynismus der damaligen Zeit, solcher Art auf Benachteiligte zu blicken.
Beim Durchlesen des Buches von Martyna Linartas, das mich dazu inspirierte, mir mal Thomas Paines - Agrarian Justice vorzuknöpfen, ist mir auch aufgefallen, dass die Autoren zu ihrer Idee des Grunderbes ab dem 18. Lebensjahr scheinbar nur die Leute miteinbezieht, die künftig (nach Einführung des Grunderbes ?) 18 Jahre alt werden. Mir als alter Sack, der als Frührentner in der Sozialilfe prekär lebend zur Unterschicht gehört, fällt sowas vielleicht schneller auf, als einer Autorin, die selber ihre Schäfchen im Trockenen hat und auf solch ein Grunderbe verzichten kann. Was ist denn nun mit all denen im Alter schon Fortgeschrittenen, die schon längst über 18 Jahre alt sind ? Wird das denen das Grunderbe rückwirkend ausgezahlt, oder haben die einfach Pech gehabt ?
Wunderbar,
dass dieses Thema nun umfassend erforscht wird,
denn
was nützt ein freies Grundeinkommen von z.B. 2000,- Euro,
wenn die Mieten dann ab 1600,- Euro beginnen,
Strom unbezahlbar wird
und 5 Brötchen 10,- Euro kosten, ...
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem konkreten Fall eine weitergehende Sanktionierung offen gelassen, dass allerdings nur wenn, der potentielle Arbeitgeber dem Leistungsberechtigten unter den genannten Kriterien, dass die Beschäftigung dieser Person eine vollständige \"Befreiung\" von SGB II Leistungen ermöglicht, - und das wird in dem Beitrag nicht deutlich - auch eine Einstellungszusage gibt. Der Verweis auf Äußerungen von Ex-Präsident des BSG Schlegel ist deswegen auch problematisch, da sich dieser als Scharfmacher generiert hat, der offenkundig gerne über die Grenzen des Urteils des Bundesverfassungsgericht gehen will.
https://www.fr.de/wirtschaft/ausgaben-sozialgerichtspraesident-schlegel-buergergeld-sanktionen-verweigerer-sozialstaat-zr-92859094.html
Das ist Unsinn, wer etwas für die Allgemeinheit leisten kann- Sprich Arbeiten- und es nicht möchte aus Bequemlichkeit oder Schmarotzertum sollte auch keinen Euro bekommen, es gibt ein altes deutsches Sprichwort: \" Für nichts gibt es nichts\"!!!
Der Begriff \"arbeitgebernah\" bei der INSM verschleiert, dass es sich um die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie handelt. Also eine Arbeitgeber-Einrichtung handelt. \"Ehre, wem Ehre gebührt\", um es ironisch zu formulieren.
Sehr gut, wenn Studierende der Wirtschaftswissenschaften sich kritisch mit der Wirtschaftsentwicklung auseinandersetzen und sich Gedanken machen, wie eine gerechtere Welt ausschauen könnte!
Ich bin der Überzeugung, dass das BGE ein sehr wichtiges und nützliches Instrument wäre, auch den Ärmsten unter uns ein bisschen Menschenwürde zu geben.
Hallo sehr gut
Ich hatte gerade Gelegenheit zu erfahren, dass auch in feministischen Kreisen in Spanien das BGE als wichtige Massnahme gesehen wird, um besonders ausbeuterische Arbeitsverhältnisse für Frauen ablehnen zu können. Besonders Mütter und Careverantwortliche sehen sich gezwungen, entwürdigende und sehr belastenden Arbeitsbedingungen anzunehmen, um die Menschen, die von ihrer Sorgetätigkeit abhängig sind, vor (noch schlimmerer) Prekarität zu schützen.
Das Lesen des Artikels ging runter wie Öl! - Also kein fossiles, sondern biologisch abbaubares, leicht verdaulich und in eine positive Zukunft mit Perspektiven blicken lassend.
Das gefällt mir sehr
Genau meine Gedanken zum bGE für eine gerechte Zukunft!
Wunderbar. Endlich kann ich euch darüber erreichen. Denn bei X ist es nicht möglich sich einen datenschutzfreundlichen Account an zu legen. Dieser wird dann gelöscht. Bei Mastodon hingegen haben die Menschen die Wahl was und wie viel sie von sich preis geben und das wird einfach akzeptiert statt blockiert.
Wenn man sanktionieren will bis zum kompletten Leistungsentzug (Gegenteil vom \"bedingungslosen\" Grundeinkommen), dann wird es mehr Obdachlose geben. Interessant, dass das Sanktionieren und Erzeugen von Obdachlosen von der Partei kommt, die sich christlich nennt. Hätte Jesus so gehandelt?
Von Klaus Schwab / WEF stammt die Vision \"Sie werden nichts mehr besitzen und trotzdem glücklich sein\" ( - denn wir, die Mitglieder des WEF werden alles besitzen). In diesem Sinne leistet das bedingungslose Grundeinkommen Hilfestellung für die Erfüllung dieser Forderung.
Zum Kommentar von Anja H. vom 04.04.2025: Richtig.
Ich persönlich plädiere für das umfassende emanzipatorische BGE-Modell der BAG Grundeinkommen der Partei Die Linke. Darin sind die zutreffenden Einwände sowohl aus dem gewerkschaftlichen, sozialdemokratischen und sozialistischen Spektrum als auch aus der Bevölkerung berücksichtigt. Die Einnahmenseite ist in diesem Modell deutlich erhöht, was übrigens auch unabhängig von einem BGE notwendig ist. Die große Mehrheit der Bevölkerung steht damit besser da als jetzt. Ich fasse diese Einnahmenerhöhung unter dem Begriff Rückverteilung zusammen. Das heißt im Grunde einfach, dass die Reichen, die Banken und die Konzerne ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen entsprechend nachkommen wie die anderen Menschen und kleinen Betriebe im Lande. Mir fehlt dieses fünfte Kriterium in der Definition des BGE. Siehe auch, was ich anderweitig geschrieben habe: https://www.grundeinkommen.de/25/10/2024/parteitag-die-linke-delegierte-stellen-sich-gegen-mitgliederentscheid-pro-grundeinkommen.html
Ich beschäftige mich seit rund 16 Jahren mit dem BGE. Von 2010 bis 2012 war ich politisch sehr aktiv. Das war ja auch die Zeit nach der Banken- und Finanzkrise, wo die Chancen für einen Politikwechsel zugunsten der Bevölkerung bestanden. Leider hat sich die Politik weltweit dafür entschieden, das kaputte Finanzsystem mit den Steuergeldern der Bevölkerungen zu sanieren und es dann so weiterlaufen zu lassen. Schlimmer noch, europäischen Staaten wurde eine Austeritätspolitik verordnet. Das war einer der Schlüsselmomente für den Triumph des Kapitalismus neben der Agenda-2010-Politik und des Über-den-Tisch-Ziehens der Ostdeutschen in der Nachwendezeit.
Da könnte ich jetzt viel über die Großkopferten schimpfen. Aber wenn ich mir die Entwicklungen seit der Wendezeit anschaue, sehe ich wiederholt eine mangelnde Solidarität in der deutschen Bevölkerung. Also der Westdeutschen gegenüber den Ostdeutschen. Der Erwerbstätigen gegenüber den Erwerbslosen. Der deutschen Bevölkerung gegenüber den Bevölkerungen insbesondere den südeuropäischen Staaten. Und die immer weiter zunehmende Migrationsfeindlichkeit. Vor 10 Jahren wurde noch von einer Willkommenskultur gesprochen, nun herrscht eine Abschottungskultur. Hier empfehle ich die Doku mit dem Titel Masterplan, die Ende März im Ersten gesendet wurde. Zu finden unter https://www.ardmediathek.de/dokus-investigativ
Diese mehrfache Entsolidarisierung, die immer weitere Kreise zieht, ist meiner Ansicht nach auch der entscheidende Grund, warum auch wir BGE-Befürwortende es so schwer haben mit unserer Idee. Gleichartiges gilt für andere emanzipatorische Themen. Es gibt viele engagierte Menschen quer durch die Generationen bei vielen Themen. Aber dieses Engagement geht immer wieder unter.
Interessant zur Frage der Höhe des BGEs ist ein aktuelles Interview mit dem britischen BGE-Urgestein Malcolm Torry:
https://basicincome.org/news/2025/03/dr-malcolm-torry-on-basic-income-history-feasibility-and-societal-impact/
Darin heisst es:
\"Torry: The virtue of basic income is that it provides a secure financial foundation. It will never be enough for people to live on entirely—that is a utopian idea, and it will not happen. My research has shown that. However, what we can establish is a significant, stable layer of income that helps people navigate economic turbulence.
Jacobsen: So, when the market experiences volatility—whether due to geopolitics, international economic fluctuations, or personal crises like an injury or a death in the family—basic income would serve as a stabilizing force at multiple levels?
Torry: Exactly. It would act as a stabilizing mechanism, providing financial security when people experience unexpected challenges. However, it will never be enough for someone to live on entirely unless they have exceptionally low expenses.\"
auf Deutsch:
\"Torry: Der Vorteil eines Grundeinkommens ist, dass es eine sichere finanzielle Basis verschafft. Es wird niemals hoch genug, dass Menschen vollständig davon leben können — das ist eine utopische Idee und es wird niemals passieren. Meine Forschung hat das gezeigt. Was wir jedoch herstellen können, ist ein signifikanter Einkommenssockel, der Menschen hilft ökonomische Turbulenzen durchzustehen.
Jacobsen: Also, wenn der Markt unbeständig ist — seit es aufgrund von Geopolitik, internationalen ökonomischen Schwankungen oder persönlichen Krisen wie einer Verletzung oder einem Todesfall in der Familie — würde das Grundeinkommen als stabilisierende Kraft auf verschiedenen Ebenen dienen?
Torry: Genau. Es würde als stabilisierender Mechanismus dienen, der finanzielle Sicherheit gibt, wenn Menschen unerwarteten Herausforderungen gegenüberstehen. Es wird jedoch nie genug sein, um davon alleine leben zu können, außer sie haben außerordentlich geringe Ausgaben.\"
Ich fürchte, dass es schwierig wird, Zustimmung für ein BGE zu gewinnen, solange die Leute Angst haben, dass Ihnen etwas weggenommen wird. Denn ausgerechnet diejenigen, die selbst gerade so über die Runden kommen, sprechen sich oft dagegen aus. Ein BGE müsste daher mit finanzieller Besserstellung auch dieser Gruppe quasi \"erkauft\" werden, so dass wiederum die Frage aufkommt, wer das in dieser Kombination finanzieren soll. Und hier denke ich fehlt es daran, noch viel viel deutlicher darauf hinzuweisen und zu betonen, dass Super- u. Überreiche unserer Gesellschaft und auch der Wirtschaft schaden, weil sie Kaufkraft von den \"unteren\" Schichten abziehen und damit das Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand verhindern, von entgangenen Steuereinnahmen infolge illegaler und legaler (!) Steuervermeidung ganz zu schweigen, die letztendlich staatliche Investitionen in Bildung und Infrastruktur verhindert, weil dem Staat ebendiese Steuereinnahmen fehlen. Zunehmende Ungleichheit schadet uns allen und daran sind weder die Bezieher von Grundsicherung schuld noch die Migranten oder andere ohnehin schon benachteiligte Gruppen. Wir müssen dringend weg von dem Narrativ, dass die Armen uns belasten. Was uns als Gesellschaft belastet, sind fehlende Steuereinnahmen nicht nur wegen Steuerbetrug, sondern auch wegen Steuergeschenken an Reiche. Auch dem Narrativ, der Staat habe kein Einnahmeproblem, dürfen wir nicht weiter folgen. Leider verbreiten nicht nur rechte Parteien, sondern zunehmend auch die SPD die Meinung, dass Sanktionen gegen Arme \"sozial gerecht\" seien. Unsäglicher Weise wird ebendieser Meinung in Talkshows etwa von Lanz und Illner häufig noch eine Bühne geboten. Dass auch Journalisten und Politiker wie etwa Markus Söder ihre persönliche finanzielle Einkommens- und Erbschaftssituation und auch die ihrer Klientel schützen wollen, mag in gewissem Sinne \"menschlich\" sein, hilfreich in gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Sinne ist es hingegen nicht. Allen diesen falschen Narrativen zum angeblich fehlenden Einnahmeproblem des Staates, der angeblichen Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch Bestrafung armer Menschen und zum Vorwurf einer Neiddebatte statt der Lösung des Ungleichheits- und Gerechtigkeitsproblems müssen wir bei jeder erdenklichen Gelegenheit noch viel schärfer entgegentreten und nicht nur Söder, sondern auch Lanz und Illner entschieden korrigieren. Wir dürfen nicht weiter zulassen, dass Arme gegen noch Ärmere aufgehetzt werden.
Ich denke, dass es schwierig ist, Zustimmung für ein BGE zu gewinnen, solange die Leute Angst haben, dass Ihnen etwas weggenommen wird. Denn ausgerechnet diejenigen, die selbst gerade so über die Runden kommen, sprechen sich oft dagegen aus. Ein BGE müsste daher mit finanzieller Besserstellung auch dieser Gruppe quasi \"erkauft\" werden, so dass wiederum die Frage aufkommt, wer das in dieser Kombination finanzieren soll. Und hier denke ich fehlt es daran, noch viel viel deutlicher darauf hinzuweisen und zu betonen, dass Super- u. Überreiche unserer Gesellschaft und auch der Wirtschaft schaden, weil sie Kaufkraft von den \"unteren\" Schichten abziehen und damit das Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand verhindern, von entgangenen Steuereinnahmen infolge illegaler und legaler (!) Steuervermeidung ganz zu schweigen, die letztendlich staatliche Investitionen in Bildung und Infrastruktur verhindert, weil dem Staat ebendiese Steuereinnahmen fehlen. Zunehmende Ungleichheit schadet uns allen und daran sind weder die Bezieher von Grundsicherung schuld noch die Migranten oder andere ohnehin schon benachteiligte Gruppen. Wir müssen dringend weg von dem Narrativ, dass die Armen uns belasten. Was uns als Gesellschaft belastet, sind fehlende Steuereinnahmen nicht nur wegen Steuerbetrug, sondern auch wegen Steuergeschenken an Reiche. Auch dem Narrativ, der Staat habe kein Einnahmeproblem, dürfen wir nicht weiter folgen. Leider verbreiten nicht nur rechte Parteien, sondern zunehmend auch die SPD die Meinung, dass Sanktionen gegen Arme \"sozial gerecht\" seien. Unsäglicher Weise wird ebendieser Meinung in Talkshows etwa von Lanz und Illner häufig noch eine Bühne geboten. Dass auch Journalisten und Politiker wie etwa Markus Söder ihre persönliche finanzielle Einkommens- und Erbschaftssituation und auch die ihrer Klientel schützen wollen, mag in gewissem Sinne \"menschlich\" sein, hilfreich in gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Sinne ist es hingegen nicht. Allen diesen falschen Narrativen zum angeblich fehlenden Einnahmeproblem des Staates, der angeblichen Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch Bestrafung armer Menschen und zum Vorwurf einer Neiddebatte statt der Lösung des Ungleichheits- und Gerechtigkeitsproblems müssen wir bei jeder erdenklichen Gelegenheit noch viel schärfer entgegentreten und nicht nur Söder, sondern auch Lanz und Illner entschieden korrigieren. Wir dürfen nicht weiter zulassen, dass Arme gegen noch Ärmere aufgehetzt werden.
Noch eine kleine aber wichtige Korrektur.
Die Bibelstelle (2. Thessalonicher 3,10) lautet in der Luther-Bibel 2017 korrekt: \"Denn schon als wir bei euch waren, geboten wir euch: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen.\" Wobei es die Variation tatsächlich gibt, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_gefl%C3%BCgelter_Worte/
W#Wer_nicht_arbeitet,_soll_auch_nicht_essen.
Aus eigener Lebenserfahrung als Mensch im Autismus-Spektrum kann ich sagen, dass mein Nicht-Arbeiten-Können immer wieder mal als Nicht-Arbeiten-Wollen interpretiert wurde. Und zwar nicht nur fälschlicherweise beim Jobcenter, sondern auch von manchen Menschen in meinem jeweiligen Umfeld.
Das macht Menschen mit Einschränkungen das Leben noch schwerer als es eh schon aufgrund der Einschränkungen ist. Das ist auch einer der entscheidenden Punkte, warum ich ein emanzipatorisches BGE begrüße. Es trennt nämlich die Sachfragen der grundlegenden Absicherung, der Arbeitsleistung und der Bedürftigkeit in einer menschenfreundlichen Art und Weise voneinander.
Eine kleine aber wichtige Ergänzung, weil ich es gerade in meinem Text sehe: Es muss heißen: Genossinnen und Genossen.
Der Begriff soziale Gerechtigkeit ist nicht ganz so klar, wie er auf den ersten Blick erscheint. Die obige Losung des Kirchentags (1. Korinther 16, 13-14) lautet in der Luther-Bibel 2017: \"Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark. Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!\"
Diese Liebe, die Agape, hat mit den BGE gemeinsam, dass sie bedingungslos ist. Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass in der Bibel auch steht (2. Thessalonicher 3,10): \"Denn schon als wir bei euch waren, geboten wir euch: Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen.\"
Hier eröffnet sich ein Zwiespalt für christlich und/oder sozialistisch eingestellte Menschen. Als Mitglied in der Partei Die Linke und auch als Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche erinnere mich noch an ein Gespräch vor mehr als 10 Jahren mit einer gewerkschaftlich und christlich orientierten Genossin über die zweite oben zitierte Passage. Ihre Position war ein sozusagen \"Nicht so, aber ...\"
Meine Position ist ein Bekenntnis zur Bedingungslosigkeit beim BGE und im urchristlichen und ursozialistischen Sinne. Jeder Mensch soll essen, ob er oder sie arbeitet oder nicht. Denn Menschenrechte gelten für alle Menschen ungeachtet der Person.
Die Partei Die Linke hat das Motto Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Und auch die Partei WASG, die in Der Linken aufgegangen ist, heißt Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Konkret aber sind meine Definition dieser Begriffe und die Definition etlicher Genossinnen nicht identisch. Da liegt tatsächlich ein Kern der Auseinandersetzungen ums BGE in der Partei Die Linke.
Inbesondere im christlichen Kontext sollten die Begriffe Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Bedingungslosigkeit unterschieden werden. Ich kann mich an ein schon länger zurückliegendes Gespräch bei einem Diskussionsabend in der Kirchengemeinde erinnern. Der Pfarrer hat konkret die Frage in die Diskussionsrunde gestellt, ob die Schulspeisung, für die eigentlich die Stadt Nürnberg zuständig ist, jedoch von der Kirche durchgeführt wird, weiter so gehandhabt wird, oder ob sich an die Stadt zur Weiterführung zu wenden sei. Meine Antwort war: beides. Denn so lobenswert Agape ist, werden dadurch nicht die Probleme des politischen Sozialkahlschlag gelöst. Leider wird durch das karitative Engagement der Kirchen und anderer Organisationen die wachsende Armut und Not verschleiert. Dabei betone ich, dass ich großen Respekt gegenüber allen Helfenden habe. Aber als Linker betrachte ich den größeren Rahmen.
Der Arbeitszwang spielt sich in einem größeren Rahmen ab, nämlich im wettbewerbsorientierten Arbeitsmarkt. Dieser erzeugt sowohl bei den Erwerbsarbeitssuchenden als auch den Erwerbstätigen einen Druck. Die noch fest Beschäftigten haben Angst, in prekäre Arbeitsverhältnisse abzurutschen. Die prekär Beschäftigten haben Angst, nicht mehr von ihrem Arbeitslohn leben zu können. Und den Menschen ohne Arbeitsplatz wird im Jobcenter-System Angst gemacht. Ich habe es selber erlebt, wie das ist. Jetzt bin ich in Rente, aber das unmenschliche System geht mehr immer noch nach. Das Arbeitsmarkt- und Jobcenter-System macht viele Menschen regelrecht krank.
Als Mensch mit Einschränkungen (Autismus-Spektrum) kann ich sagen, dass die ungedeihlichen Verhältnisse in der Arbeitswelt mit der Agenda-2010-Politik verschärft wurden, doch nicht neu sind. Wenn ich auf mein Arbeitsleben zurückblicke, stelle ich fest, dass es ein Chaos ist. So geht es vielen Menschen im Autismus-Spektrum, selbst den sogenannten hochfunktionalen. Ich verwende den relativ allgemeinen Begriff Einschränkungen (Behinderung, Krankheit, Alter, Lebenslage usw.) ganz bewusst. Denn es sind nicht nur Menschen wie ich mit Schwerbehindertenstatus, sondern immer mehr Menschen allgemein, die in der immer härter werdenden Arbeitswelt nicht mehr mithalten können.
Ein entscheidender Effekt eines BGE ist, dass es den Menschen jedenfalls die finanzielle Existenzangst nimmt. Eine gute Politik sollte das allgemein bewirken. Was ich aber in der real existierenden Politik sehe, ist das Gegenteil. Und ich sehe, dass die emanzipatorischen, sozialen und ökologischen Bewegungen schrittweise ausmanövriert werden. In den USA ist das am deutlichsten zu sehen. Somit geht es um viel mehr als nur die Einführung eines BGE.
Die zentrale Frage ist, wie wir uns effizient Gehör verschaffen können. In den Parlamenten haben wir BGE-Befürwortende praktisch keine Vertretung. Selbst in der Partei Die Linke wurde die Aufnahme des BGE beim Bundesparteitag 2024 abgelehnt trotz eines positiven Mitgliederentscheids vorher. Die BGE-Bewegung leistet viel außerparlamentarische Arbeit, aber das reicht leider nicht aus. Bei den in den Parlamenten vertretenen Parteien sind wir nur Bittsteller.
Ein Hinweis für Anna Ruhrfrau: 1. Menschen, die über wenig Geld oder Einkommen verfügen, sind nicht sozial schwach. Sie sind finanziell schwach. Sozial schwach sind eher Menschen, die über \"zu viel\" Geld verfügen. 2. Der Vorstand Der Linken hat in geradezu schändlicher Weise einen Mitgliederentscheid zum BGE missachtet, ausgesessen und letztendlich nicht umgesetzt. Hier eine Besserung zu vermuten, halte ich persönlich für utopisch.
Die einzige Partei, die sich für das Grundeinkommen öffnen könnte ist Die Linke, die auch weiterhin in der Opposition regiert und korrigiert. Der Brief hätte mindestens auch an diese Partei gehen sollen. Bei den anderen haben Sozial Schwache keine Chance, genau wie im Tierreich.
Ein sehr optimistischer Gedanke, dass sich durch solch einen offenen Brief an die regierenden Parteien irgendetwas verändern würde. Denen ist das sowas von egal, was da drin steht, die haben völlig andere Pläne und Prioritäten.
Und ein grosser Teil der Bürger möchte ja kein Grundeinkommen, weil er es anderen neidet. Absurd, wie man etwas, was einem selbst zugute kommen könnte, ablehnt, nur damit bloss kein anderer etwas bekommt ohne genug dafür zu \"leisten\".
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