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Robert Bleilebens schrieb am 06.06.2008, 09:20 Uhr zu

Hallo Christoph,

ein guter Kommentar! Das liberale Bürgergeld ist in der Tat nicht liberal, weil es ja kein Individualprinzip kennt und daher weiterhin zu Schnüffelei im Privatleben führt (liegt im Badezimmer eine zweite Zahnbürste? Ist eine zweite Kuhle in der Matratze?).

Nach meinen Berechnungen sehe ich jedoch nur einen geringfügigen Vorteil beim liberalen Bürgergeld gegenüber Althaus:

200 Euro Hinzuverdienst:

lib. BG: 662 + 0,4 x 200(=80) = 742

Althaus: 600 + 0,5 x 200(=100)= 700

400 Euro Hinzuverdienst:

lib. BG: 662 + 0,4 x 400(=160)= 822

Althaus: 600 + 0,5 x 400(=200)= 800

600 Euro Hinzuverdienst:

lib. BG: 662 + 0,4 x 600(=240)= 902

Althaus: 600 + 0,5 x 600(=300)= 900

800 Euro Hinzuverdienst:

lib. BG: 662 + 0,4 x 800(=320)= 982

Althaus: 600 + 0,5 x 800(=400)= 1.000

Auf diesen geringfügigen finanziellen Vorteil wird man gewiss verzichten wollen, wenn man stattdessen bei Althaus keine Schikanen und Schnüffeleien mehr zu erdulden hat. Also ist das Solidarische Bürgergeld auf jeden Fall besser als das sogenannte \"liberale Bürgergeld!\"

Andere Arbeitsanreize als finanzielle sind für heutige Liberale offensichtlich ohnehin nicht denkbar.

Tobias Teetz schrieb am 05.06.2008, 18:59 Uhr zu

Lieber Günther,

auch die Gutachter des Sachverständigenrates äusserten sich sehr kritisch zu einem Bürgergeld nach den Althaus-Vorschlägen. In den Jahren 2001-2004 gab es trotz Arbeit keinen ausreichenden Lohn - ich erinnere mich an das Grundeinkommensbüchlein von Attac zu diesem Thema. Auch bei Attac gab es im Jahr 2005 keine geschlossene Zustimmung zu einem bedingungslosen Grundeinkommen.

In den Jahren 2002-2004 (ich war in diesen Jahren arbeitslos trotz vielfacher Bewerbungsbemühungen) habe ich mich sehr für die sozialen Folgen von Arbeitslosigkeit und Ungleichheit -Ausgrenzung in Deutschland interessiert. Ein Großteil meiner Homepagearbeiten resultiert aus dieser Zeit. Ich bin glücklicherweise nicht allein, es gibt viele Juristen die im Arbeitsrecht fitter sind als ich.

Mittlerweile gibt es viele zeitnahe Veröffentlichungen vom Stat. Bundesamt zu Nettoeinkommen, Einkommensteuern, Bruttolöhnen usw.. Das war in den Neunzigern noch nicht so detailliert.

Ich sehe die Welt aus naturwissenschaftlicher Sicht. Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz glaubte, dass Traditionen, Kultur quasi der Sklettbau einer Gemeinschaft sind. Das Sklett der Säugetiere, des Menschen ermöglicht aber nicht alle Freiheiten die beispielsweise ein Regenwurm noch hat. Das Sklett ist ein Stützapparat ebenso wie die Traditionen, die Kultur, möglicherweise die Arbeit. Was würde passieren, wenn der Mensch sein Sklett verlöre?

Eine Wheatstonesche Brücke wird in der Elektronik benutzt, um einen unbekannten Widerstand zu ermitteln. In zwei parallelen Stromkreisen wird die Spannung zwischen zwei Widerständen auf Null gebracht. Je höher der Widerstand desto geringer der Strom.

Ähnliches gilt leider auch für die sogenannte Globalisierung. Hier werden Volkswirtschaften verkoppelt. Dabei stellt der eine Widerstand die Verteilung des Wohlstandes auf die Beschäftigten im Unternehmen dar, der andere Widerstand ist die Verteilung des Wohlstandes auf die übrige Bevölkerung. Betrachtet man nun beispielsweise Westeuropa, Osteuropa, Asien USA als parallele Stromkreise, so ist das Problem wesentlich komplizierter. Die Stromstärke soll ja nicht auf Null sinken.

Daher unterscheidet sich auch das Modell von Götz Werner von dem Modell von Helmut Pelzer.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

Wolfgang Sandmann schrieb am 05.06.2008, 18:37 Uhr zu

Guter Beitrag. Die Formulierung

\"Bedingungslos ist diese Leistung allerdings leider nicht.\"

sollte man allerdings leider ändern.

Bitte in einen neuen Beitrag kopieren und dort veröffentlichen, weil sonst dieser Kommentar hier mitwandern würde.

Beatrix Gräfin von P schrieb am 05.06.2008, 17:50 Uhr zu

Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Als ehemalige Sozialarbeiterin für Asylbewerber sollten auch diese meine ehemaligen Schützlinge bedacht werden. Zur Zeit betreue ich noch eine Migratenfamilie mit vier Kindern. Der Mann ist gehbehindert und arbeitet in einer Pizzeria für ca 1000 € im Monat nur um hier bleiben zu können.

Des weiteren muss das Problem von Neid und Eifersucht verstärkt in den Blick genommen werden. Denn allein in dem jeder das Gleiche erhält sind diese Gefühle noch nicht bereinigt und aus der Welt geschaffen. Bei wem sich einmal das Gefühl für Ungerechtigkeit eingeschlichen hat und die Seele vergiftet hat, der ist mit einer materiellen Befriedigung seiner Bedürfnisse nicht zu beruhigen geschweige, denn es aufzulösen.

Trotzdem ist genau mit dem bedingungslosen Grundeinkommen die Chance gegeben diese verletzten Gefühle anzusehen und ausheilen zu lassen.

Reinhard Börger schrieb am 05.06.2008, 14:12 Uhr zu

Das erscheint mir als Streit um des Kaisers Bart. Wenn man die Steuerschuld um einen bestimmten Betrag senkt und diesen Betrag vom Grundeinkommen abzieht, ändert sich nichts; es kommt letztlich nur auf die Differenz an. Diese sollte m.E. keinen Knick haben, sondern möglichst glatt verlaufen; dies dürfte auch der Intention von Manuel Franzmann entsprechen. Über die konkrete Ausgestaltung kann man diskutieren.

Herzliche Grüße

Reinhard Börger

Reinhard Börger schrieb am 05.06.2008, 14:04 Uhr zu

Entschuldigung, ich gebe Günter Sölken recht. Beim ersten flüchtigen Lesen hatte ich den massiven Arbeitszwang beim FDP-Modell übersehen; in der Systematik sehe ich es zwar ähnlich wie die FDP, aber die Sätze sind sehr niedrig, möglicherweise zu niedrig. Mit dem Ziel der FDP, die Wirtschaft zu beleben, stimme ich überhaupt nicht überein. Ob die Gefahr besteht, dass die FDP den Begriff \"Bürgergeld\" in ihrem Sinne besetzt, weiß ich nicht. Einerseits benutzen andere ihn anders, andererseits ist vielleicht in der allgemeinen Diskussion das Wort \"Grundeinkommen\" ohnehin besser.

mathias schweitzer schrieb am 04.06.2008, 21:54 Uhr zu

Lieber Günter, leider treffend von dir formuliert. Gerade hier hätte es mich gefreut, wenn ich nicht \"leider\" schreiben müsste. Naja, es ist halt so, wie es ist. Die FDP besitzt offensichtlich weder Menschenkenntnis noch Kreativität, um zu der Erkenntnis eines bGE zu kommen. Die sind derzeit wohl eher damit beschäftigt, alt bekannte Stammtischparolen zu grölen. Nach dem Motto \"was ich selber denk und tu, trau ich auch den anderen zu\" werden hier die arbeitslosen Menschen als faul und \"Sozialschmarotzer\" hingestellt. Absolut nicht wählbar, diese Truppe mit dieser Einstellung.

Gisela Brunken schrieb am 04.06.2008, 20:18 Uhr zu

Ziele, Aufgaben und Vernetzung des Netzwerks Grundeinkommen

Zu den ersten beiden Absätzen:

Zweiter Satz:

„Es führt (statt sucht) die gesellschaftliche Auseinandersetzung … Gruppen UND Einzelpersonen.“

Mit dem folgenden Satz weiß ich nicht ganz genau, was gemeint ist: „Ziel des Netzwerks Grundeinkommen ist, das Grundeinkommen in einem möglichst breiten gesellschaftlichen Bündnis einzuführen und zu verankern.“

Das müsste deutlicher formuliert werden.

Diesen Satz würde ich weglassen: „Die Perspektive des Netzwerks ist nicht auf Deutschland beschränkt.“ und stattdessen den nächsten Satz so beginnen: „Das Netzwerk Grundeinkommen arbeitet mit den …“

“... hat sich … vernetzt…“ Was heißt das genau? Ist das Netzwerk Mitglied von BIEN, kooperiert das Netzwerk mit BIEN…?

Das müsste deutlich werden.

Gisela Brunken schrieb am 04.06.2008, 20:17 Uhr zu

Zur Präambel:

Ich finde es gut, im ersten Satz von „Einzelnen“ zu schreiben, da das geläufiger als der Begriff „Individuen“ ist.

Der Zusatz „ohne Verpflichtung zu anderen Gegenleistungen“ sollte m.E. bleiben, denn erst dadurch wird die Bedingungslosigkeit vollständig definiert.

“...den individuellen Freiheitsspielraum zu vergrößern und die Entwicklungschancen jedes Einzelnen nachhaltig zu verbessern.“

Was ist genau mit „individuellen Freiheitsspielraum“ und mit „nachhaltig“ gemeint?

Vielleicht lässt sich das etwas konkreter ausdrücken, etwa “...die Möglichkeit selbstbestimmter Lebensplanung und Lebensgestaltung verbessern…“, “...eine Vielzahl von Tätigkeiten und Lebensformen ermöglichen…“.

Manuel Franzmann schrieb am 04.06.2008, 17:45 Uhr zu

Wenn ich gesagt habe, dass im Unterschied zur negativen Einkommensteuer jeder ein bedingungsloses Grundeinkommen erhielte, so ist darunter nicht zu verstehen: bar auf die Hand, sondern es läge schon nahe, beim Vorliegen von Erwerbseinkommen das Grundeinkommen mit der Steuerschuld zu verrechnen. Der Unterschied zur negativen Einkommensteuer besteht darin, dass diese Verrechnung bei Einkommen oberhalb des Mindestniveaus gar nicht existiert, sondern nur diejenigen, die unterhalb des Mindesteinkommens liegen, von ihr erfasst werden. Der Grund dafür sind der dahinter liegende Diskurs bzw. die differierenden Zielsetzungen. Die negative Einkommensteuer zielt nicht auf wie das Grundeinkommen auf den Abschied von Erwerbsarbeit als verpflichtendem Normalmodell ab.

Ronald Blaschke schrieb am 04.06.2008, 15:18 Uhr zu

\"Die Rhetorik erscheint mir ungewohnt, aber in der Sache unterscheidet sich, soweit ich sehe gar nicht so weit von dem, was wir wollen. Natürlich wäre ein höheres Bürgergeld sinnvoller, aber das Prinzip ist ähnlich.\"

Das FDP-Bürgergeld ist in keiner Weise einem Grundeinkommen ähnlich: Es ist nicht existenz- und teilhabesichernd, nicht ohne Arbeitszwang, sondern ausdrücklich gilt laut Beschluss: \"Voraussetzung für den Bürgergeldanspruch ist die Bedürftigkeit und die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme bei Erwerbsfähigkeit. Bei Ablehnung einer zumutbaren angebotenen Arbeit wird das Bürgergeld gekürzt.\" Fazit: Das Bürgergeld ist nichts anderes als ein in das Steuersystem integriertes Hartz IV. Die Führung der FDP hat immer und ausdrücklich das Grundeinkommen nach den Kriterien des Netzwerkes abgelehnt.

Gunnar Schurich schrieb am 03.06.2008, 11:55 Uhr zu

Als Mitglied der FDP habe ich das \"eigene\" Modell zum Bürgergeld stets angegriffen. Nach dem Münchener Parteitag der FDP werden meine Töne gegenüber den eigenen Leuten etwas sanfter werden. Das liegt daran, dass man bei den Liberalen näher an die Idee von Rhys Williams heran gerückt ist und sich ein wenig vom in der Politik herrschenden Dogmatismus entfernt. Leider erlebe ich diesen Dogmatismus gegenüber der Idee des Grundeinkommens jeden Tag. Wer das Grundeinkommen als Vehikel für seine politischen Fantasien missbraucht, muss sich nicht wundern, wenn am Ende nichts davon übrig bleibt. Das Grundeinkommen ist kein Spielplatz für neorealsozialistischen Gerechtigkeitswahn, aber auch nicht für konservative Feudalisten. In der Initiative Grundeinkomen Osnabrück werde ich bald einen Vortrag darüber halten, warum ich die politisch motvierten Modelle, besonders das Althaus Modell und das der Linken so vehement ablehne.

eckhard hensel schrieb am 02.06.2008, 21:28 Uhr zu

Sehr geehrte Agnes Schubert,

was sind für SIE Arbeitslose?

Ich bin erwerbslos habe viel Arbeit, setze mich für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ein und bekomme keinen Mammon dafür, manchmal Spott und Hohn, der eigentlich unseren Herrschenden gelten müsste.

eckhard hensel

Robert Bleilebens schrieb am 02.06.2008, 16:32 Uhr zu

Das Althaus-Modell ist das einzige BGE-Modell, daß eine realistische Chance hat, umgesetzt zu werden. Und selbst das ist schon schwer genug. Darüberhinausgehende Konzepte zum jetzigen Zeitpunkt umsetzen zu können ist eine Illusion.

Daher ist das Solidarische Bürgergeld ein idealer Einstieg in das BGE. Es setzt einen sich selbst nährenden Prozess in Gang, der seine eigene Erhöhung ermöglicht: Durch die Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens besinnen sich die Menschen auf das, was ihrer wahren Natur entspricht. Und dies machen sie dann ganz besonders gut und ausdauernd. Hierdurch verstärkt sich die nichtfinanzielle Arbeitsanreize ganz erheblich. Dadurch ist eine problemlose Anhebung des BGE möglich, da die damit verbundene Verminderung des finanziellen Arbeitsanreizes vollständig durch die Verstärkung der nichtfinanziellen Arbeitsanreize kompensiert wird. So bleibt der gesamte Arbeitsanreiz gleich hoch! Und auf den kommt es an!

Reinhard Börger schrieb am 02.06.2008, 12:47 Uhr zu

Die Rhetorik erscheint mir ungewohnt, aber in der Sache unterscheidet sich, soweit ich sehe gar nicht so weit von dem, was wir wollen. Natürlich wäre ein höheres Bürgergeld sinnvoller, aber das Prinzip ist ähnlich. Ich habe eher den Eindruck, die FDP versucht krampfhaft, sich von uns abzusetzen. Andere Dinge aus dem FDP-Programm wie die Senkung des Spitzensteuersatzes brauchen wir jedenfalls nicht zu unterstützen; ich tue es auch nicht. Ich erinnere aber daran, dass Leute wie Götz Werner und Thomas Straubhaar zumindest daran denken, die Einkommensteuer ganz abzuschaffen.

Herzliche Grüße

Reinhard Börger

Reinhard Börger schrieb am 02.06.2008, 10:14 Uhr zu

Ich stimme Manuel Franzmann weitestgehend zu, habe den Vorschlag des Wissenschaftlichen Beirats aber bisher nur flüchtig gelesen. Da ich selbst als Mathematiker selbst Wissenschaftler bin, möchte ich mir doch schon ein paar Aussagen erlauben. Meine politischen Äußerungen, z.B. hier, stellen keinen wissenschaftlichen Anspruch.

In der Mathematik kann man durch logisches Überlegen feststellen, was richtig und falsch ist. Das Renommee und die politische oder weltanschauliche Auffassung weder des Lesenden noch des Schreibenden spielt dabei keine Rolle. Bei diesem Voschlag ist aber von Verantwortbarkeit die Rede; das ist für mich kein wissenschaftlicher Terminus, sondern gehört in die politische Auseinanderstzung. Was jemand für verantwortbar hält, muss jede und jeder selbst wissen, und dann kann politisch durch Abstimmung entschieden werden. Der Vorschlag versucht anscheinend, ein politisches Vorurteil wissenschaftlich zu kaschieren. Er stellt die Grundvoraussetzungen nicht in Frage, aber gerade um die geht es mir.

Es geht darum, wie Menschen sich durch ihre Arbeit ihr Auskommen verdienen können. Wie weit diese Arbeit zum Gemeinwohl beiträgt, wird nicht gefragt. Trägt Zigarettenwerbung wirklich zum Wohl der Allgemeinheit bei? Und wer bezahlt sie letztlich? Nur der Raucher, der meist auch ohne Werbung rauchen würde, oder auch der Nichtraucher. Im Prinzip lebt der Mensch doch nicht von seinem Einkommen, sondern konsumiert Nahrung, Wohnraum etc., die er größtenteils nicht selbst herstellt. Er kann sie sich z.B. von seinem Lohn kaufen, den er durch Zigarettenwerbung verdient. Aber leistet derjenige, der Zigarettenwerbung produziert, wirklich mehr für die Allgemeinheit als derjenige, der keinen Lohn erzielt? Zigarettenwerbung trägt jedenfalls nicht zum Angebot an Nahrung und Wohnraum bei.

In einem Punkt möchte ich allerdings Manuel Franzmann widersprechen: Die negative Einkommensteuer läuft für mich auf das Gleiche hinaus wie das Grundeinkommen, ist aber wohl organisatorisch einfacher, da sie keine eigene Behörde erfordert. Warum soll man das BGE explizit an alle auszahlen, anstatt es von der Einkommensteuer abzuziehen? Für jemanden, der wenig oder gar nichts verdient, ist die Differenz dann negativ; der entsprechende Betrag wird dann vom Finanzamt ausgezahlt, natürlich ohne Bedürftigkeitsprüfung.

Manuel Franzmann schrieb am 01.06.2008, 10:46 Uhr zu

Über Herbert Wilkens Erwiderung auf meinen Kommentar zum hiesigen Artikel sehe ich Grund mich zu ärgern. Ich habe mit Blick auf Althaus’ Modell explizit von „der zu niedrigen Höhe des Grundeinkommens“ gesprochen, die bei „einigen“ (nämlich denen, die absolut kein zusätzliches Erwerbseinkommen, auch keines aus Teilzeiterwerb, erhalten) eben nicht zum Leben ausreicht. In seiner Replik heißt es aber:

„Jedenfalls ist es nicht so, dass nur ‚einige Grundeinkommensbezieher’ ein niedriges Grundeinkommen beziehen würden, sondern – wie Ronald Blaschkes Tabelle ausweist – die Alleinlebenden und die Alleinerziehenden würden im Durchschnitt sogar mit weniger als dem heutigen Hartz-IV dastehen. Das ist weit weniger als die Armutsrisikogrenze. Wer das schönredet, lässt nicht ‚die Kirche im Dorf’, sondern nimmt eine zusätzliche Schlechterstellung von Hunderttausenden kritiklos hin.“

Wenn ich das Althaussche Grundeinkommen „zu niedrig“ nenne, dann ist das zwar wenig explizit und nicht mit der moralischen Bewertung versehen, die Wilkens offensichtlich gerne hörte. Aber es besagt nun einmal klipp und klar, daß Althaus Bürgergeld „zu niedrig“ ist.

Meine Bemerkung, „die Kirche im Dorf zu belassen“, bezieht sich außerdem explizit (wie der ganze Kommentar!) nur auf den letzten Satz des Artikels, der da lautet: „Zudem impliziert das Althaus-Modell einen Arbeitszwang, der mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren Ausbreitung prekärer Arbeitsverhältnisse führen würde.“ Diese Feststellung läßt nämlich einerseits offen, inwiefern ein Arbeitszwang im Althaus-Modell „impliziert“ wird. Mein Kommentar soll diesbezüglich der Ergänzung dienen, aber auch der Differenzierung, weil die pauschale Rede vom Arbeitszwang eben nicht in Rechnung stellt, daß der Arbeitszwang bei Althaus in jedem Falle geringer ist als heute bei Hartz IV. Das kann auch Herbert Wilkens nicht bestreiten, auch wenn er bezeichnenderweise zu diesem Punkt nicht Stellung nimmt, sondern statt dessen moralisierende Geschütze gegen meinen Kommentar auffährt, hinter denen mein eigentliches Argument ganz verschwindet.

Dieter Pütter schrieb am 01.06.2008, 10:12 Uhr zu

Bei Diskussionen über das Grundeinkommen wird

oft argumentiert, daß die Finanzierung nicht

auf Dauer gesichert sein kann.

Mein Vorschlag: Grund/Boden sind nicht vermehrbar, er gehört im Prinzip der Gemein-

schaft/allen Menschen. Warum ändert man nicht

das Grundgesetz dahingehend, daß bei Grund-

stücksverkäufen die Differenz zwischen An-

und Verkaufspreis abgeschöpft und der Grund-

einkommenskasse zugeführt wird ?

Gisela Brunken schrieb am 31.05.2008, 22:33 Uhr zu

In der Internetzeitung http://www.buergerstimmen.de/politik/ngo_390.htm ist ein Kommentar zu dem Gutachten mit dem Titel: \"Professoren befürworten Zwangsarbeit\" zu lesen.

Mark Pätzold schrieb am 31.05.2008, 11:49 Uhr zu

Dank für den informativen und sachlichen Beitrag an Manuel Franzmann.

Den sogenannten Analysen des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Finanzen klebt eine Perspektive wie Dreck am Stecken, die bisher jede Diskussion um eine soziale Reform begleitet hat: Sämtliche Argumente der \"Machbarkeit\" und \"Anwendbarkeit\" drehen sich nicht um das Ziel \"für den Menschen\", sondern beschäftigen sich mit der abstrakten Frage: \"Wie kann das System an sich bestmögich funktionieren.\" Da wird \"der Staat\" zur Person, die gibt und nimmt und verteilt - und wird behandelt, als wäre es eine natürliche Person, deren Bedürfnisse über denen der Bürger ständen.

Wir sollten Argumentationen, wie die des wiss. Beirates, per se dadurch lächerlich machen, indem wir darauf hinweisen, dass es nicht um die möglichst fehlerfreie und \"sichere\" Verwaltung von Menschen geht, sondern darum, dem Menschen bestmögliche Lebensbedingungen zu schaffen. DAS ist die Aufgabe einer modernen, staatlichen Struktur. Warum sollten sich, gemessen an den Kriterien der Vernunft, Menschen sonst organisieren, wenn nicht, um sich das Leben positiv zu gestalten - positiv im Sinn einer Erleichtung und echten Gleichberechtigung!?

Ich bin durchaus der Meinung, dass Entscheidunsgträger, die vom Prinzip eines generellen Mißtrauens den Bürgern gegenüber getrieben sind, durch Menschen ersetzt werden sollten, die ein positives Menschenbild haben.

... womit wir schon wieder beim großen Thema \"Möglichkeiten der Einflussnahme\" sind.

Grüße aus dem sonnigen Berlin

Mark Pätzold

Wolfgang Sandmann schrieb am 30.05.2008, 11:47 Uhr zu

Jeweils eine prägnante Kurzbeschreibung für STARTSEITE und die Rubriken NACHRICHTEN, AKZENTE, HINTERGRUND, INITIATIVEN.

Das zweite sind noch die Keywords. Da muss es doch noch viel mehr geben als Grundeinkommen, Bedingungsloses Grundeinkommen, BGE, Bürgergeld, Existenzgeld, Grundsicherung...

Herbert Wilkens schrieb am 30.05.2008, 07:42 Uhr zu

Die Plazierung von Hinweisen auf der alten Website habe ich versucht, aber noch nicht geschafft. Ich bleibe dran.

Das übrige klingt gut. Wer macht den Metatext?

Ein Versuch:

\"Website für das deutsche Netzwerk Grundeinkommen - nationaler Zweig des Basic Income Earth Network BIEN. Bedingungsloses Grundeinkommen, Existenzgeld, Bürgergeld, Grundsicherung - alles in einer Plattform.\"

Reinhard Börger schrieb am 29.05.2008, 14:21 Uhr zu

Eine kurze Nachbermerkung: Vielleicht ist an den Befürchtungen von Herbert Wilken doch etwas dran; vielleicht führt ein niedriges Grundeinkommen in einigen Bereichen doch zu fallenden Stundenlöhnen. Aber selbst dann dürften die Einkommen im unteren Bereich steigen, da die Empfänger das Grundeinkommen behalten dürfen. Am wichtigsten erscheint mir in der Tat die Befreiung vom Zwang zur Arbeit um jeden Preis. Auch wenn das Althaus-Konzept nicht optimal ist, erscheint es mir doch als Schritt in die richtige Richtung. Das größte mentale Problem dürfte die Überwindung der Vorstellung sein, der Mensch müsse sich seinen Lebensunterhalt durch Lohnarbeit verdienen, wenn er über kein Kapital verfügt.

Reinhard Börger schrieb am 29.05.2008, 08:57 Uhr zu

Hallo, hier ein paar Klarstellungen zum Beitrag von Herbert Wilkens: Natürlich ist ein Kombilohn etwas anderes als ein Grundeinkommen, aber bisher habe ich gehofft, der Kombilohn könnte einen Einstieg ins Grundeinkommen bieten. Vielleicht ist das falsch. Ob Geld direkt an die Arbeitnehmer fließt oder ob es erst an die Arbeitgeber gezahlt und von diesen an die Arbeitnehmer weitergegeben wird, erscheint mir weniger wichtig; auf jeden Fall muss vom Konsumenten weniger aufgebracht werden; das Produkt wird also billiger und dadurch konkurrenzfähiger. Der Kombilohn vebilligt gezielt Produkte, für die schlecht bezahlte Arbeit aufgewendet wird; das ist natürlich nicht wünschenswert. Diese Wettbewerbsverzerrung entfällt beim Grundeinkommen, das an alle gezahlt wird.

Die Höhe des Grundeinkommens erscheint mir auch nicht so wichtig. Natürlich sollte es bezahlbar sein, und jeder sollte davoon leben können. Aber ich wäre nicht dagegen, mit einem Grundeinkommen auf Hartz-IV-Niveau zu beginnen. Wenn dann alles so gut läuft, wie ich es mir erhoffe, kann man es ja erhöhen.

Die Befürchtung sinkender Löhne von Herbert Wilkens teile ich nicht. Wer durch das Grundeinkommen abgesichert ist, wird wohl kaum täglich acht Stunden am Tag schmutzige Arbeit verrichten wollen, um dadurch hundert Euro im Monat mehr zu haben. Daher bin ich sicher, dass das Grundeinkommen gerade im unteren Bereich zu steigenden Löhnen führen wird.

Dass das Grundeinkommen die Wirtschaft völlig verändert, sehe ich auch so. Im Grunde genommen wird sauber getrennt zwischen dem Grundrecht auf das Existenzminimum und dem Markt. Das Grundrecht wird durch das BGE erfüllt; alle Produktion spielt sich am Markt ab. Dieser wird freier, da niemand mehr zur Arbeit gezwungen wird. Auf jeden Fall werden die Kosten fürs Überleben nicht mehr den Betrieben und damit den Konsumenten aufgebürdet.